Выбрать главу

Karte verglich ich mit der Karte der Niederlassungen im Prospekt der neuen Obst-Export-Gesellschaft ... wie Schuppen fiel es mir da von den Augen. Selvano, fast 70 Niederlassungen stimmten mit den Städten des Rauschgifthandels überein!«

»Wunderbar!«

»Das sage ich auch! Aber Primo Galbez ist gewöhnt, ganze Arbeit zu leisten. Ich brauchte noch einen Beweis, nicht einen theoretischen, sondern einen praktischen, einen Beweis in flagranti! - Ich jagte meine Spitzel durch Lissabon mit dem Auftrag, einen Rauschgiftsüchtigen zu entdecken. Nach knapp drei Tagen hatten wir ihn: im Vertrauen - Direktor Bonheas von der portugiesischen Nationalbank! Ich ließ ihn beobachten und stellte fest, daß in seinem Hause seit einigen Wochen auffallend viel Obst gegessen wurde ... kistenweise wurden die Äpfel, Pampelmusen, Bananen und Apfelsinen in die Villa gefahren ... die Familie Bonheas mußte in Obst ersticken. Die gedankliche Folgerung war klar: Las Palmas - Obst - Jacht Anita -Niederlassungen decken sich mit Rauschgifthandelsstellen -Bonheas ist Rauschgiftler und ißt neuerdings viel Obst, das aus Las Palmas kommt ... mein Plan stand fest! Vorgestern nacht machte ich unseren schweren Jungens Konkurrenz und brach bei Direktor Bonheas kunst- und gewerbegerecht ein. Die gute Polizei stand draußen Schmiere und sorgte dafür, daß mich niemand störte. Alles mußte rasend schnell gehen. Mit drei kräftigen Polizisten in Zivil schleppte ich aus der großen Küche je eine Kiste Pampelmusen, Äpfel und Apfelsinen heraus und begann dann, Frucht um Frucht aufzuschneiden. Bei den Pampelmusen und Apfelsinen muß ch mich vergriffen haben, die >wertvolle< Kiste scheint besonders gezeichnet zu sein ... das Ergebnis war Null! Aber bei den Äpfeln, da hatte ich Glück. Bis jetzt schon fünf Ampullen - und fast 40 ungeprüfte Äpfel sind noch in der Kiste. - Eins ist jedenfalls klar: Die Obst-ExportGesellschaft ist die frechste und tollste Rauschgiftschmuggelbande, die es überhaupt gibt!«

Selvano betrachtete wieder die kleine Ampulle Morphium und zog die Mundwinkel herab. Es sah aus, als wolle er resignieren.

»Eine meisterhafte Arbeit, die Sie da geleistet haben, Galbez«, sagte er anerkennend. »Aber eine Lücke hat Ihre Beweiskette: Wissen Sie, daß die Obstkisten in Bonheas Haus von der Jacht Anita kamen?«

Erstaunt blickte Primo Galbez auf und schwieg einen Augenblick.

»Es ist doch klar, daß die Kisten ...« meinte er. Doch Selvano winkte ab.

»Klar ist nur, was wir beweisen können«, sagte er. »Haben Sie Beweise?«

»Es ist doch logisch ...«

»Mit Logik allein können Sie nichts, aber auch gar nichts anfangen! Alle Indizien sind Seifenblasen, dumme Windeier, wenn der reale Beweis fehlt! Und haben Sie den? Haben Sie eine Rechnung Biancoderos an Bonheas? Haben Sie einen Bestellzettel? Sind die Kisten irgendwie signiert?«

»Nein«, sagte Primo Galbez kleinlaut. »Nichts von alledem ... «

Selvano betrachtete wieder die Ampulle Morphium und blickte dann mit einem Lächeln auf den traurigen Detektiv.

»Galbez, seien Sie nicht entmutigt.«

»Danke.«

»O bitte! - Ich werde morgen selbst die Jacht Anita untersuchen und anschließend der Felsenfestung Biancoderos einen Besuch abstatten. Die Akten des Handelsregisters über die Gründung der Obstfirma lasse ich mir gleich kommen -vielleicht erfahren wir, wer der>stille Teilhaben in Las Palmas und weiterer Interessent an dem Geschäft ist!«

»Und was soll ich tun?« fragte Galbez kleinlaut. Er spielte mit den Apfelstücken.

»Für Sie habe ich etwas ganz Entzückendes.« Selvano begann seine Fröhlichkeit wiederzugewinnen. »Sie werden heute nacht noch einmal bei Direktor Bonheas einbrechen. Unsere Polizei wird wieder fachmännisch Schmiere stehen. Aber diesmal brechen Sie nicht in die Küche, sondern in das Arbeitszimmer ein. Vielleicht finden Sie im Schreibtisch etwas, was uns gegen Biancodero vorgehen läßt. - Sie verstehen es doch, einen Schreibtisch lautlos aufzuknacken?«

»Mit allen Raffinessen«, nickte Galbez. »War doch in Ihrer Schule, Chef! Und wenn man mich überrascht? Man wird durch den ersten Einbruch gewarnt sein.«

»Dann wird die Polizei, die draußen Schmiere steht, kommen und Sie pro forma verhaften wie einen echten Dieb. Das ist überhaupt der beste Trick! Sie machen absichtlich Lärm, Bonheas holt die Polizei, und man führt Sie sicher ab! Einen gefahrloseren Einbruch gibt es gar nicht! Außerdem schöpft Bonheas keinen Verdacht und hält Sie für einen richtigen kleinen Dieb. - Viel Glück, lieber Galbez.«

Es war eine ziemlich helle Nacht, als Antonio de Selvano mit drei Beamten der Zentralstelle zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels im Hafen von Lissabon erschien und sich dem dritten Becken näherte, wo, am Pier vertäut, mit gelöschten Positionslichtern und wie ausgestorben, die schlanke, weiße Luxusjacht Anita ankerte. Selvano war sich der Tragweite bewußt, die eine ergebnislose Untersuchung mit sich bringen mußte, denn die kühne Gedankenkette Primo Galbez' rechtfertigte noch lange nicht einen Eingriff in das geheiligte Privatleben. Hinzu kam, daß auch die Auskunft des Handelsregisters mehr als dürftig war und nichts Unbekanntes zu bieten hatte: Gesellschafter der Firma waren Jose Biancodero in Azenhas do Mar und Konsul Manolda aus Lissabon, Hotel Espana. Manolda wiederum, dem Kommissar bestens bekannt und als ehemaliger Konsul des Landes ein Ehrenmann ohne jeglichen Verdacht, schied von vornherein als Teilhaber eines

Rauschgiftschmuggels aus und war über jeden leisen Zweifel erhaben. Undenkbar war es auch, daß sich Konsul Condes de Manolda mit einem zweifelhaften Geschäftsmann assoziierte oder diese dunklen Geschäfte duldete. Allein seine Teilhaberschaft mußte für die Unbescholtenheit des Unternehmens bürgen!

Selvano war es gar nicht wohl in seiner Haut, als er das dritte Hafenbecken betrat und die Jacht Anita im Ungewissen milchigen Mondlicht liegen sah.

Das rohe Kopfsteinpflaster des Ufers blinkte schwach, als sei es mit Silber überstrichen. Tiefe Stille lag über dem Hafen, nur das leise Plätschern und Klatschen der Wellen an die Bordwand des Schiffes oder das ächzende Knacken der Taue unterbrachen die lautlose Nacht.

Selvano gab sich einen innerlichen Ruck. Er nickte den begleitenden drei Beamten zu und wollte aus dem Schatten der langgestreckten Lagerschuppen hinauf auf die Uferstraße treten, als er plötzlich mitten im Schritt innehielt und zurück in den deckenden Schatten der Schuppen sprang.

Auf der Straße, nahe an die Baracken und in den Schatten gefahren, parkte mit abgeblendeten Lichtern eine breite, dunkle Limousine.

Ein Wagen fremder Bauart und Nationalität, das hatte Selvano im Zurückspringen noch mit einem Blick erfaßt. Blitzschnell erinnerte er sich an den fremden Besuch bei Biancodero in Azenhas do Mar und cfer falschen Amsterdamer Autonummer des unbekannten Wagens.

Was hatte des Nachts ein ausländischer Wagen am Pier der Jacht Anita zu suchen?

Sollte hier doch irgendwie ein geheimnisvoller Zusammenhang bestehen, von dem selbst Konsul Manolda nichts wußte? Sollte sein guter Name etwa als Schutzschild für dunkle Geschäfte mißbraucht werden?

Selvano wechselte mit seinen drei Begleitern einen schnellen Blick. Dann glitt er an der Längswand des Schuppens entlang, immer im Schatten bleibend, und näherte sich langsam der großen, dunklen Limousine. Mit entsichertem Revolver beobachteten die drei Beamten das Anschleichen ihres Kommissars.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Selvano so nahe an den Wagen herangeschlichen war, daß er im trüben Mondlicht mit viel Mühe das Nummernschild erkennen konnte.

Erstaunt pfiff er leise durch die Zähne.

077915!

Es war der Wagen, den Primo Galbez in Cintra bei der Felsenvilla Jose Biancoderos gesehen hatte!

Der Wagen mit der gefälschten holländischen Nummer!