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Maranu band langsam seinen Schurz wieder um und sah mich so schmerzerfüllt an, daß ich glaubte, ihn beleidigt zu haben und dicht davor stand, den Fehler wieder gutzumachen. »Jalav«, sagte er, kam und legte seine Hände auf meine Schultern, »du bist tatsächlich die Edelste unter den Hosta. Und doch bist du noch so jung.« Er seufzte tief. »Sollte dir deine Mida nicht beistehen, würde ich den Verlust besonders schmerzlich fühlen. Wärst du meine Tochter, würde ich dafür sorgen, daß du sicher an der Seite eines Mannes meiner Wahl leben würdest. «

Ich machte einen Schritt zurück. »Maranu sollte sich daran erinnern, daß ich Gast in seiner Hütte bin«, sagte ich erregt. »Nur ein Dummkopf fordert einen Gast zum Blutvergießen heraus!« Maranu schien einen Augenblick lang verwirrt, dann lachte er herzlich. »Ich bitte dich um Verzeihung, Anführerin der Hosta«, sagte er. »Ich hatte nicht die Absicht, dich zu beleidigen. Sicher gibt es keinen Mann, mit dem du dich auf Dauer paaren möchtest. Ich werde die Kand persönlich für dich auswählen und bitte dich, so lange mit meinem Heim vorliebzunehmen.« Er entfernte sich mit einer kleinen Verbeugung. Ich sah ihm nach, überzeugt, daß er sich irgendwie lustig über mich gemacht hatte. Seine Worte klangen entschuldigend, aber sein Benehmen war...

»Anführerin«, klang es vom Eingang zu dem anderen Raum. Yereh stand dort und lächelte äußerst liebenswürdig. »Anführerin, ich danke dir, daß du auf den Stolz meines Mannes Rücksicht genommen hast. Die Geste war unbedeutend und doch würdig einer großen Kriegerin. Möge Midas Segen mit dir sein.«

»Du sprichst wie eine Midanna«, sagte ich nachdenklich, »und doch kann es nicht sein.«

Sie errötete leicht und senkte den Blick. »Ich war eine Midanna«, flüsterte sie verlegen. Ihre Hand faßte dorthin, wo ihr Amulett sein würde. »Ich war eine Harra, wurde aber von den Hosta wegen eines Überfalls gefangen und diesem Dorf übergeben. Jetzt lebe ich hier schon viele Kalod, habe aber die Bräuche der Midanna nicht vergessen.« »Und warum bleibst du hier?« fragte ich, überrascht darüber, daß sie eine Kriegerin gewesen war, denn sie unterschied sich in keiner Weise mehr von den anderen Sklavinnen des Dorfes. Allerdings erinnerte ich mich jetzt daran, daß sie mich an meinem zweiten Silberring sofort als Anführerin erkannt hatte.

»Zunächst blieb ich hier, weil Maranu mir mein Amulett nicht zurückgab.« Sie lächelte, scheinbar belustigt über ein solch grausames Schicksal. »Zwar schlug er mich, wenn ich ihm nicht gehorchte, aber ohne Amulett konnte ich nicht zu den Harra zurückkehren. Lange wartete ich auf eine Gelegenheit, es wiederzuerlangen. Endlich gelang es mir. Aber dann entdeckte ich, daß Maranu auch mein Herz gefangenhielt, und ich konnte nicht mehr fliehen. Er schlug mich heftig, als er herausfand, daß ich ihm mein Amulett entwendet hatte, aber seit diesem Tag schlug er mich nie wieder. Ich werde bei ihm bleiben, bis zu dem Tag, an dem mich Mida ruft.« »Ich kann nicht verstehen, daß Mida das gestattet«, sagte ich, entsetzt darüber, daß eine Kriegerin nicht zu ihrem Stamm zurückkehrte, als sie die Gelegenheit dazu hatte. » Du wirst Mida beleidigt haben.«

Sie nickte. »Vielleicht. Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit. Vielleicht ist Mida besonders zufrieden mit mir. Ich werde sie fragen, wenn ich vor ihrem Thron stehe.« »Du hast deine Frage an die Richtige gestellt«, sagte ich, denn ich war froh, daß nicht ich die Entscheidung zu treffen hatte. Die Gerüche und die abgestandene Luft in der Hütte machten mir zu schaffen, deshalb ging ich hinaus zu meinen Kriegerinnen. Die Männer des Dorfes standen noch immer draußen herum und beglotzten meine Kriegerinnen, wobei sie nach Möglichkeit vermieden, ihnen in die Augen zu sehen. Meine Kriegerinnen warteten geduldig, wobei einige von ihnen die Männer musterten, andere ungeduldig den Tag älter werden sahen. Auch ich war ungeduldig, deshalb ritt ich mit den Kriegerinnen zu dem Pferch, in dem sich die Kand des Dorfes befanden. Maranu hatte inzwischen mit zwei anderen Männern fünf Tiere an einer langen Leine zusammengebunden. Sie scheuten leicht, als eine der Kriegerinnen auf ihrem Gando die Leine übernahm, ließen sich dann aber willig führen.

Wir warfen Maranu die Pelze vor die Füße. Seine Männer hoben sie schnell auf. Sie schimmerten golden im Licht der Mida. Die Bewohner der Dörfer sind sehr gierig auf solche Pelze und verstehen es nicht, warum die Hosta sich nichts aus ihnen machen. Aber es würde eine Beleidigung für den Lenga, den tapferen Kämpfer aus den Wäldern, sein, seinen Pelz zu tragen. Maranu untersuchte die Pelze und lächelte zufrieden. »Ein Pärchen«, sagte er. »Diese zwei sind so wertvoll wie drei. Selbst wenn du die Kand nicht zurückbringst, gilt der Handel.« Ich entgegnete: »Es freut mich, daß du mit dem Handel zufrieden bist. Mida schütze dich und deine Leute bis zu unserer Rückkehr.« Dann hob ich die Hand zum Abschiedsgruß und wir preschten davon. Die zwei Männer, die Maranu geholfen hatten, die Reittiere zusammenzutreiben, schienen meine Worte zu überraschen. Obwohl die Hosta oft zu einem Kampf ausritten, hatten sie Islat bisher noch nie ungeschützt gelassen. Sollte es jetzt notwendig werden, mußten sie sich selbst verteidigen. Dieser Gedanke schien den Männern nicht zu gefallen.

Gegen Mittag erreichten wir die Furt. Wir wollten in vier Gruppen übersetzen. Die erste Gruppe war die gefährdetste, denn wenn der Feind uns am anderen Ufer erwartete, konnte er sie mit seinen Pfeilen niederschießen, bevor sie Gelegenheit hatten, selbst zum Angriff überzugehen. Deswegen spannten wir unsere Bögen, als ich mit der ersten Gruppe auf das Wasser zuritt.

Das Wasser des Flusses war warm und trotzdem erfrischend. Wir überquerten auf unseren Gandod den Fluß, die Schilder schützend vorgehalten, die Speere griffbereit in Wasserhöhe, und aufmerksam das gegenüberliegende Ufer beobachtend. In der Mitte des Flusses erfrischten wir uns kurz. Sobald wir das jenseitige Ufer erreicht hatten, begann die zweite Gruppe mit der Überquerung. Wir gaben ihr Deckung. Die Kand folgten mit der dritten Gruppe. Nachdem auch die letzte Gruppe wohlbehalten angekommen war, ließen wir uns zum Essen nieder.

Nilnod schmecken sowohl roh wie gebraten. Auf dem Kriegspfad benutzen die Midanna weder ein Zelt noch ein Feuer, also aßen wir ihr Fleisch roh und fütterten auch die Gandod damit. Nur die Kand fraßen Gras, und das ängstlich und ohne großen Appetit. Kand sind furchtsame Tiere, und ich hatte die Befürchtung, daß sie uns eingehen würden, bevor wir Bellinard erreichten. Also befahl ich fünf meiner Kriegerinnen, mit ihnen vorauszureiten, um ihnen die Witterung der Gandod zu ersparen. Das Land, durch das wir ritten, war uns unbekannt. Die Tage waren so warm wie bei uns, aber die Nächte waren kälter. Wir durchquerten menschenleere Wälder, nur bevölkert von wilden Tieren. Wir lachten viel auf diesem Ritt, obwohl viele von uns vielleicht nicht zurückkehren würden. Aber wir fühlten uns frei und glücklich.

In der Nacht des elften Tages wollten wir uns gerade auf unseren Schlafledern ausstrecken, als die Kriegerinnen, die die Vorhut auf den Kand ablösen sollten, eilig zurückgeritten kamen. »Anführerin«, keuchte die erste, die uns erreichte, »unsere Kriegerinnen sind gefangengenommen worden – von Männern!«

»Wie viele?« fragte ich.

»Vier Handvoll konnte ich zählen. Sie ließen sich vor unseren Augen aus den Bäumen fallen. Es hatte keinen Zweck, mit ihnen zu kämpfen, nachdem sie die anderen Kriegerinnen bereits gefangengenommen hatten.«