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»Nielas …«, begann Aegwynn erneut.

»Gefolgt von in Butter geschwenktem Schinken mit Sirup«, fuhr der Magier fort.

»Nielas …«, wiederholte Aegwynn.

»Dann vielleicht einige Vrocka-Eier, die wir mit einem einfachen Zauber, den ich auf den Inseln erlernte, am Tisch in ihren Schalen braten können?«, fragte der Magier.

»Ich werde gehen«, sagte Aegwynn ruhig.

Ein Schatten glitt über das Gesicht des Magiers. »Gehen? So bald? Noch vor dem Frühstück? Ich dachte, wir könnten uns noch ein wenig unterhalten.«

»Ich werde gehen«, sagte Aegwynn. »Ich habe meine eigenen Aufgaben und keine Zeit für die Annehmlichkeiten des Morgens danach

Der Hofzauberer wirkte verwirrt. »Ich dachte, dass du nach der letzten Nacht vielleicht eine Weile in Stormwind bleiben würdest.« Er blinzelte. »Möchtest du das nicht?«

»Nein«, sagte Aegwynn. »Nach der letzten Nacht gibt es für mich keinen Grund mehr zu bleiben. Ich habe erreicht, was ich wollte. Ich muss hier nicht länger sein.«

In der Gegenwart verzog Khadgar das Gesicht, als die Puzzlestücke anfingen, Sinn zu ergeben. Deshalb klang die Stimme des Magiers so vertraut.

»Aber ich dachte …«, stammelte Nielas, doch die Wächterin schüttelte den Kopf.

»Du, Nielas Aran, bist ein Narr«, sagte Aegwynn ruhig.

»Du bist einer der mächtigsten Zauberer im Orden von Tirisfal und doch bist und bleibst du ein Narr. Das sagt einiges über den Rest des Ordens aus.«

Nielas Aran holte tief Luft. Er wollte vermutlich wütend erscheinen, doch er wirkte nur eingeschnappt. »Einen Moment mal …«

»Hast du etwa wirklich geglaubt, dass dein bloßer Charme mich in dein Schlafzimmer gelockt hat – oder dein Witz und deine Gesprächskunst mich von unseren Diskussionen über Beschwörungsriten abgelenkt haben? Sicherlich verstehst du, dass ich mich von deiner Position als Hofzauberer nicht so einschüchtern lasse, wie das vielleicht eine Dorfkuhhirtin täte. Und natürlich verstehst du auch, dass zu einer Verführung zwei gehören. Ein so großer Narr kannst selbst du nicht sein, Niels Aran.«

»Natürlich nicht«, sagte der Hofzauberer, den die Worte schmerzen mussten, was er jedoch verbarg. »Ich dachte nur, dass wir wie zivilisierte Menschen gemeinsam frühstücken könnten.«

Aegwynn lächelte, und Khadgar erkannte, dass es ein grausames Lächeln war. »Ich bin so alt wie ganze Dynastien – und meine mädchenhaften Wünsche habe ich bereits im ersten Jahrhundert meines Lebens hinter mir gelassen. Ich habe genau gewusst, was ich tat, als ich gestern Nacht dein Schlafgemach betrat.«

»Ich dachte …«, begann Nielas. »Ich dachte nur …« Er suchte nach den richtigen Worten.

»Dass du als einziger des Ordens den Charme hättest, um die große wilde Wächterin zu zähmen?«, fragte Aegwynn mit breiter werdendem Lächeln. »Dass sie sich deinem Willen durch ein wenig Hofieren, Witz und ein paar Taschenspielertricks unterordnen würde, obwohl alle anderen versagt haben? Dass du die Macht der Tirisfalen vor deinen eigenen Karren spannen könntest? Das ist doch nicht dein Ernst, Nielas Aran. Du hast schon so viel von deinem Potenzial verschwendet, sag mir jetzt nicht, dass das Leben am königlichen Hof dich völlig korrumpiert hat. Lass mir ein wenig Respekt vor dir.«

»Aber wenn du nicht beeindruckt warst«, sagte Nielas, während er versuchte den Worten Sinn zu entlocken, »wenn du mich nicht wolltest, warum hast du dann …?«

Aegwynn gab ihm die Antwort. »Ich kam nach Stormwind, um das Einzige zu finden, für das ich nicht selbst sorgen kann: einen geeigneten Vater für meinen Erben. Ja, Nielas Aran, du kannst den anderen Magiern des Ordens mitteilen, dass du mit der großen und mächtigen Wächterin geschlafen hast. Aber du wirst ihnen leider auch sagen müssen, dass du mir die Möglichkeit verschafft hast, meine Macht weiterzugeben, ohne dass der Orden Kontrolle darüber haben wird.«

»Das habe ich getan?« Das Ergebnis seines Tuns wurde ihm nun langsam klar. »Ja, das habe ich dann wohl. Doch es würde dem Orden nicht gefallen …«

»… manipuliert zu werden? Zum Narren gehalten zu werden?«, fragte Aegwynn. »Nein, das wird ihnen nicht gefallen. Aber sie werden nichts gegen dich unternehmen, weil sie fürchten müssen, dass ich vielleicht doch ein romantisches Interesse an dir habe. Und das zum Trost: Von all den Magiern, Zauberern, Schamanen warst du der mit dem größten Potenzial. Dein Samen wird mein Kind schützen und stärken und es zum Gefäß für meine Macht machen. Und nach seiner Geburt wirst du es hier sogar erziehen, weil ich weiß, dass es meinem Pfad folgen wird. Der Orden wird sich die Gelegenheit, es vielleicht doch beeinflussen zu können, nicht entgehen lassen.«

Nielas Aran schüttelte den Kopf. »Aber ich …« Er brach ab. »Aber du hast …« Er zögerte erneut. Als er schließlich sprach, leuchtete ein Feuer in seinen Augen, und da war Stahl in seiner Stimme. »Leb wohl, Magna Aegwynn.«

»Auf Wiedersehen, Nielas Aran«, sagte Aegwynn. »Es war … angenehm.«

Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ das Zimmer.

Nielas Aran, Hauptbeschwörer des Throns von Azeroth, Konspirator im Orden von Tirisfal und Vater des zukünftigen Wächters Medivh, setzte sich an den perfekt gedeckten Tisch. Er nahm eine goldene Gabel und drehte sie langsam zwischen den Fingern. Dann seufzte er und ließ sie zu Boden fallen.

Die Vision verging, bevor die Gabel auf dem Marmorboden ankam, aber Khadgar hörte ein anderes Geräusch, das eines Stiefels, der über kalten Stein glitt. Das Knistern einer Robe. Er war nicht allein.

Khadgar fuhr herum, erhaschte aber nur noch den Schimmer eines schwarzen Umhangs.

Der Abgesandte spionierte ihn aus?

Es war schon schlimm genug, dass Medivh ihn jedes Mal wegschickte, wenn er mit dem Fremden sprach – jetzt schien dieser bereits die Herrschaft über die Burg übernommen zu haben …

Khadgar sprang auf und lief auf den Eingang zu. Als er die Tür erreichte, war der Abgesandte bereits verschwunden, aber er hörte, wie Stoff über Steintreppen glitt. Er bewegte sich nach unten zu den Gastquartieren.

Khadgar stieg ebenfalls die Stufen hinab. Sie waren so gefährlich, dass der Fremde sich am äußeren Rand bewegen würde, dort wo die Auftrittfläche am breitesten war. Der junge Magier war die Stufen jedoch schon so oft auf und ab gelaufen, dass er sich innen halten konnte und so mehrere Stufen zugleich nahm.

Auf halbem Weg zu den Gastquartieren entdeckte Khadgar den Schatten des Fremden an der Außenwand. Als er das Stockwerk der Gästeunterkünfte erreichte, sah er den Umhang der Gestalt, die durch einen Torbogen auf die Tür zu den Quartieren zulief. Wenn der Abgesandte die Quartiere erreichte, hatte Khadgar seine Chance vertan. Er überwand die letzten vier Stufen mit einem einzigen Sprung, hastete weiter und packte die verhüllte Gestalt am Arm.

Seine Hand schloss sich um Stoff und harte Muskeln. Er drehte die Gestalt zur Wand. »Den Magus dürfte Eure Spionage interessieren …«, begann er, aber die Worte erstarben in seiner Kehle, als die Gestalt ihre Deckung aufgab.

Die Abgesandte trug eine Reisejacke aus Leder mit hohen Stiefeln, eine schwarze Hose und eine ebenso schwarze Seidenbluse. Ihre Muskeln waren fest, und Khadgar zweifelte nicht daran, dass sie den ganzen Weg geritten war. Doch ihre Haut war grün, und als die Kapuze nach hinten fiel, erschien darunter ein Ork-Gesicht mit gewaltigen Kiefern und langen Fängen. Grüne Ohren ragten aus schwarzem Haar hervor.

»Ork!«, schrie Khadgar und reagierte instinktiv. Er hob die Hand, sprach ein Wort der Macht und sammelte die Kraft, um einen Blitz aus reiner Energie durch sein Gegenüber hindurch zu treiben.

Er hatte keine Chance. Kaum hatte er den Mund geöffnet, als die Ork-Frau auch schon mit einem Tritt reagierte, ihr Bein auf Brusthöhe brachte. Ihr Knie schlug Khadgars ausgestreckte Hand zur Seite. Ihr Stiefel traf seine Wange. Er taumelte.

Khadgar stolperte rückwärts und schmeckte Blut – anscheinend hatte er sich selbst in die Wange gebissen. Er hob erneut die Hand, um einen Blitz zu schleudern, aber die Ork war immer noch zu schnell, schneller als die Krieger in Rüstungen, gegen die er in der Vergangenheit gekämpft hatte. Sie überwand die Entfernung zu ihm mit einem einzigen Schritt. Ihr Faustschlag trieb ihm die Luft aus den Lungen und machte jede Konzentration zunichte.