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»Nein«, antwortete sie. »Allerdings wurden Signalzeichen gegeben. Wieso?«

»Dann muß noch an Bord sein, was ich suche«, sagte ich.

»Ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Zweifellos befindet es sich in dieser Kabine. Als Reginald aus Policrates’ Festung zurückkehrte, hast du ihn als kniende nackte Sklavin begrüßt, nicht wahr?«

»Ja«, sagte sie erschaudernd.

»Dabei muß er einen Gegenstand bei sich gehabt haben, so kostbar, daß er ihn gewiß fest in der Hand hielt.«

»Nein«, sagte sie.

»Dann muß es sich um Papiere gehandelt haben, die in seiner Tunika steckten. In seiner Kabine hast du ihn sicher entkleidet, ihn gebadet und bedient. Da mußt du gesehen haben, was er bei sich hatte.«

»Nein!«

»Du darfst nicht auf die Stelle schauen, an der er es versteckt hat«, sagte ich.

Ich bemerkte ihren hastigen Blick nach rechts, zur Seite der Kabine, und lächelte.

Sie merkte sofort, daß sie sich verraten hatte, und glitt in geduckter Stellung aus der Koje.

»Solltest du nicht in der Koje bleiben, bis Reginald zu dir käme?« fragte ich.

Angstvoll blickte sie mich an.

»Hast du nicht Angst, daß du wegen Ungehorsam getötet wirst?«

Sie blickte an mir vorbei quer durch die Kabine. Ich trat zur Seite und gab ihr den Weg frei.

»Ich habe nichts dagegen«, sagte ich, »denn ich habe dir nicht befohlen, in der Koje zu bleiben. Du gehörst jetzt mir.«

Ihr hübscher Körper erstarrte. Ich trat noch weiter zurück. Flink huschte sie an mir vorbei und kniete vor einer großen Seemannskiste nieder. Hastig öffnete sie den Deckel und wühlte mit beiden Händen darin herum.

Unterdessen steckte ich das Messer in den Gürtel und nahm einen Gegenstand von der Kabinenwand.

Im nächsten Moment war sie ruckartig aufgesprungen und hielt etwas über den Kopf, das auf den ersten Blick wie zwei flache rechteckige Bleiplatten aussah, die zusammengebunden worden waren. Sie lief zum Kabinenfenster, durch das ich gewaltsam eingedrungen war. Dort angekommen, nahm sie die Arme zurück, um die zusammengebundenen Bleiplatten in den Vosk zu werfen.

Die Peitsche knallte, vorzuckend, zuschnappend, sich um ihre Handgelenke wickelnd, sie festhaltend. Aufschreiend ließ sie die Bleiplatten fallen. Mit Hilfe der Peitschenschnüre, die um ihre Arme lagen, zerrte ich sie ruckhaft zur Seite und drückte sie am Fuß der Koje nieder. Sie hatte zu wimmern begonnen.

Die Tatsache, daß die Seemannstruhe nicht verschlossen war, und daß sie so prompt gehandelt hatte, verriet mir, daß sie in der Angelegenheit, die mich interessierte, beauftragt worden war. Dieser Auftrag konnte nur die sofortige Vernichtung der Dokumente betreffen, sollte es jemals zu einem Notfall kommen. Vom Schiff aus konnte man die Dokumente durch einen Wurf ins Wasser sofort loswerden. Die Bleigewichte würden den Fund in den Schlamm am Grund des Flusses sinken lassen, und nach kurzer Zeit würde die Tinte verlaufen und das Papier zwischen den Bleiplatten sich auflösen. Meine Mutmaßungen hatten sich auch in diesem Fall als richtig erwiesen. Das Mädchen war uns nützlich gewesen.

Wimmernd hockte sie auf allen vieren. »Wer bist du?« fragte sie.

»Jason aus Victoria, dein Herr.«

Zornig blickte sie mich an. »Ich bin die Frau des Kapitäns.«

»Du bist Sklavin, weiter nichts«, antwortete ich. »Du mußt jeden gleich behandeln, in dessen Gewalt du bist.«

»Nein!«

»Neigst du etwa zu Hochmut? Hol Öltuch, eine Laterne, Siegelwachs, eine Kerze und solche Sachen!«

Meinem zornigen Blick gehorchend, eilte sie los, um die Sachen zusammenzutragen, und ich hängte die Peitsche wieder an die Wand. Ich nahm die Bleiplatten und schnitt mit dem Messer die Verschnürung auf. Dann nahm ich den Umschlag heraus und öffnete ihn. Die Bögen, die darin gewesen waren, untersuchte ich gründlich. Dann lächelte ich. Sie enthielten das Erwartete.

Aus einem Regal nahm das Mädchen eine große Kerze, die in einer flachen Silberschale stand. Unter der Silberschale befand sich ein langer Stachel, der in einer Öffnung des Regals geruht hatte. Ein ähnliches Loch befand sich auch in der Tischplatte. Sie schob die Spitze in das Loch, und die Silberschale mit der Kerze stand sicher auf dem Tisch, der seinerseits am Boden befestigt war – wie überhaupt der größte Teil des Schiffsmobiliars, das sich ansonsten bei rauhem Seegang auf das unangenehmste bewegt hätte. Aus ähnlichen Gründen hängen Schiffslaternen meistens an Deckenhaken. So können sie zwar schwingen, verschütten aber kein feuergefährliches brennendes Öl. Die Sklavin entzündete die Kerze und legte gleich darauf Wachspapier auf den Tisch. Solches Papier ist an Bord nicht ungewöhnlich; man verwendet es, um Papiere zu schützen, die mit Beibooten von einem großen Schiff zum nächsten oder an Land befördert werden. Neben das Papier legte sie Öltuch und einen rechteckigen Streifen Siegelwachs. Zuletzt kniete sie unterwürfig neben dem Tisch nieder und wagte es nicht, meinem Blick zu begegnen.

Ich tat die Papiere zurück, die ich aus dem Umschlag genommen und untersucht hatte. Anschließend wickelte ich den Umschlag in mehrere Schichten Wachspapier ein. Über der Kerze schmolz ich Siegelwachs, das ich auf das Papier tröpfeln ließ, um damit eine wasserdichte Versiegelung zu erreichen.

Seitlich von mir kniete zitternd das Mädchen. Der Sklavenkragen war deutlich sichtbar an ihrem Hals, daran das kleine schwere Schloß, das ihr kein Entkommen bot.

»Wie heißt du?« fragte ich und arbeitete weiter.

»Luta.«

»Ach?«

»Wie immer mein Herr befiehlt«, sagte sie hastig. »Bitte peitsche mich nicht aus, Herr!«

»Ich werde dich künftig Shirley nennen.«

»Aber das ist ein Erdenname!« rief sie schluchzend.

Ich schob den Umschlag der in mehrere Lagen versiegeltes Wachspapier gewickelt war, in die größere Hülle aus Öltuch.

Erdenmädchen gelten auf Gor als die niedrigsten und liebeshungrigsten Sklavinnen. Dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Nicht zuletzt sind es die Männer der Erde, die ihre Frauen sexuell und gefühlsmäßig aushungern. Wird ein Mädchen aber nach Gor gebracht, stößt sie zum erstenmal auf Männer, für die Natur und Macht kein Fremdwort sind. Ein Ausdruck ihrer Kultur ist die weibliche Sklaverei, die eindeutig auf Vorgaben der Natur basiert und ihnen Ausdruck gibt. Die männliche Vorherrschaft und die Unterwerfung der Frau sind auf Gor zu einer komplexen, historisch untermauerten Institution erhoben, mit Hunderten von Aspekten und Facetten im legalen, sozialen und ästhetischen Bereich. Kein Wunder, daß der Frau in ihrer Sensibilität und Verwundbarkeit, in ihrer psychophysischen Komplexität durch die Sklaverei die höchste Erfüllung und vollkommene Ausschöpfung all ihrer Gefühle ermöglicht wird.

Plötzlich wurde laut an die Kabinentür geklopft.

Erschrocken hob das Mädchen den Kopf und blickte mich angstvoll an.

Mit einer knappen Geste bedeutete ich ihr, in die Koje des Kapitäns zurückzukehren. Hastig kroch sie hinein. Ich begleitete sie und baute mich neben ihr auf. Ihre Stimme mußte erkennbar aus der Richtung tönen, in der die Koje lag.

Wieder wurde an die Tür gehämmert. »Luta!« rief eine Stimme. »Luta!«

»Antworte auf diesen falschen Namen«, forderte ich sie leise auf.

»Ja, Herr!« rief sie.

»Bist du nackt, wartest du in der Koje auf deinen Herrn?«

»Ja, Herr«, sagte sie.

»Alles in Ordnung?«

Ich zog mein Messer und drückte die Spitze vorsichtig gegen die hübsch gerundete Hüfte des Mädchens. Zusammenzuckend blickte sie auf die Klinge.

»Ja, Herr.«

»Dann halte dich bereit für deinen Herrn!«

»Ja, Herr. Ist der Kampf bald vorbei?«

»Neugier geziemt einer Kajira nicht!« rief er lachend.

»Ja, Herr. Verzeih mir, Herr!«

Wieder lachte der Mann, gleich darauf entfernten sich Schritte auf dem kurzen Niedergang zum Hauptdeck.

»Wer war das?« fragte ich.

»Artemidorus, der Erste Offizier.«

Zu gern hätte ich gewußt, wie der Kampf stand. Ich steckte das Messer wieder weg, und die Sklavin atmete spürbar auf. Ich befahl ihr, sich in die Koje zu legen. Sie hatte eine hübsche Figur.