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Mida hatte leicht gelacht und gesagt: »Es ist bereits alles geschehen. Die Männer handeln so, wie ich es ihnen befahl, obwohl sie es nicht wissen. Ceralt mißachtet mein Gesetz nicht, denn er gehört nicht zu den Midanna. Nur das Volk der Midanna muß diesem Gesetz gehorchen, aber er ist ein Mann. Glaubst du denn, daß ich dich unbewaffnet einem Mann gegenübertreten ließe und erwarte, daß du ihn besiegst? Nur wenn du mit dem Schwert in der Hand kämpfst, erwarte ich von dir, daß du siegst, sei dein Gegner ein Mann oder eine Kriegerin. Und das wird bald der Fall sein, darum sollst du dir wieder ein Herz fassen. Meine Kristalle müssen zurückerobert werden!« »Ich gehorche dir, Mida«, hatte ich demütig erwidert. Alles, was geschehen war, war also Midas Wille gewesen. Ich kannte den Grund dafür nicht, aber bestimmt würde er mir eines Tages klarwerden. Von einem Mann besiegt zu werden, war also nicht so schlimm, wie einer Kriegerin zu unterliegen. Das verstand ich zwar nicht, aber an Midas Wort gab es keine Zweifel.

Als ich meine Augen öffnete, war Mida verschwunden. Die Männer saßen bereits beim Essen und boten mir von ihrem Fleisch an. Ich würgte es hinunter, obwohl es mir nicht schmeckte. Wenn ich Mida weiterhin dienen sollte, mußte ich meine Kräfte zurückgewinnen.

Wieder liefen wir, bis das Licht am höchsten stand. Diesmal waren wir aber nicht angeleint, sondern trugen nur metallene Ketten an den Armen, weil, wie Ceralt sagte, uns die Stärke des Metalls von der Flucht abhalten sollte. Darauf hatte ich nichts entgegnet, aber es war Unsinn, denn bisher hatten wir ja auch keine Gelegenheit zur Flucht gehabt. Vermutlich wollte er, daß Fayan und ich dachten, daß er uns sehr fürchtete, doch das verstand ich nicht. Tatsächlich gibt es kaum etwas Gefährlicheres als eine bewaffnete Midanna, aber wir beide waren unbewaffnet. Wie sollten wir also den Männern gefährlich werden? Das ergab alles wenig Sinn, aber noch weniger Sinn ergab Fayans Benehmen. Noch vor kurzem hatte sie davon gesprochen, daß sie ihre befleckte Ehre mit ihrem Blut sühnen wollte, und nun blickte sie ihn an, als ob sie in Midas Königreich sähe. Die Blicke, die die beiden tauschten, schienen mir höchst verwunderlich. Einmal, als Fayans Blick zufällig mich traf, wurde sie rot und schaute rasch wieder weg.

Bei der Rast gesellte sich Telion zu uns. Er war auf dem Weg vorausgeritten. Hätte Mida mir nicht erklärt, daß die Männer in ihrem Sinn handelten, hätte ich leicht entfliehen können, da Ceralt nicht sehr scharf auf mich aufpaßte. Ich fand es aber nicht klug, mich in diesem Moment wieder zu meinen Kriegerinnen zu gesellen. Mida hatte mich zu einem bestimmten Zweck mit den Männern zusammengebracht, und diesen Zweck wollte ich unbedingt herausfinden. Telion lachte verhalten, als er absprang und sein Kan festband. »Die jungen Damen sind begierig darauf, Ranistard zu erreichen«, sagte er zu Ceralt. »Natürlich würden sie es nicht zugeben, aber sie wünschen unbedingt diejenigen zu sehen, die von ihren Vätern für sie ausgesucht werden. Ich hatte eine sehr angenehme Zeit.«

»Nun werde auch ich mir eine angenehme Zeit machen«, sagte Ceralt. »Ich glaube, es ist an der Zeit für mich, zu heiraten, und da sollte ein Mann sich ernsthaft umsehen.« »Manchmal meine ich, daß das Umsehen wichtiger ist als die endgültige Wahl«, entgegnete Telion lachend. »Wie hat sich unsere Gefangene benommen?«

»Sehr gut«, sagte Ceralt und gab auch mir ein Stück Fleisch. »Du siehst erholt aus, Jalav, und wirkst nicht mehr so bekümmert. «

»Das stimmt«, entgegnete ich und betrachtete das Fleisch mit Widerwillen. »Telion hat recht, Mida hat Verständnis für mich.«

»Ich dachte mir, daß sie das hat«, bemerkte Telion. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß er sich über mich lustig machte, aber das war egal. Hauptsache, er benahm sich nach Midas Willen. Nidisar und Fayan hatten sich etwas abseits hingesetzt, um ihr Fleisch zu essen.

Sie himmelten sich so sehr an, daß Fayan noch nicht einmal den Erkennungsruf der Hosta vernahm. Aber ich hatte ihn klar erkannt und wollte ihn irgendwie erwidern, ohne die Männer mißtrauisch zu machen. Also stand ich langsam auf, streckte mich und hielt meine gefesselten Hände hoch. Das ärgerliche Schimpfen eines Lellin bestätigte mir, daß man mich verstanden hatte.

Als ich meine Arme wieder herunternahm, sah ich, daß mich die beiden Männer anstarrten. Nach einer Weile räusperte sich Telion und sagte: »Gibt es nicht noch etwas, für das wir uns rächen müßten, Ceralt?«

»Nein«, entgegnete Ceralt bestimmt. »Wir haben unser Wort gegeben, und wir werden es nicht brechen.« »Manchmal bedauere ich es, daß ich ein Ehrenmann bin«, sagte Telion, als er seufzend aufstand. »Das Leben eines Schurken ist doch viel angenehmer.«

»Ah, das werde ich mir merken«, ertönte auf einmal eine weibliche Stimme, »daß ihr lieber ein Schurke wärt.« Wir wandten uns alle um und erblickten einige Frauen, die in einem der bedeckten Gefährte herangekommen waren. Sie trugen alle lange Kleider in unterschiedlichen Farben. Diejenige, die gesprochen hatte, war schwarzhaarig, so wie ich, trug aber ihre Haare eng um den Kopf und mit verschiedenen Metallstücken festgesteckt. Die Frauen waren nicht sehr groß. Sie lächelten Telion an, der ihr Lächeln erwiderte. »Halia!« sagte Telion erfreut. »Ich habe nicht gewußt, daß Ihr hier seid. Darf ich Euch mit meinem Freund Ceralt bekannt machen, von der Bruderschaft der Jäger in Bellinard?« »Ich bin sehr erfreut, meine Damen«, sagte Ceralt und verbeugte sich leicht. »Es wird mir eine Freude sein, in Eurer Gesellschaft zu reisen.«

Die Frauen sahen sich an und lachten mit einem hohen, schrillen Lachen, das ich noch nie zuvor gehört hatte. Die, die Telion Halia genannt hatte, sah Ceralt an und strich immer wieder über ihren Rock. »Ich habe schlimme Dinge über die Jäger gehört«, sagte sie mit seitwärts geneigtem Kopf. »Könnte es sein, Ceralt von Bellinard, daß sie wahr sind?« »Keinesfalls«, sagte Ceralt. »Jäger sind feine Kerle. Um das zu beweisen, möchte ich Euch mit meinem Freund Nidisar bekannt machen.« Er wandte sich um und rief: »Nidisar! Komm bitte schnell her, um mich bei der Verteidigung der Bruderschaft der Jäger zu unterstützen!«

Nidisar sah auf, kam mit Fayan an der Leine herüber und sagte lachend: »Soll ich meinen Speer mitbringen, Ceralt? Die Verteidigung der Jägerehre ist eine ernste Sache.« Wieder lachten die Frauen dieses merkwürdige Lachen, und Ceralt sagte: »Deinen Speer benötigen wir nicht, Bruder. Diesen Damen hier hat man verleumderische Lügen über uns Jäger erzählt. Sind wir nicht in Wirklichkeit ganz feine Burschen?« »Die allerfeinsten«, antwortete Nidisar mit einem Grinsen. »Eine junge Dame müßte sich glücklich schätzen, einen Jäger zum Mann zu bekommen.«

»Oder einen Krieger«, warf Telion ein, was bei den Frauen wieder großes Lachen verursachte.

»Ich fürchte eher, daß ihr alle ganz schlimme Burschen seid«, entgegnete Halia, »aber was kann eine junge Dame schon machen? Sie wird mit dem verheiratet, den ihr Vater für sie auswählt, und hat dabei nichts zu sagen.« Dann sah sie mich an und bemerkte: »Vielleicht wird sie sogar mit jemandem verheiratet, der seine Sklavinnen so abscheulich kleidet.« Die Männer sahen sich unbehaglich an, aber mich belustigte die Bemerkung. »Die Kriegerinnen der Hosta ziehen sich so an, wie es ihnen gefällt«, erklärte ich der kleinen Stadtfrau, »und die Kriegerinnen der Hosta lieben es, Midas Atem an ihrem Körper zu spüren. Dir könnte er auch nichts schaden.« »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden?« stieß die Frau ärgerlich hervor. »Niemals würde ich mich in der Gegenwart von Männern so entblößen, besonders, wenn ich so überentwickelt wäre wie du!«

Ich warf meinen Kopf in den Nacken und lachte. »Jetzt verstehe ich endlich, warum sich die Stadtfrauen so verhüllen«, sagte ich zu Fayan. »Mida hat ihnen nicht das geschenkt, was die Midanna besitzen, und diesen Makel müssen sie verbergen. Deshalb sind ihre Männer so unzufrieden!«

Fayan lachte gleichfalls herzlich, aber die Stadtweiber ballten vor Zorn ihre Fäuste. Nidisar bemühte sich, Fayans Lachen zu überspielen, während Telion die Weiber beschwichtigen wollte. Ceralt hingegen machte den Versuch, sein Gesicht hinter der vorgehaltenen Hand zu verbergen.