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Gimin und Binat waren am Tor von den Männern in Empfang genommen worden, denen sie davongelaufen waren. Sie hatten eine grimmige Miene aufgesetzt, die Krieger des Hohen Senats, und doch konnte man sie wahrlich kaum Krieger nennen, da sie meinen Kriegerinnen so wenig kriegerisch vorgekommen waren. Jetzt hatten sie die beiden zornig an den Haaren von ihren Kand gezogen und sie nach Hause geschleift, wobei sie etwas von Hieben gebrummt hatten, die weggelaufenen Frauen gebührten.

Im Palast trug Telion Larid zu Phanisar und bat uns, auf ihn zu warten. Bald gesellte er sich wieder mit Schmerz in den Zügen und Verzweiflung in den Augen zu uns. Mehr als zwei Stunden vergingen, ohne daß einer von uns ein Wort sprach. Oft wanderten meine Augen zu Ceralt, der grübelnd vor sich hin starrte, einen Becher Renth in der Faust. Immer wieder mußte ich mir in Erinnerung rufen, daß dieser dunkelhaarige, helläugige Jäger mich betrogen hatte, und immer wieder überfiel mich der Schmerz ob dieser Tatsache. Gerne hätte ich den großgewachsenen Mann zärtlich berührt, mich von ihm trösten und mir versichern lassen, daß er mehr um mich gab, als nur eine Gefährtin zur Stillung seiner Begierden zu sein. Aber es ging nicht, er hatte mich zu sehr hintergangen. Tränen flossen mir aus den Augen, ohne daß ich es wollte. Unwillig wandte ich mich ab, aber der Jäger hatte es schon bemerkt. Mit einem unterdrückten Schrei sprang er von seinem Sitz auf, als Phanisar in der Tür erschien und alle im Raum mitten in der Bewegung erstarrten.

Fayan war die erste, die die Sprache wiederfand. Zögernd fragte sie: »Ist sie... noch am Leben?«

»Aber natürlich«, erwiderte Phanisar freundlich, »ist sie noch am Leben. Sie war nur sehr erschöpft, das ist alles. Der Verlust ihres vorhergehenden Kindes hatte sie zu sehr geschwächt. Aber mit etwas Ruhe und Pflege wird sie bald wieder wohlauf sein.«

»Dank sei der Erhabenen Einzigkeit!« stieß Telion hervor, dann fragte er: »Aber was meint Ihr damit, wenn Ihr von dem vorhergehenden Kind sprecht?«

»Nun«, entgegnete Phanisar lächelnd, »sie trägt wieder ein Kind unter dem Herzen, und sie hat mir ausdrücklich versichert, daß es Euer Kind ist.«

»Mein Kind«, sagte Telin verwirrt, dann jubelte er: »Mein Kind! Es ist mein Kind!« Mit einem fast irren Lachen rannte er aus der Tür. Ich war etwas verwundert über sein Benehmen und die Behauptung, daß es sein Kind sei, denn jedermann mußte doch darüber Bescheid wissen, daß es nicht sein, sondern Larids Kind war. Männer können nun einmal keine Kinder bekommen.

Phanisar sah uns alle im Raum bedeutsam an und sagte: »Ich nehme an, ihr wollt dabei sein, wenn die kleinen Menschen wieder mit den großen Göttern reden. Das Gerät ist bereit. Ich will nur noch abwarten, bis man Larid fortgeschafft hat.« Fayan und ich blickten uns zweifelnd an, aber es konnte ja möglich sein, daß Mida mit der Einladung einverstanden war, also gaben wir zögernd unsere Zustimmung. Auch die Männer bekundeten ihr Interesse, und so gingen wir zur Tür, als Phanisar uns zurückrief. Er hielt die beiden Becher mit Renth in der Hand, aus denen wir vorher getrunken hatten, und sagte: »Auf guten Renth sollte man nicht verzichten. Trinkt ihn aus, falls es euch nicht zuviel ist.«

Wieder wechselten Fayan und ich Blicke, dann nahmen wir die Becher und tranken sie in einem Zug leer. Fayan zeigte keine Reaktion, aber mein Renth schien im Becher sauer geworden zu sein, so bitter schmeckte er. Ich verzog das Gesicht. Phanisar lachte und sagte: »Wie ich sehe, hat dir der Renth nicht geschmeckt. Ich werde dir so etwas nicht wieder zumuten. Gehen wir nun nach oben?«

Irgendwie kam mir Phanisar verdächtig vor, aber ich konnte meinen Verdacht nicht genau begründen. Ich dachte darüber nach, als wir uns in den Raum mit dem Gerät begaben, aber nichts geschah mit mir. Ceralt beobachtete mich sehr aufmerksam, machte aber keinen Versuch mehr, sich mir zu nähern. Einerseits hätte ich es gerne gehabt, andererseits machte es mich unsicher, aber viele Dinge machten mich neuerdings unsicher, und ich war keineswegs glücklich darüber. In dem Raum mit dem Gerät standen viele bewaffnete Männer, unter ihnen auch Galiose. Er näherte sich uns freundlich und sagte: »Ich war erfreut, zu hören, daß es der rothaarigen Kriegerin wieder besser geht. Auch Inala, meine Frau, wird sich darüber freuen, denn sie kann die Kriegerin sehr gut leiden.«

»Sprecht Ihr von der Sklavin Inala ?« fragte Ceralt verwundert. Galiose lachte und erwiderte: »Sie ist keine Sklavin mehr, denn sie hat mich ganz entschieden darauf hingewiesen, daß sie eher tot als Sklavin sein wolle. Was blieb mir anderes übrig, als sie freizugeben?«

»In ein paar Tagen«, fuhr Galiose fort, »werden wir noch mehr Anlaß zur Freude haben. Ein Bote brachte mir die Nachricht, daß diejenige, die die Silla holen sollten, bald hier sein werden. Meine Männer warten schon begierig auf sie, denn bei den Silla soll es sich um wirklich prächtige Weiber handeln.« Wieder sahen Fayan und ich uns an, diesmal sehr bekümmert. Wir hatten ganz vergessen, daß die Silla kommen sollten, und mußten unbedingt eine Möglichkeit finden, unsere Kriegerinnen vor ihrer Ankunft zu bewaffnen. Wir brannten darauf, ihnen mit dem Schwert in der Hand gegenüberzutreten, aber erst einmal mußten die Schwerter gefunden werden. Phanisar hatte inzwischen das Gerät näher untersucht. In der goldenen Luft schwebte nun auch der dritte Kristall. Mir war überhaupt nicht wohl bei seinem Anblick, und so näherte ich mich ihm nur zögernd, als Phanisar mich und Fayan heranwinkte.

Er zeigte auf ein Bild an der Seite des Gerätes und sagte: »Seht euch das an. Die Schrift hier nennt es eine ›Bedienungstesteinrichtung‹. Obwohl ich hinter den Sinn dieses Kauderwelsches noch nicht gekommen bin, habe ich herausgefunden, daß es dazu dient, festzustellen, ob diejenige, die das Gerät bedient, auch dafür geeignet ist. Vistren in seinem Irrwahn hatte nicht erkannt, daß nur eine Frau durch das Gerät sprechen kann, sonst hätte er bestimmt dafür gesorgt, daß nicht so viele Frauen sterben mußten. Ich habe bereits jede Frau in Ranistard ausprobiert, bis auf die zwei, die hier stehen, und ihre Begleiterinnen, und habe nur drei herausgefunden, deren man sich in größter Not bedienen kann. Bei einer Frau, die gut geeignet ist, leuchtet ein helles Licht auf, wenn sie es berührt, aber bisher habe ich nur Frauen mit einem schwachen Licht gefunden. Vielleicht gehört aber eine von euch zu den besser geeigneten. Das wollen wir gleich einmal herausfinden. Tretet einzeln näher und drückt diesen Knopf!«

Diesmal blickten Fayan und ich uns nicht an, denn keine von uns war begierig darauf, dieses Gerät zu berühren. Ich erinnerte mich noch genau daran, welche Qualen ich bei meinem ersten Versuch erlitten hatte, und ich würde nicht so dumm sein, das noch einmal zu versuchen. Selbst wenn ich dadurch die Kristalle in meinen Besitz bringen könnte, hätte ich gezögert, denn bei so vielen Männern wäre eine Flucht unmöglich gewesen.