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Thrall. Thrall. Thrall …

Thrall lag stöhnend auf dem Stroh, das ihm als Lager diente. Er hatte noch nie solche Schmerzen erlebt oder solche Erschöpfung. Er wünschte sich, ohnmächtig zu werden. Das hätte vieles erleichtert.

Trotzdem ließ er nicht zu, dass die Schwärze ihn übermannte. Die Heiler würden bald eintreffen. Blackmoore schickte sie stets, wenn Thrall in einem Kampf verletzt worden war. Blackmoore kam auch immer persönlich vorbei, und Thrall freute sich auf die tröstenden Worte seines Herrn. Es stimmte, dass er zum ersten Mal einen Kampf verloren hatte, aber sicherlich würde Blackmoore ihn loben, weil er davor ganze neun Kämpfe in Folge durchgestanden hatte. Das hatte noch niemand, das wusste Thrall. Er wusste auch, dass er den Oger hätte besiegen können, wenn er ihm im ersten, dritten oder sogar sechsten Kampf begegnet wäre. Aber niemand konnte erwarten, dass er nach einer rekordverdächtigen Siegfolge auch jetzt gewann.

Er schloss die Augen, als Schmerz durch seinen Körper schoss. Das heiße Brennen in seiner Brust war beinahe unerträglich. Wo blieben die Heiler? Sie sollten längst eingetroffen sein. Er wusste, dass er dieses Mal schwer verletzt worden war. Er schätzte, dass er sich einige Rippen und ein Bein gebrochen hatte. Hinzu kamen die Schwertwunden und natürlich das schreckliche Loch in seiner Schulter, wo der Speer ihn aufgespießt hatte. Sie mussten bald kommen, wenn Thrall am nächsten Tag wieder die Arena betreten sollte.

Thrall hörte, wie eine Tür geöffnet wurde, konnte jedoch den Kopf nicht heben, um zu sehen, wer die Zelle betrat.

»Die Heiler werden kommen«, sagte Blackmoore. Thrall spannte sich an. Die Stimme, die er hörte, lallte und war voller Verachtung. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Bitte nicht dieses Mal … nicht ausgerechnet jetzt …

»Aber sie werden nicht bald kommen. Ich will dich leiden sehen, du feiger Hurensohn!«

Thrall stöhnte vor Qual, als ihn Blackmoores Stiefel in den Magen traf. Der Schmerz war fürchterlich, aber bei weitem nicht so schlimm wie das Entsetzen über den Verrat, das ihn durchpulste. Wieso schlug Blackmoore ihn, wo er doch schwer verletzt war? War ihm denn nicht klar, wie meisterhaft Thrall gekämpft hatte?

Obwohl der Schmerz ihn beinahe das Bewusstsein kostete, hob Thrall den Kopf und sah Blackmoore verschwommenen Blickes an. Das Gesicht des Mannes war vor Wut verzerrt, und als er Thralls Starren bemerkte, schlug er ihm mit eisenbewehrter Faust ins Gesicht. Alles wurde schwarz, und als Thrall wieder hören konnte, schrie Blackmoore ihn immer noch an.

»… Tausende verloren, hörst du das? Tausende! Was ist nur los mit dir? Es war ein erbärmlicher, würdeloser Kampf!«

Er schlug immer noch auf Thrall ein, und dieser sackte langsam weg. Sein Körper schien kaum noch zu ihm zu gehören, und Blackmoores Tritte fühlten sich nur noch wie Schläge gegen einen Teppich an. Thrall fühlte klebriges Blut auf seinem Gesicht.

Blackmoore hatte ihn gesehen, hatte gewusst, wie erschöpft Thrall gewesen war, hatte zugesehen, während er immer und immer wieder angriff und acht von neun Malen gewann. Niemand hatte erwarten können, dass er diesen letzten Kampf ebenfalls siegreich beendete. Thrall hatte mit allem gekämpft, was er aufzubieten vermochte, und er hatte fair und ehrenhaft verloren.

Und trotzdem war das nicht genug für Blackmoore.

Schließlich hörten die Tritte auf. Thrall hörte, wie Blackmoore die Zelle verließ und einen einzigen Satz hervorstieß: »Jetzt sind die anderen dran.«

Die Tür wurde nicht geschlossen. Thrall hörte weitere Schritte. Er versuchte seinen Kopf zu heben, aber es gelang ihm nicht. Mehrere Stiefelpaare erschienen vor ihm, und Thrall begriff, was Blackmoore angeordnet hatte. Ein Stiefel holte aus und trat Thrall ins Gesicht.

Seine Welt wurde weiß, dann schwarz, und er spürte nichts mehr.

Als Thrall erwachte, spürte er Wärme und die furchtbaren Schmerzen, die ihn schon eine Ewigkeit zu begleiten schienen. Drei Heiler behandelten ihn und benutzten ihre Salben, um seine Wunden zu versorgen. Das Atmen fiel ihm leichter, und er vermutete, dass seine Rippen bereits wieder zusammengewachsen waren. Die Heiler massierten die süßlich riechende Schmiere gerade in seine Schulter, wo sich offenbar die schwerste Verletzung befand.

Obwohl ihre Berührungen sanft waren und ihre Mittel wirkten, spürte er bei den Männern kein Mitgefühl. Sie unterstützten seine Gesundung, weil Blackmoore sie dafür bezahlte, nicht weil sie sein Leiden mindern wollten. Einst war er naiver gewesen und hatte ihnen für ihre Mühen gedankt. Einer von ihnen hatte ihn überrascht angesehen, und ein verächtliches Lächeln war auf seinen Lippen erschienen. »Mach dir nichts vor, Monster. Wenn die Münzen nicht mehr klimpern, gibt es auch keine Salbe mehr. Du solltest besser nicht verlieren.«

Damals hatten ihn die unfreundlichen Worte schockiert, nun störten sie ihn längst nicht mehr. Thrall hatte begriffen. Er verstand viele Dinge. Es war, als sei sein Blick voller Nebel gewesen und erst jetzt klar geworden. Er lag ruhig da, bis sie fertig waren, aufstanden und gingen.

Thrall setzte sich auf und war überrascht, als er Sergeant vor sich stehen sah. Er hatte seine haarigen Arme über der breiten Brust verschränkt. Thrall sprach nicht, fragte sich nur, welche neuen Leiden ihm jetzt bevorstanden.

»Ich habe dich von ihnen befreit«, sagte Sergeant ruhig. »Aber nicht bevor sie ihren Spaß hatten. Blackmoore wollte mit mir über … Geschäfte reden. Das tut mir Leid, Junge, wirklich Leid. Du warst heute unglaublich im Ring. Blackmoore sollte stolz auf dich sein. Stattdessen …« Seine raue Stimme brach ab. »Na ja, ich wollte, dass du weißt, dass du nicht verdient hast, was er dir angetan hat. Was sie dir angetan haben. Du warst gut, Junge, wirklich gut. Und jetzt schlaf etwas.«

Er schien noch mehr sagen zu wollen, nickte dann jedoch nur und ging. Thrall lehnte sich zurück und bemerkte gedankenverloren, dass jemand das Stroh gewechselt hatte. Es war nicht mehr voll mit seinem Blut.

Er war dankbar für das, was Sergeant getan hatte und glaubte dem Mann. Doch es war zu wenig und kam zu spät.

Er würde sich nicht mehr so behandeln lassen. Früher hätte er den Kopf eingezogen und geschworen, künftig alles besser zu machen, damit er die Liebe und den Respekt erhielt, den er verzweifelt suchte. Jetzt wusste er, dass er beides hier nicht finden würde, nicht so lange er Blackmoore gehörte.

Er wollte nicht schlafen. Er wollte diese Zeit zum Planen nutzen. Er griff nach der Tafel und dem Griffel, die er im Sack aufbewahrte, und schrieb eine Notiz an die einzige Person, der er vertrauen konnte. Tari.

In den nächsten dunklen Monden werde ich entkommen.

6

Durch das Gitter über seinem Kopf konnte Thrall das Mondlicht sehen. Er achtete sorgsam darauf, weder den Rekruten, die ihn getreten hatten, noch Sergeant und vor allem nicht Blackmoore – der ihn behandelte, als sei nichts geschehen – irgendeinen Hinweis über seine tiefe Erkenntnis zu geben. Er war so unterwürfig wie immer und bemerkte zum ersten Mal, dass er sich für dieses Benehmen hasste. Er hielt den Blick gesenkt, obwohl er wusste, dass er jedem Menschen mindestens ebenbürtig war. Er trug gehorsam seine Ketten, obwohl er die vier Wärter in blutige Fetzen hätte reißen können, wenn sie versucht hätten, ihn gegen seinen Willen zu überwältigen. Er änderte sein Verhalten in keiner Weise, weder in der Zelle noch draußen, weder im Ring noch auf dem Trainingsplatz.

In den ersten beiden Tagen bemerkte Thrall, dass Sergeant ihn scharf beobachtete, als versuchte er die Veränderungen zu erkennen, die Thrall so angestrengt verbarg. Er sprach jedoch nicht mit Thrall, und Thrall achtete weiter darauf, keinen Verdacht zu erregen. Sie sollten glauben, dass sie ihn gebrochen hatten. Er bedauerte nur, dass er Blackmoores Gesichtsausdruck nicht sehen würde, wenn er entdeckte, dass sein »Haus-Ork« ausgeflogen war.