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Das Nachtlager wurde kurz vor Anbruch der Dunkelheit aufgeschlagen. Ich hatte gehofft, daß man mich an einen Baum binden würde, damit eine meiner Kriegerinnen mich ungesehen erreichen könne, aber Ceralt hielt mich an seiner Seite fest, bis man unser Zelt aufgestellt hatte. Während des Tages hatte er mich oft angesehen, aber ich hatte seinen Blick nicht erwidert, worüber er verärgert schien. Als er mich in das Zelt führte, sagte er: »Du kniest weder vor deinem Herrn nieder, Sklavin, noch legst du dein Gewand ab, wie dir befohlen wurde. Du bist noch immer keine gehorsame Sklavin!« »Ich bin überhaupt keine Sklavin«, entgegnete ich. »Der Jäger, der Jalav gefangenhält, sollte sie fürchten.« »Ich glaube, du mußt anders erzogen werden«, erwiderte er. Damit nahm er mir mein Halsband ab und löste dann die Fesseln von meinen Handgelenken. Als ich die Gelenke rieb, um wieder Leben hineinzubringen, band er sein Schwert ab, warf es zur Seite und sah mich an und kreuzte die Arme. »Nun, Sklavin«, sagte er, »lege dein Gewand ab und knie nieder.« »Ich gehorche dir«, antwortete ich und bewegte mich unmerklich in Richtung seines Schwertes. Als ich es fast erreicht hatte, griff Ceralt nach mir. Mit festem Griff hielt er mich knapp außerhalb seiner Reichweite. Vergeblich versuchte ich mich zu wehren, als er mich auszog. Dann tat er, was ich niemals für möglich gehalten hätte. Er warf mich auf die Knie und nahm mich auf erniedrigende Weise von hinten. Dann warf er mich auf den Rücken und nahm mich erneut. Ich war ungefesselt, konnte mich ihm aber trotzdem nicht widersetzen. Er lachte und sagte: »Deine Miene zeigt, daß du glaubst, du würdest gestraft, Jalav. Aber das ist nicht der Fall. Jetzt bekommst du deine Belohnung. Die Bestrafung folgt, wenn ich fertig bin mit dir.«

Ich mußte nicht lang über die Bedeutung seiner Worte nachdenken. Als er ziemlich erschöpft war, zog er mich an den Haaren dorthin, wo die Leinen lagen, mit denen ich gefesselt worden war, legte mich übers Knie und schlug mich mit der Leine. Dies war die größte Erniedrigung, die man mir zufügen konnte. Genommen zu werden in der Art, wie er es tat, und anschließend geschlagen, in Reichweite meiner Kriegerinnen, ohne daß sie oder ich es verhindern konnten – das war das Schlimmste, was er mir antun konnte.

Ceralt schlug heftig, dann befahl er mir: »Geh zu dem Pfosten, Sklavin, und knie nieder, wie dein Herr es dir befiehlt!« Benommen befolgte ich seinen Befehl. Er nickte befriedigt und warf sich in die Pelze auf dem Boden, während ich über Midas Weisheit nachdachte.

Natürlich sind Männer körperlich stärker als Frauen. Ohne mein Schwert war ich gegenüber einem Mann genauso hilflos wie jede Sklavin. Schon lange hatte ich mich gewundert, daß Mida ihren Kriegerinnen nichts als einen gelegentlichen Kontakt mit einem Sthuvad erlaubte, nun wußte ich den Grund. Wenn ihre Kriegerinnen Kriegerinnen bleiben sollten, dann durften sie Männer nur mit dem Schwert in der Hand gegenübertreten. Ceralt hatte mich beschämt und erniedrigt, und das mußte mit seinem Tod gebüßt werden. Kurze Zeit später betrat Telion das Zelt, sah mich an und sagte zu Ceralt: »Meine Glückwünsche. Unsere Sklavin scheint endlich die richtigen Manieren angenommen zu haben.« »Einer Frau muß man zeigen, wer der Herr ist«, entgegnete Ceralt höchst zufrieden. »Ich wette, daß sie nun in jeder Beziehung besser gehorcht und zu gebrauchen ist. Was ergaben deine Erkundigungen?«

»Eine Menge interessanter Dinge«, sagte Telion verschmitzt. »Die hübschen jungen Damen befinden sich auf dem Weg nach Ranistard, beschützt von ihren Vätern. Dort sollen sie standesgemäß verheiratet werden. Da dort nach der Pest nur wenige Frauen zurückgeblieben sind, wird sich jeder Mann die Finger nach ihnen lecken und sich die Sache etwas kosten lassen. Der, der die Eheschließung vermittelt, wird sowohl von den Vätern, als auch von den zukünftigen Ehemännern eine gute Vermittlungsgebühr erhalten.«

»Wir hätten uns auch mit Sklavinnen zu demselben Zweck eindecken sollen«, meinte Ceralt. »Kennst du den Mann, der die Eheschließungen vermittelt?«

»Nein«, erwiderte Telion nach kurzem Zögern. »Es ist kein Krieger, den ich kenne. Wir werden aber keine Mühe haben, den Damen vorgestellt zu werden. Ich habe überall den Hinweis fallenlassen, daß ich über Beziehungen zum Hohen Senat verfüge.« »Ich frage besser nicht, welche Beziehungen das sind«, sagte Ceralt lachend. »Das sollte dein Geheimnis bleiben. Aber ich würde mich über die Gesellschaft einer jungen Dame freuen, selbst hier in der Wildnis.«

»Eine Dame bleibt immer eine Dame, selbst in der Wildnis«, stimmte Telion zu. Ich hatte ihre Unterhaltung mitbekommen, verstand aber wenig davon, denn ich war damit beschäftigt, mich auf meinen Tod vorzubereiten.

Kurz darauf brachte eine Sklavin eine große Portion gebratenen Fleisches und die beiden begannen zu essen. Ich verharrte auf meinen Knien, mit gesenktem Haupt, und sprach in meinem Inneren mit Mida und allen Midanna, deren ich mich erinnerte. Daß das vergossene Blut ungerächt bleiben würde, lastete schwer auf meiner Seele, und ich würde nicht ins Königreich der Mida eingehen, um dort die zu treffen, die mich geboren hatte. Verzweifelt dachte ich über mein Versagen nach, dann nahm ich ein letztes Mal mein Amulett in die Hände und legte es ab. Ich war bereit.

Als Telion mit dem Essen fertig war, stand er auf und hockte sich vor mir nieder. »Ich möchte sehen, ob unsere Sklavin auch wirklich gehorsam ist«, sagte er mit leichtem Grinsen und hielt mir ein Stück Fleisch vor den Mund. »Hier, iß!« sagte er. Ich reagierte nicht.

»Mir scheinen deine Fähigkeiten zu fehlen, Ceralt«, sagte Telion.

»Das ist doch gar nicht so schwer«, lachte Ceralt und kam zu uns herüber. Er nahm das Fleisch, hielt es mir vor den Mund und sagte: »Dein Herr befiehlt dir, zu essen, Sklavin!« Niemals hätte ich das Fleisch von ihm, der mich so erniedrigt hatte, angenommen. Lieber hätte ich den Tod empfangen. »Doch nicht so leicht, wie du dachtest«, murmelte Telion und musterte mich aufmerksam. »Kommt sie dir verändert vor, Ceralt?«

»Unsinn«, sagte dieser leicht verwirrt. »Sie schmollt nur noch wegen ihrer Bestrafung. Hier, Sklavin, nimm das Fleisch! Ich erlaube dir diesmal, es selbst zu essen.« Oh, Mida, du machtest mich zur Anführerin deiner Kriegerinnen, und ich habe so versagt! Wie bitter muß deine Enttäuschung sein!

»Irgend etwas stimmt mit ihr nicht«, sagte Telion besorgt. »Sie scheint so entrückt. Und das Amulett. Wo ist ihr Amulett?«

»Hier«, antwortete Ceralt und hob es vom Boden auf. »Jalav«, sagte er besorgt, »rede mit mir! Was ist mit dir geschehen?« »Es scheint, als höre sie dich noch nicht einmal«, sagte Telion. »Wir sollten besser einmal die andere fragen, was sie bedrückt. «

Damit stand er auf und verließ hastig das Zelt. Bald darauf kam er mit Fayan und Nidisar zurück. Fayan sah sofort, daß ich mein letztes Lebewohl gesprochen hatte. Sie kniete drei Schritte vor mir nieder, um ihr Haupt im Gedenken zu senken. Nidisar fragte sie: »Fayan, was ist mit Jalav?« »Jalav erwartet ihren Tod«, antwortete Fayan mit trauriger Stimme. »Sie hat ihr Amulett abgelegt, so daß ihre Seele unbehütet sein wird, wenn sie sie verläßt, und nicht in Midas Königreich einkehrt.«

»Aber warum?« fragte Nidisar die beiden anderen. »Was hat man ihr getan?«

»Was kann man einem Kind antun, das fünfunddreißig Hiebe mit der schweren Peitsche hinnehmen mußte?« fragte Telion mit kalter Stimme und sah Ceralt böse an. »Es ist nicht meine Schuld«, erwiderte Ceralt unbehaglich. »Ich habe sie nur gebraucht und dafür bestraft, daß sie versucht hat, an mein Schwert zu kommen. Davor haben wir sie beide gebraucht, und ein bißchen Prügel kann ihr auch nicht geschadet haben, wenn sie Barioses Peitsche überstanden hat.«