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»Sie mißverstehen mich noch immer.« Manolda beugte sich vor und schob die im Wege stehende Flasche Martell etwas zur Seite. »Ich brauche Ihre Aktivität! Ich brauche Sie und Ihre Jacht, Ihren Mut und Ihr Draufgängertum, Ihren Scharfblick und Ihre Intelligenz. Alles in allem: ich brauche Sie!« Dr. Albez hob die Hand, aber Manolda winkte ab. »Bitte, sagen Sie jetzt nichts! Ich möchte keinen Entscheid - jetzt nicht! Ich will nicht in Sie dringen, ich will keine Zusage oder Zurückweisung! Überlegen Sie es sich. Die Welt steht Ihnen offen wie noch nie. Nicht die Welt eines reichen Bummlers, sondern die Welt eines Mannes mit großen Plänen und einer großen, lohnenden, die Menschheit nährenden Aufgabe! - Ich werde warten, bis Sie von selbst mit Ihrem endgültigen Entschluß zu mir kommen. - Wo kann ich telefonieren?«

»In der Halle«, antwortete Dr. Albez leise und versank in ein tiefes Nachdenken. Schnell entfernte sich Manolda.

In der Halle wählte er eine Lissaboner Nummer, wartete und sagte dann halblaut in den Apparat:

»Ich bin bei Albez. Habe ihn eben angeschossen. Ich glaube, daß unser Plan gelingt! In einer Woche gebe ich Nachricht! Sorgt bis dahin, daß genügend >Stoff< vorhanden ist!«

Schnell hängte er dann wieder ein und ging in die Bibliothek zurück.

Als Kommissar Antonio de Selvano sechs Wochen später wie jeden Morgen die Zentralstelle zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels betrat, sah er als erstes voller Verwunderung, daß Primo Galbez eine kleine Obstkiste vor sich stehen hatte und mit liebevoller Sorgfalt einen Apfel aufschnitt.

»Viel Vergnügen«, sagte Selvano und blickte Galbez reichlich dumm an. »Wußte nicht, daß Sie Vegetarier geworden sind und sich für Obstsalat erwärmen. - Angenehme Beschäftigung?«

»Hm - es geht!« Primo Galbez lächelte seinen Chef an und schnitt gleichzeitig den siebenundzwanzigsten Apfel durch. »Man lernt nie aus, Selvano. Und übrigens lohnt es sich, sich einmal näher mit dem Export-Obst Portugals zu beschäftigen. -Wissen Sie, daß die Jacht Anita wieder fährt?«

»Anita? Das ist doch das Schiff dieses Biancoderos?«

»Und früher gehörte es Professor Destilliano. Ich fand auf ihr ein halbes Kistchen Dolantin!«

Selvano schob den Hut in den Nacken und ließ sich hinter seinem Schreibtisch auf den Stuhl fallen. Ärgerlich schob er die neuen Aktenbündel von sich weg.

»Galbez«, rief er. »Fangen Sie schon wieder mit diesem dummen Verdacht an?! Halten Sie Professor Destilliano noch immer für einen Rauschgiftschmuggler?! Der Präsident von Portugal in eigener Person hielt die Grabrede! Sie machen sich langsam lächerlich, mein Bester!«

»Destillianos Selbstmord und das Unglück Anita Almirandas wir wollen es vorsichtig ein Unglück nennen - sprechen eine reichlich mysteriöse Sprache.« »Seelische Konflikte bläst man nicht auf einer Posaune.«

»Das nicht, aber seit Destillianos Tod ist der Rauschgiftschmuggel um 70 % zurückgegangen.«

»Ein dummer Zufall, Galbez.« Selvano nahm seinen Hut ab und warf ihn auf einen Aktenstapel. »Genauso könnten Sie folgern: Seit Destillianos Tod haben wir in Lissabon nur noch 17 Raubüberfälle gehabt, im Gegensatz zu 27 im gleichen Zeitraum vorher! Alles kalter Kaffee, Galbez - Ihre Leidenschaft für die Jacht Anita wird langsam eine Psychose!«

Primo Galbez, der gerade einen neuen Apfel aus der Kiste nahm und ihn aufschnitt, nahm die beiden Hälften vorsichtig in seine Hände und trat zu Selvano hin. Triumphierend hielt er dem Kommissar den Apfel hin.

»Bitte, was sagen Sie dazu?« fragte er mit breitem Lächeln.

Selvano blickte widerwillig auf den aufgeschnittenen Apfel, doch dann stutzte er. Dort, wo sich sonst das Gehäuse mit den Kernen befand, stak eine kleine runde Kapsel aus Leichtmetall. Mit einem Gehäusestecher war das Innere des Apfels kunstvoll ausgestochen, die Kapsel hineingelegt und dann mit den oberen und unteren Apfeldeckenstücken wieder unsichtbar geschlossen worden.

Mit spitzen Fingern nahm Selvano die Kapsel aus dem Apfel und öffnete sie vorsichtig. Eine kleine Ampulle, gefüllt mit einer wasserklaren Flüssigkeit, kam zum Vorschein.

Erstaunt blickte Selvano zu dem grinsenden Primo Galbez.

»Reines Morphium«, sagte er dann langsam.

»Ja - das ist die fünfte Ampulle aus dieser Apfelkiste.«

»Toll! - Und wo haben Sie die Äpfel her?«

»Von der Jacht Anita!«

Eine ganze Weile war es still im Zimmer. Stumm starrte Selvano auf die kleine Rauschgiftampulle zwischen seinen Fingern.

»Wenn das wihr ist, Galbez«, sagte er endlich leise. »Wenn das von uns hundertprozentig bewiesen werden kann, daß diese Äpfel von der Jacht kommen, dann können wir zugreifen! Dann aber« - er blickte den Detektiv an -, »habe ich Ihnen vieles abzubitten, und Ihre sprichwörtliche Spürnase hat wieder einmal den richtigen Wind aufgefangen! Wie kamen Sie überhaupt zu den Äpfeln?«

Primo Galbez setzte sich und legte die beiden Apfelhälften neben den Aktenstoß, der den Schreibtisch überhäufte.

»Seit fünf Jahren beobachtete ich diesen Jose Biancodero. Ich tat es ohne Ihr Wissen, Chef, denn Sie hätten mich ja doch ausgelacht ...«

»Bestimmt!«

»Sehen Sie! Ich ließ mich nicht beeindrucken von der Einsamkeit Biancoderos - ich lag auf der Lauer, hatte meine Spitzel in Cintra, Estoril und Azenhas do Mar, beobachtete ohne Unterlaß die Lebensweise des einsamen, vergrämten Mannes und kam - wie Sie - vor einigen Monaten zu der Überzeugung, daß ich gegen Schatten kämpfe. Du bist ein Narr, sagte ich mir -rennst einem dummen Gedanken nach, nur weil er dir so gut gefällt und du ein alter Dickkopf bist, und siehst täglich, wie sich das absolute Gegenteil bewahrheitet! - Ich baute meine Zelte ab, zog meine Spitzel aus Cintra und Azenhas do Mar zurück und sagte mir: Schluß! Irren ist das Vorrecht des Menschen! Da bekam ich die Meldung, daß Biancodero seit fünf Jahren zum erstenmal Besuch erhalten habe! - Besuch auf dem Felsenschloß! Das machte mich munter! Wer es war, konnte ich nicht feststellen - das einzige, was mir auffiel, war die holländische Autonummer. Der Gast blieb volle zehn Tage bei Jose Biancodero. Am elften Tage in der Nacht - wie paradox -fuhr er wieder ab, so plötzlich, daß eine Verfolgung ausgeschlossen war.«

Selvano starrte vor sich hin und kaute nachdenklich an der

Unterlippe.

»Wissen Sie die Nummer, Galbez? Man könnte in Holland nachforschen.«

»Habe ich bereits! Der Wagen kam aus Amsterdam. Aber die Nummer war falsch - 077915 gibt es in Amsterdam und in ganz Holland nicht!«

»Aha!« Selvano sprang auf. »Wenn einer mit einer falschen Nummer im Ausland einen Besuch macht, muß er irgend etwas zu verbergen haben. Das ist eine faule Sache!« rief er. »Galbez, warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?!«

»Sie hätten mich ausgelacht.«

»Kindskopf! Das ist doch ein Beweis!. Das verschafft uns doch das Recht, einmal zwanglos das Felsennest zu besichtigen.«

»Das ist noch nicht alles«, fuhr Primo Galbez mit seinem Bericht fort. »Ich wollte tiefer in diese geheime Zusammenkunft dringen und wartete weiter. Was folgte, ging Schlag auf Schlag: Gründung einer Obst-Export-GmbH unter Leitung Biancoderos. Mitgesellschafter der Konsul Manolda, merkwürdigerweise in Den Haag, also Holland, wohnend. Die Jacht Anita, die fünf Jahre still im Hafen lag, wurde wieder flott und seetüchtig gemacht und fuhr zunächst nach Las Palmas. Das fiel mir auf, denn auch Professor Destilliano pendelte zwischen Las Palmas und Lissabon hin und her. Las Palmas wiederum ist ein Umschlaghafen für Obst. - Ich erkundigte mich weiter, ließ mir die Prospekte der neuen Obst-Export-Gesellschaft schicken, kaufte selbst eine Kiste Obst ... alles negativ, nirgends ein Anhaltspunkt - die Äpfel und Apfelsinen waren köstlich, mehr aber auch nicht. - Da kam mir plötzlich ein verwegener Gedanke: Ich ließ mir die Akten des Rauschgiftschmuggelringes geben. Sie wissen, Selvano, auf einer Karte von Europa sind alle bekannten Plätze verzeichnet, an denen im Laufe der letzten 15 Jahre Rauschgift in größeren Mengen gehandelt wurde. Diese