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»Komm und setz dich zu mir, Thrall, Sohn des Durotan«, sagte er. »Wir werden zu Ende essen. Du erzählst mir deine Geschichte, und ich erzähle dir Geschichten von deinem Vater, die du noch niemals gehört hast.«

Freude überflutete Thrall. Instinktiv griff er nach der Hand, die auf seiner Schulter lag. Doomhammer war plötzlich ernst, blickte Thrall in die Augen und nickte.

Jetzt, da alle wussten, wer der geheimnisvolle Fremde war – Drek’Thar gab zu, dass er es die ganze Zeit gewusst und tatsächlich sogar Wiseear ausgesandt hatte, um Doomhammer für genau diese Konfrontation zu suchen –, konnten die Eiswölfe ihren hochverehrten Gast mit dem Respekt behandeln, der ihm gebührte. Sie holten mehrere Hasen, die sie eigentlich für später hatten trocknen wollen, bestrichen sie mit wertvollen Ölen und Kräutern und begannen, sie über dem Feuer zu rösten. Weitere Kräuter wurden den Flammen hinzugegeben, und ihr würziges Aroma erhob sich mit dem Rauch. Es war beinahe berauschend. Trommeln und Flöten wurden hervorgeholt, und bald verbanden sich Musik und Gesang mit dem anregenden Rauch. Sie sandten eine Botschaft der Verehrung und der Freude an die Geisterwelt.

Thrall war zunächst gehemmt, aber Doomhammer entlockte ihm seine Geschichte, indem er gezielt Fragen stellte. Als Thrall fertig war, sprach er nicht sofort.

»Dieser Blackmoore«, sagte er dann, »er klingt wie Gul’dan. Einer, dem nicht das Wohl seines Volkes am Herzen liegt, sondern nur sein eigener Profit, sein persönliches Vergnügen.«

Thrall nickte. »Ich war nicht der Einzige, der seine Grausamkeit und Unberechenbarkeit zu spüren bekam. Ich bin mir sicher, er hasst uns Orks, aber er besitzt auch nur wenig Liebe für sein eigenes Volk.«

»Und diese Taretha und jener Sergeant … Ich hätte nicht gedacht, dass Menschen zu Freundlichkeit und Ehre fähig sind.«

»Ich hätte niemals Ehre und das Gewähren von Gnade gelernt, wenn nicht Sergeant gewesen wäre«, sagte Thrall. Ein Kichern schüttelte ihn. »Noch hätte ich den ersten Trick gekannt, den ich gegen Euch eingesetzt habe. Er hat mir in vielen Kämpfen den Sieg gebracht.«

Doomhammer lachte leise mit ihm, dann wurde er wieder ernst. »Es ist meine Erfahrung, dass die Männer unser Volk hassen und die Frauen und Kinder uns fürchten. Doch dieses Mädchen hat sich aus eigenem freien Willen mit dir angefreundet.«

»Sie hat ein großes Herz«, sagte Thrall. »Ich kann ihr kein größeres Kompliment machen als zu erklären, dass ich stolz wäre, sie in meinen Clan aufzunehmen. Sie hat den Geist eines Orks, gemildert durch Mitgefühl.«

Doomhammer schwieg wieder für eine Weile. Schließlich sagte er: »All diese Jahre bin ich allein gewandert, seit unserer letzten, schmachvollen Niederlage. Ich weiß, was sie über mich erzählen. Ich sei ein Eremit, ein Feigling, hätte Angst, mein Gesicht zu zeigen. Weißt du, warum ich bis heute Nacht die Gesellschaft anderer gemieden habe, Thrall?«

Thrall schüttelte den Kopf.

»Weil ich allein sein musste, um zu verstehen, was geschehen ist. Um nachzudenken. Um mich daran zu erinnern, wer ich bin, wer wir als Volk sind. Von Zeit zu Zeit tat ich, was ich heute tat. Ich näherte mich den Lagerfeuern, nahm ihre Gastfreundschaft an, lauschte ihren Erzählungen. Und lernte.« Er machte eine Pause. »Ich kenne die Gefängnisse der Menschen, genau wie du. Ich wurde gefangen genommen, und König Terenas von Lordaeron hielt mich eine Zeit lang als Kuriosität fest. Ich entkam aus seinem Palast, wie du aus Durnholde entkommen bist. Ich war sogar in einem Lager. Ich weiß wie es ist, so gebrochen zu sein, so verzweifelt. Beinahe wäre ich einer von ihnen geworden.«

Während er sprach, hatte er ins Feuer gestarrt. Jetzt wandte er seinen Blick Thrall zu. Obwohl seine grauen Augen klar waren und in ihnen nicht die böse Flamme brannte, die Hellscreams Augen versengte, schienen durch ein Spiel des Feuers seine Augen nun ebenso rot zu leuchten wie jene von Grom.

»Aber ich wurde es nicht. Ich entkam, genau wie du. Ich fand es einfach, genau wie du. Und doch bleibt es schwer für jene, die im Schlamm der Lager kauern. Wir können von außen so wenig für sie tun. Wenn ein Schwein seinen Stall liebt, dann bedeutet ihm die offene Tür nichts. So ist es mit den Orks in den Lagern. Sie müssen durch die Tür gehen wollen, wenn wir sie ihnen öffnen.«

Thrall begann zu verstehen, was Doomhammer sagen wollte. »Wenn wir die Mauern niederreißen, bedeutet das noch lange nicht, dass unser Volk frei ist«, sagte er.

Doomhammer nickte. »Wir müssen sie zum Weg des Schamanen zurückführen. Wir müssen ihren vergifteten Geist von den Lügen reinigen, die die Dämonen ihnen eingeflüstert haben, und ihnen ihren wahren Geist als Krieger zurückgeben. Du hast die Bewunderung des Warsong-Clans und seines tapferen Führers gewonnen, Thrall. Jetzt hast du die Eiswölfe, den unabhängigsten und stolzesten Clan, den ich jemals gekannt habe, und er ist bereit, dir in die Schlacht zu folgen. Wenn es irgendeinen Ork gibt, der unsere gebrochenen Brüder lehren kann, sich zu erinnern, wer sie sind, so bist du es.«

Thrall dachte an das Lager, an die trostlose, tödliche Trägheit. Er dachte auch daran, wie knapp er Blackmoores Schergen entkommen war.

»Obwohl ich diesen Ort hasse, werde ich gerne dorthin zurückkehren, wenn ich hoffen kann, mein Volk wieder zu erwecken«, erklärte er. »Aber Ihr müsst wissen, dass Blackmoore alles versuchen wird, um mich einzufangen. Zweimal bin ich ihm nur knapp entkommen. Ich hatte gehofft, einen Angriff gegen ihn anzuführen, aber …«

»… aber ohne Truppen würdest du scheitern«, sagte Doomhammer. »Ich weiß, wovon du sprichst, Thrall. Obwohl ich einsam wanderte, habe ich verfolgt, was im Land geschieht. Mach dir keine Sorgen. Wir werden Blackmoore und seine Männer auf eine falsche Fährte locken.«

»Die Kommandanten der Lager wissen, dass sie nach mir Ausschau halten sollen«, sagte Thrall.

»Sie erwarten einen großen, starken, stolzen, intelligenten Thrall«, entgegnete Doomhammer. »Einen weiteren besiegten, dreckigen, gebrochenen Ork werden sie nicht beachten. Kannst du diesen sturen Stolz verstecken, mein Freund? Kannst du ihn begraben und so tun, als hättest du keinen Mut, keinen eigenen Willen mehr?«

»Das wird schwierig sein«, gab Thrall zu, »aber ich werde es tun, wenn es meinem Volk dient.«

»Gesprochen wie der wahre Sohn des Durotan«, sagte Doomhammer, und seine Stimme klang seltsam schwer und traurig.

Thrall zögerte, aber er musste so viel erfahren, wie er nur konnte. »Drek’Thar sagte mir, Durotan und Draka seien gegangen, um Euch aufzusuchen, um Euch zu überzeugen, dass Gul’dan böse war und die Orks nur benutzte, um seine eigene Machtgier zu befriedigen. Das Tuch, in das ich gewickelt war, erzählte Drek’Thar, dass sie ein gewaltsames Ende fanden, und ich weiß, dass ich allein mit den Leichen zweier Orks und eines weißen Wolfs war, als Blackmoore mich fand. Bitte … könnt Ihr mir sagen … hat mein Vater Euch gefunden?«

»Er fand mich«, sagte Doomhammer mit schwerer Stimme. »Und es ist mir eine Quelle großer Scham und Trauer, dass ich nicht besser auf ihn und seine Gefährtin aufgepasst habe. Ich dachte, ich täte das Beste für meine eigenen Krieger und für Durotan. Sie kamen und hatten dich dabei, junger Thrall, und sie erzählten mir von Gul’dans Verrat. Ich glaubte ihnen. Ich kannte einen Ort, an dem sie sicher sein würden. Das glaubte ich zumindest. Später erfuhr ich, dass einige meiner Krieger Spione Gul’dans waren. Obwohl ich es nicht sicher weiß, bin ich überzeugt, dass jene Wache, der ich auftrug, Durotan in Sicherheit zu bringen, Mörder rief, um ihn zu töten.« Doomhammer seufzte tief, und einen Augenblick lang erschien es Thrall, als laste das Gewicht der ganzen Welt auf diesen breiten, starken Schultern.

»Durotan war mein Freund. Ich hätte jederzeit mein Leben für ihn und seine Familie gegeben. Doch ich habe in meiner Dummheit seinen Tod herbeigeführt. Ich kann nur hoffen, dass ich dieses Versagen wiedergutmachen kann, indem ich alles in meiner Macht Stehende für das Kind tue, das Durotan zurückließ. Thrall, trotz des Namens, den zu behalten du dich entschieden hast, stammst du aus einer stolzen und edlen Familie. Lass uns diese Familie gemeinsam ehren.«