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»Meister, das ist …«

»Ein Sakrileg? Blasphemie? Verrat?« Der Magus seufzte und strich sich über den Nasenrücken. »Vielleicht. Aber ich bin ein Mann, der vor seiner Zeit gealtert ist, und ich habe einen hohen Preis für meine ungewollte Macht bezahlt. Erlaube mir, mich gegen die Regeln aufzulehnen, die mein Leben beherrschen. Geh jetzt. Am Morgen werde ich mir deine anderen Klagelieder anhören.«

Als Khadgar die Tür schloss, hörte er Medivh sagen: »Ich habe es satt, mich um alles zu kümmern. Wann habe ich endlich einmal Zeit für mich selbst?«

»Die Orks haben Stormwind angegriffen«, sagte Khadgar. Drei Wochen waren vergangen. Er legte die Nachricht auf den Tisch zwischen sich und Garona.

Die Halb-Ork starrte auf den Umschlag mit dem roten Siegel, als wäre es eine giftige Schlange. »Es tut mir Leid«, sagte sie schließlich. »Sie machen prinzipiell keine Gefangenen.«

»Die Ork-Streitkräfte konnten dieses Mal zurückgeschlagen werden«, sagte Khadgar. »Llanes Truppen haben sie zurückgeworfen, bevor sie die Tore erreichen konnten. Den Beschreibungen nach waren es Kilroggs Bleeding Hollow und der Twilight’s-Hammer-Clan. Es schien so gut wie keine Koordination zwischen den Hauptstreitkräften zu geben.«

Garona gab wieder ihr Bulldoggen-Niesen von sich und sagte: »Twilight’s Hammer sollte man nie bei einem Belagerungsangriff einsetzen. Kilrogg wollte einen Rivalen dezimieren und hat Stormwind als seinen Amboss benutzt.«

»Also kämpfen und streiten sie selbst während eines Angriffs noch miteinander«, sagte Khadgar. Er fragte sich, ob die Berichte, die er Lothar geschickt hatte, eine Rolle beim erfolgreichen Abwehren des Angriffs gespielt haben mochten.

Garona hob die Schultern. »So wie die Menschen.« Sie zeigte auf die Bücher, die sich auf dem Tisch stapelten. »In deinen Geschichten werden die brutalsten Taten gerechtfertigt. Massaker, Überfälle und Morde werden angeblich wegen Ehre, Adel oder Abstammung geduldet. Die Horde ist wenigstens ehrlich in ihrer Gier nach Macht.« Sie dachte einen Moment lang nach. »Ich glaube, ich hätte ihnen nicht helfen können.«

»Den Orks oder Stormwind?«, fragte Khadgar.

»Beiden«, sagte Garona. »Ich habe nichts von einem Angriff auf Stormwind gewusst, falls du das andeuten willst. Allerdings hätte sich jeder mit ein klein wenig Verstand denken können, dass die Orks so bald wie möglich das größte sich bietende Ziel angreifen würden. Das weißt du aus unseren Unterhaltungen. Du weißt auch, dass sie sich zurückziehen, neu gruppieren, ein paar Anführer töten und mit Verstärkung zurückkehren werden.«

»Das denke ich mir«, sagte Khadgar.

Garona fügte hinzu: »Und du hast dem Champion von Stormwind bereits einen Brief mit entsprechendem Inhalt geschickt.«

Khadgar versuchte sein Gesicht ausdruckslos zu halten, aber die Ork-Abgesandte lächelte trocken. »Ja, das hast du.«

Khadgar wurde rot, beharrte aber auf seinem Argument. »Die Frage, die ich habe, ist eine andere. Warum hast du deinen Herren keinen Bericht geschickt?«

Die grüne Frau lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Wer sagt, dass ich es nicht getan habe?«

»Ich sage das«, sagte Khadgar. »Es sei denn du bist ein besserer Magier als ich.«

Ein leichtes Zucken in Garonas Mundwinkel verriet sie. »Du hast dich überhaupt noch nicht gemeldet, oder?«, fragte Khadgar.

Garona schwieg für einen Moment, und Stille senkte sich über die Bibliothek. Schließlich sagte sie: »Wir können uns darauf einigen, dass ich ein Problem mit einer nicht eindeutig geklärten Loyalität habe.«

»Ich dachte, du gehörst zu niemandem«, sagte Khadgar.

Garona ignorierte ihn. »Ich wurde hierher geschickt … hierher befohlen von einem Kriegsmagier namens Gul’dan. Zauberer. Herr der Stormreaver. Sehr einflussreich in der Horde. Sehr interessiert an den Magiern deiner Welt.«

»Und die Orks greifen die größten Ziele am liebsten zuerst an. Medivh«, sagte Khadgar.

»Gul’dan sagt, Medivh sei etwas Besonderes. Welche geheime Erleuchtung oder Meditation ihm diese Erkenntnis vermittelt hat, weiß ich nicht.« Garona wich Khadgars Blick aus. »Ich habe Medivh mehrmals draußen getroffen, bevor ich zustimmte, als Abgesandte in den Turm zu kommen. Ich sollte einige Informationen sammeln, zurückkehren und Gul’dan alles verraten, was ich über Medivhs Stärken erfahren hätte. Du hattest also von Anfang an Recht – ich kam als Spionin.«

Khadgar setzte sich. »Du bist nicht die Erste«, sagte er. »Warum hast du dich nicht gemeldet?«

Garona schwieg einen Moment. »Medivh …«, begann sie und brach ab. »Medivh …« Eine weitere Pause. »Er hat alles sofort durchschaut und mir trotzdem gesagt, was ich wissen wollte. Das Meiste zumindest.«

»Ich weiß«, sagte Khadgar. »So habe ich ihn auch erlebt.«

Garona nickte. »Zuerst dachte ich, er sei einfach nur arrogant und von seiner Macht überzeugt, so wie einige Ork-Häuptlinge, die ich kenne. Aber da war noch etwas anderes. Er gab mir dieses Wissen, als habe er gewusst, dass es mich verändern – und dass ich sein Vertrauen nicht missbrauchen würde.«

»Vertrauen«, sagte Khadgar. »Das ist für Medivh sehr wichtig. Er scheint es auszustrahlen, und wenn man neben ihm steht, glaubt man, dass er weiß, was er tut.«

»Genau«, sagte Garona. »Und Orks werden von Macht angezogen. Ich dachte, ich könnte Gul’dan vorgaukeln, man habe mich gefangen genommen, und ich hätte keine Möglichkeit gehabt, eine Nachricht zu verschicken. Ich erfuhr also mehr, und schließlich …«

»… wolltest du nicht, dass ihm etwas passiert«, beendete Khadgar den Satz für sie.

»Wie Moroes sagen würde: jau«, erklärte Garona. »Er schenkt mir viel Vertrauen und dir ebenfalls. Nachdem ich Zeuge deiner Vision wurde, erzählte ich ihm davon. Ich dachte, das hätte vielleicht den Dämon angelockt. Er sagte, er wisse davon und sei nicht verärgert. Du wärest von Natur aus neugierig, und das wäre dein Vorteil. Er steht zu seinen Leuten.«

»Und so jemanden konntest du nicht verletzen«, sagte Khadgar.

»Jau. Durch ihn fühlte ich mich menschlich. Und ich habe mich schon sehr lange nicht mehr menschlich gefühlt. Der alte Mann, Magus Medivh, scheint einen Traum zu haben, in dem es um mehr geht als um eine Macht, die eine andere in den Dimensionen bekämpft. Mit seiner Macht könnte er uns alle vernichten, doch das tut er nicht. Er muss an etwas Besseres glauben, und ich möchte ebenfalls an diesen Traum glauben.«

Beide schwiegen eine Weile. Irgendwo im Turm schlurften Moroes oder Köchin durch die Gänge.

»Und seit kurzem …« Garona stockte. »Hat er sich je zuvor so benommen?«

Sie klang wie Lothar, fragte, ohne zu viel von ihrer Sorge zu verraten. Khadgar schüttelte den Kopf. »Er war schon immer exzentrisch. Aber ich habe ihn noch nie so deprimiert erlebt.«

»Er brütet vor sich hin«, fügte Garona hinzu. »Bis jetzt dachte ich, er stünde auf der Seite des Königreichs von Azeroth. Aber wenn Stormwind selbst angegriffen wird und er nicht eingreift …«

»Das könnte an seiner Ausbildung liegen«, sagte Khadgar. Er wählte seine Worte vorsichtig. Trotz Garonas momentaner Einstellung wollte er die Existenz des Ordens nicht enthüllen. »Er muss die Dinge sehr weitblickend betrachten. Das trennt ihn manchmal von den anderen.«

»Deshalb nimmt er wohl auch Streuner auf«, sagte Garona. Sie schwieg erneut und fügte dann hinzu: »Es tut mir nicht Leid, dass Stormwind die Angreifer zurückgeworfen hat. So etwas zerstört man nicht von außen. Man muss innen etwas zerstören, um die Mauern zu schwächen.«