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»Strengt euch noch mehr an!« rief ich.

Ächzend stemmten wir uns gegen die gestrandete Tuka. Die dicken Taue knackten. Dicht neben mir brach ein Ruder unter dem Gewicht von vier Männern, die es als Hebel benutzten. Andere Männer schaufelten mit Speerspitzen den Sand unter dem Kiel fort.

»Ich fürchte, wir haben nicht mehr viel Zeit!« rief Callimachus von der Reling der Tina.

»Hoffnungslos!« sagte ein Mann hinter mir.

Der mächtige Rumpf der Tuka, so düster, so schwer, so widerspenstig, so offenbar an diesem Ort festliegend, bewegte sich plötzlich ein wenig, mühselig, mit einem durchdringenden scharrenden Knirschen, wobei der Kiel wie die Kufe eines riesigen Schlittens wirkte und im Sand eine tiefe Furche hinterließ. Das Schiff rutschte ganze sechs Zoll rückwärts.

»Strengt euch an!« flüsterte ich. »Schiebt!«

Nun glitt die Tuka einen Fuß weiter. Dann noch einen Fuß. Die Männer begannen zu jubeln. »Still!« rief ich.

Ich verließ meinen Platz und hastete, bis zu den Knöcheln in Sand und Wasser, den Kopf unter den Trossen hinwegduckend, die zur Tina und Tuka führten, an der Bordwand entlang, bis ich den Fluß erreichte. Dort ließ ich mich ins Wasser gleiten, schwamm um das Heck herum und schloß mich den Männern auf der anderen Seite der Sandbank an, wo vor drei Tagen die Ramme der Tais ein riesiges Loch in die Plankenwand gerissen hatte. Das ungleichmäßige Loch war gut einen Meter breit und hoch. Die Beschädigung lag ein Stück oberhalb der Wasserlinie, auch wenn das Schiff aufrecht fuhr. Beim Hin und Her des Kampfes jedoch hatte der Schiffsrumpf genügend Wasser aufgenommen, um ihm Schlagseite zu geben. Die Tuka war schließlich von ihren Männern und dem Kapitän als kampfunfähig aufgegeben worden, zweifellos mit der Absicht, später zurückzukehren und das Schiff zu reparieren. Ich schaute in das Leck in der Bordwand. Wieder glitt die Tuka einen Meter weiter. Bald würde sie von der Sandbank herunter sein. Ich machte mir Gedanken, was man an Zeit und Material benötigte, um das Schiff wieder seetüchtig zu machen. Solche Reparaturen mußten natürlich auf dem Fluß und während der Flucht gemacht werden. Da die Tuka für meine Pläne wichtig war, wollte ich sie nicht lassen, wie sie war. Wie gesagt, sie war als Schiff Ragnar Voskjards bestens bekannt.

»Ein Schiff nähert sich!« ertönte eine laute Männerstimme.

»Nein!« rief ich ärgerlich. »Nein!«

»Es ist ein Wrack«, sagte ein anderer Mann. »Kein Licht an Bord. Die Ruder hängen nur im Wasser!«

Es handelte sich also um ein unbemanntes Schiff, das von der Strömung vom Kriegsschauplatz fortgetrieben wurde. Selbst wenn es sich um eine Finte handelte, hatten wir es hier nur mit einem Angreifer zu tun. Wir hatten zwar nur zwei Schiffe und die Tuka zur Verfügung, doch mit den Soldaten aus Ar verfügten wir über genügend Leute, um mindestens fünf Schiffe zu bemannen.

Die Tuka gab dem Zug der Trossen um einen weiteren Meter nach. Mich mit beiden Händen abstützend, schob ich mich durch das Leck ins Innere der Tuka. Dort zog ich sofort mein Schwert. Nach der Eroberung waren kurz die Kämpfer der Tais an Bord gewesen. Damals war schon keine Mannschaft mehr an Bord. Ich bezweifelte nicht, daß das Schiff leer war. Aber ich wußte es nicht genau. Mein Schwert war blank gezogen. Die Tuka ist eine große Galeere, und ich vermochte im ersten Laderaum aufrecht zu stehen. Ich spürte, wie sich der Schiffskörper, von Seilen und Männern gedrängt, erneut unter mir zum Fluß hin bewegte. Es war dunkel im Laderaum. Etwa sechs Zoll hoch umspülte mir das Wasser die Füße und lief durch das Leck ab. Ich spürte das nasse Holz unter den nackten Füßen. Unter dem ersten Laderaum liegt der Kielraum, kaum mehr als ein feuchter Kriechgang, der das Bilgewasser und den auf goreanischen Schiffen normalerweise als Ballast dienenden Sand enthielt. Ich entfernte mich von dem Leck. Ich war unruhig.

Ich lauschte. Es war dunkel im Laderaum. Zu hören war nichts. Ich mußte mich getäuscht haben.

Ich stand absolut still. Unruhe erfüllte mich.

Plötzlich stürzte sich aus der Dunkelheit eine Gestalt auf mich. Ich trat zur Seite. Stahl zuckte herab. Ich hörte die Klinge links vor mir ins Holz krachen, während ich noch herumfuhr und meinerseits nach dem Angreifer hieb. Dann kniete ich neben dem Mann nieder, dem ich eine tödliche Nacken wunde beigebracht hatte.

Ich stand auf. Stumm verharrte ich in der Schwärze, das Schwert kampfbereit erhoben.

Im nächsten Moment spürte ich weiche Lippen an meinen Füßen. »Bitte töte mich nicht, Herr!« flehte eine Frau.

Ich senkte das Schwert, bis die Spitze auf ihren Rücken gerichtet war.

Mit den Händen umfaßte ich ihre schlanken Handgelenke und zog sie in eine kniende Position hoch. So ertastete ich, daß sie nackt war und einen Sklavenkragen trug.

»Wer hat mich da eben angegriffen?« fragte ich.

»Alfred«, antwortete sie, »ein Gefolgsmann Alcibrons, des Kapitäns der Tuka

»Was hatte er hier zu suchen?«

»Er wurde zurückgelassen, um alle Nichtpiraten zu töten, die hier im Schiff Unterschlupf suchen wollten«, sagte sie. »Er tötete fünf«, fügte sie hinzu.

»Und was machtest du hier?«

»Ich wurde bei ihm gelassen, um ihn zu erfreuen«, antwortete sie, »damit er an seinen Pflichten mehr Spaß hatte.«

»Bist du schön?« fragte ich.

»Es gibt Männer, die mich nicht unangenehm gefunden haben«, sagte sie.

»Wer ist dein Herr?« wollte ich wissen.

»Alcibron, der Kapitän der Tuka, war mein Herr«, sagte sie. »Aber jetzt bist du mein Herr.«

»Deine Stimme klingt vertraut. Kenne ich dich?«

»Ich komme ursprünglich aus Port Cos«, sagte sie, »und war frei geboren. Aber schon früh erkannte ich in meinem Herzen, daß ich Sklavin bin. Ich floh aus Port Cos, um einer unerwünschten Gefährtenschaft zu entgehen. Der Mann, der mich begehrte, respektierte mich zu sehr, und obwohl ich ihn auch sehr liebte, wußte ich, daß er meine Sklavinnenbedürfnisse nicht würde erfüllen können. Er wollte mich als seine Gefährtin, während ich nur seine Sklavin zu sein wünschte. Er wollte mich in Schleier und Seidenstoffe hüllen und mir dienen. Ich wollte mehr.

Ich gestand ihm mein Verlangen, und er war schockiert, was mich meinerseits beschämte und bestürzte. In großem Zorn gingen wir auseinander.

Ich faßte daraufhin den Entschluß, ohne Männer auszukommen. Sie sollten leiden, weil sie mich als Frau ablehnten. Wenn sie mich nicht verstehen wollten oder konnten, wollte ich mich rächen und ihnen das Leben schwermachen.

Wie gesagt, ich verließ Port Cos und dachte damals, es ginge mir darum, mein Glück zu machen. Doch die Wahrheit, das verstehe ich jetzt, wünschte ich mir die Versklavung. Und dazu sollte es schnell kommen. Im Anfang versuchte ich meinem Vorsatz treu zu bleiben und die Rebellin zu spielen; mir wurde aber schnell klargemacht, daß das unpraktisch war, daß ich als Sklavin zu gehorchen hatte. Die Goreaner lassen ihren Frauen in dieser Beziehung wenig Spielraum. Es gefiel mir zutiefst, daß ich gar keine andere Wahl hatte, daß meine Sklaverei, wie Brandzeichen und Kragen, mir aufgezwungen wurde. Ich mußte sein, was ich im tiefsten Herzen war. So habe ich nun schon viele Herren gehabt, gute und schlechte. Die längste Zeit bei einem Herrn verbrachte ich in Vonda, im Haus des Sklavenhändlers Andronicus.«