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Wir nahmen die Flasche mit in den Hospitalgarten hinaus und setzten uns neben den Brunnen, um sie dort auszutrinken. Die Sonne schien, und es war warm. Im Garten blühten Fingerkraut, Enzian und meine Mohnblumen, und die Moskitos waren nicht allzu lästig. Ich erzählte den beiden über den Verlauf der Gerichtsverhandlung und sie lachten. »Xanthos ist vor drei Tagen zurückgekommen«, erzählte Arbeto. »Er sagte, du habest den Statthalter verzaubert. Er kam ins Hospital und versuchte, etwas von unseren Heilkräutern zu stehlen. Ich habe ihm gesagt, er solle sich fortscheren oder ich würde es Valerius sagen. Er fluchte schrecklich.«

»Er wurde wegen unbegründeter Anschuldigungen verurteilt«, erzählte ich meinen Kollegen. »Wahrscheinlich braucht er unbedingt Geld. Ich habe Sebastianus gebeten, ihm seinen Posten zurückzugeben.«

»Was?« fragte Edico und starrte mich an.

Ich erklärte es ihm. Aber den beiden schien nicht wohl in ihrer Haut zu sein. »Er ist ein gefährlicher Mann, ehrenwerter Chariton«, meinte Edico. »Mir wäre es lieber, wenn er weit fort wäre. Er ist dein Feind.«

»Ich will keine Feinde haben«, erwiderte ich. »Ich bin bereit, seine Anschuldigungen zu vergessen, wenn er das Vorgefallene ebenfalls vergißt – und er ist bestimmt dazu bereit, wenn er seinen Posten wiedererhält.«

Sie machten immer noch einen etwas unglücklichen Eindruck, erhoben jedoch keinen Widerspruch mehr. Ich trank meinen Wein aus, dann stand ich auf und sagte, ich müsse mein Pferd nach Hause bringen und es versorgen.

Zu Hause waren Sueridus und Raedagunda genauso froh, mich wiederzusehen, wie Arbetio und Edico. Jemand hatte ihnen bereits erzählt, daß ich zurück sei, und sie erwarteten mich auf der Türschwelle. Sueridus nahm das Pferd mit in den Stall und begann es abzureiben.

»Ich habe schon das Wasser vorbereitet, falls du baden möchtest, mein Gebieter«, sagte Raedagunda und lächelte etwas verlegen. »Und ich habe ein paar süße Weinkuchen gebacken und einen Krug Chianwein gekauft, weil wir den Schergen des Gerichts entkommen sind.«

»Gott segne dich«, sagte ich. Ich hatte gar nicht gewußt, wie viele Leute darauf achteten, was ich gerne hatte, so daß sie Chianwein kauften und Bäder für mich zubereiteten. Ich hatte die ganze Zeit über in Tomis kein richtiges Bad genossen – nirgends hatte ich für mich allein sein können. Ich fühlte mich sehr schmutzig vom vielen Reiten. Ich war dankbar und fühlte mich wohl. Endlich war ich wieder ich selbst. In Tomis hatte ich einen Drahtseilakt zwischen Charis und Chariton aufgeführt; jetzt befand ich mich wieder auf festem Grund. Ich lächelte Raedagunda zu und ging ins Haus.

Raedagunda folgte mir, ihr Lächeln schwand. »Dieser niederträchtige Xanthos kam heute morgen her«, erzählte sie.

»Was wollte er denn?«

»Er wollte wissen, wann du zurückkommst.«

Vielleicht hatte er es sich überlegt und wollte mich darum bitten, daß ich bei Sebastianus ein gutes Wort für ihn einlegte. Zuvor mußte er allerdings seinen Stolz hinuntergeschluckt haben. Wenn es so war, dann konnte ich ihm ja einfach den Brief aushändigen und Frieden mit ihm schließen. Die Vorstellung gefiel mir, und ich lächelte.

»Schön, sag mir Bescheid, falls er wiederkommt. Ich will gerne mit ihm sprechen.« Ich legte den Brief auf den Küchentisch und ging in das Badehaus. Es bestand nur aus einem ziemlich kleinen Raum, aber dort war ich wenigstens ungestört. Raedagunda hatte bereits das Badewasser in ein Becken hinter dem Küchenofen gefüllt, wo es warm werden konnte. Das Becken war gegen die Wand zwischen Badehaus und Küche gesetzt, so daß man das heiße Wasser aus ihm in das Badehaus lassen konnte. Raedagunda füllte immer eine Amphore mit kaltem Wasser aus dem Brunnen und stellte sie ins Bad, so daß ich mir das Wasser selbst mischen konnte. Der Raum hatte zwei Türen: die Eingangstür von der Küche aus und eine Hintertür, die Raedagunda meistens dafür benutzte, das schmutzige Wasser in den Garten zu leeren; ich verschloß alle beide. Dann gab es noch einen Hocker, ein Regal für das Badeöl und die Bürste sowie ein paar leere Amphoren, die in der Ecke standen. Ich war ein bißchen verwundert, daß heute mein Handtuch über diese Amphoren gebreitet war: Raedagunda hängte es sonst an die gegenüberliegende Wand, damit es dort warm werden konnte. Aber es war ein heißer Tag. Ich ließ also ein wenig heißes Wasser in die Badewanne. Auf der anderen Seite der Wand hörte ich Raedagunda, wie sie die Küche verließ, um Wasser aus dem Brunnen zu holen. Ich schnürte meine Reitstiefel auf, streifte sie ab, warf meinen Umhang über die zweite Amphore, löste meinen Gürtel, zog die nach Pferd riechenden Hosen aus und griff dann unter die Tunika, um das Korsett zu lösen. Ich überprüfte das Badewasser und fügte noch etwas kaltes hinzu. Dann zog ich die Tunika über den Kopf.

Ich war gerade dabei, in die Badewanne zu steigen, als ich hinter mir ein Geräusch hörte, einen Ausruf des Erstaunens. Ich wirbelte herum und sah Xanthos hinter der Amphore stehen. Er hatte das Handtuch, das ihn verborgen hatte, in seiner einen Hand. In der anderen Hand hielt er ein langes Messer.

O Gott, dachte ich. Einen Augenblick lang war ich vor Schreck völlig gelähmt. Dann machte ich einen Schritt zurück bis an den Rand der Badewanne, ergriff meine Tunika und hielt sie schützend vor mich. Ich fühlte mich sehr elend.

»Dafür ist es zu spät«, flüsterte Xanthos. Er grinste. Es war ein gemeines, unangenehmes Grinsen. »Ich habe bereits genug mitbekommen. Ich habe noch nie von einem Eunuchen gehört, bei dem sie nicht nur alles weggeschnitten, sondern ein Loch hinterlassen haben. Es ist sehr viel interessanter, dich anzusehen, als ich gedacht hätte – Chariton.«

»Wie bist du hier reingekommen?« flüsterte ich. Ich mußte flüstern, denn ich hatte Angst davor, die Sklaven zu alarmieren.

»Durch die Hintertür. Deine Sklavin ließ sie offen, als sie dir das Bad bereitete. Ich wollte warten, bis du im Wasser bist und dich dann töten. Ich glaube nicht, daß ich das jetzt tun werde. Es wäre schade darum.«

»Raus mit dir«, sagte ich ein wenig lauter. Sueridus war im Stall, Raedagunda war zum Brunnen gegangen: Sie würden nur eine Stimme hören. »Ich habe Sebastianus bereits darum gebeten, dir deinen Posten wiederzugeben, und er hat eingewilligt. Ich bezahle dir, was du willst, wenn du diese Sache geheimhältst. Du weißt, daß ich von den Goten Geld bekommen habe. Du kannst alles haben, wenn du nichts verrätst.«

»O ja, du wirst bezahlen«, sagte Xanthos und grinste immer noch. »Wer bist du wirklich? Eine der Geliebten des Heerführers?«

»Nein. Er weiß nichts davon. Niemand weiß es. Niemand soll es wissen.«

»Es würde das Ende deiner Laufbahn als Festungsarzt sein, oder? Man würde dich mit Schande bedeckt zu deiner Familie zurückschicken – oder zu deinem Gebieter. Bist du eine entlaufene Sklavin? Aber das spielt keine Rolle. Nimm diese Tunika da weg. Ich will dich ansehen.« Er stieß eine der Amphoren mit seinem Knie zur Seite und kam hinter ihr hervor. Dann stand er vor mir und starrte mich an. Ich stand da und preßte die Tunika an meine Brüste, unfähig, mich zu rühren. Er stieß die Tunika mit der Spitze des Messers zur Seite und besah sich meine Schenkel, dann ging er langsam höher mit seinem Messer, hob dabei auch die Tunika immer höher, bis die Messerspitze an meiner Kehle zur Ruhe kam. Ich fing an zu zittern. Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg. »Du bist sogar sehr hübsch«, sagte er. »Ein bißchen mager, aber die Figur ist in Ordnung. Ich hätte merken müssen, daß du zu hübsch für einen Eunuchen bist. Schöne große Augen.« Er schnaubte verächtlich. »Du wirst mir alles zahlen, was du von den Goten bekommst.« Bei diesen Worten wurde seine Stimme hart. »Du wirst mir meinen Posten zurückgeben. Und du wirst mit mir schlafen.«