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Katzenhaft schob sich Selvano an den Wagen heran, trat dann mit einem schnellen Schritt aus dem schützenden Schuppenschatten und sprang auf die Limousine zu.

In dem gleichen Augenblick sprang die breite, schwere Tür des Autos auf und krachte mit voller Wucht gegen den Kopf des anspringenden Selvano. Der Kommissar wankte, vor seinen Augen wirbelte der Hafen durcheinander, er hörte noch das Aufheulen eines schweren Kompressormotors und sank dann auf dem Pflaster zusammen.

Die drei Begleiter Selvanos erfaßten in der Schnelligkeit nicht, wis geschehen war. Sie sahen plötzlich die Lichter des dunklen Wagens voll aufblitzen, hörten einen dumpfen Schlag, der im aufdonnernden Motorengeräusch unterging, und dann schoß der Wagen in Richtung Estoril davon, ein flimmernder Pfeil, der in dem Gewirr der Schuppen verschwand.

Mit ein paar Sprüngen waren sie an der Stelle, wo Selvano sein mußte, und sahen ihn betäubt und aus einer Stirnwunde stark blutend auf dem Pflaster liegen.

Drei starke, durchdringende Trillerpfeifen gellten durch die Nacht.

In den Ecken und Winkeln des Hafens wurde es lebendig. Neue Pfeifen antworteten und alarmierten die nächsten Polizeiposten. Wie ein Stein, der ins Wasser fällt, immer neue, weitere Kreise erzeugt, so pflanzte sich das Trillern der Pfeifen fort und jagte die Streifen der Polizei heraus.

Alarm im Hafen!

Großalarm in Lissabon!

Im Polizeipräsidium fuhren die Streifenwagen vor.

Die ersten Meldungen wurden telefonisch durchgegeben.

Oberfall auf Kommissar Selvano im Hafen, drittes Becken!

Sucht große, schwarze Limousine mit holländischer Nummer. 077915!

Nummer ist falsch ... Wagen floh in Richtung Estoril - Cintra

- Azenhas do Mar!

Die Telegrafen tickten. Die Streifenwagen heulten durch die Stadt, den Ausfallstraßen Lissabons zu.

»Sperrt alle Chausseen ...« tickte der Telegraf ... »Haltet alle Wagen an! Sucht große schwarze Limousine mit Nummer 077915! ... 077 915 ... Schwarze Limousine ... Richtung Estoril ... Sperrt alle Straßen ...«

Durch die Nacht jagte die schwarze Limousine.

Mit zusammengekniffenen Augen hockte Konsul Manolda hinter dem Steuer und umklammerte mit beiden Händen das Steuer. Von der Stirne aus liefen kleine Bäche über sein Gesicht ... Schweiß aus Angst und Anstrengung.

Eine Schweinerei, dachte er. Mußte gerade jetzt dieser Spürhund kommen?!

Wo soll man hinfahren? Nach Cintra zu Dr. Albez ist unmöglich! Er weiß von nichts, und außerdem muß der

Verdacht von ihm und seiner Jacht Anita abgelenkt werden. Auf dem Schiff sind 17 Apelsinenkisten mit Opium und Kokain.

Manolda wischte sich den Schweiß aus den Augen Seine Hände zitterten.

Nur fort, dachte er weiter, ganz gleich, wohin ... Wenn nur die Stadt schon hinter einem läge ... es gibt in Portugal so viele Stellen, wo man sich sicher und gefahrlos verstecken kann.

Fest preßte er seinen Fuß auf den Gashebel. Die Gärten und Villen der Vorstadt flogen an ihm vorbei. Schnurgerade lag die Chaussee vor ihm, ein im Mondlicht silbern flimmerndes Band. Leicht fiel die Straße ab, sie neigte sich der Küste zu ... dem unendlichen Meer.

Knirschend rasten die Raser über den spiegelnden Asphalt. Weit beugte sich Manolda über das Steuer vor und zuckte plötzlich zurück. Maßloses Entsetzen verzerrte sein Gesicht und sprang dann über in eine jämmerliche, kopflose, zitternde Angst.

Weit vorn auf der Straße schwenkte man rote Laternen!

Halt! hieß das! Anhalten! Polizei - Kontrolle! Die Straße ist gesperrt ...

Manoldas Augen irrten von der Straße ab und blickten zur Seite.

Ein Ausweichen gab es nicht, ein Zurück noch weniger ... das Leben war verspielt ... die Kugel war auf Schwarz gefallen ... das letzte, was ihm blieb, war das ewige Geheimnis seines Lebens ... auch über den Tod hinaus ...

Mit starren Augen griff Manolda hinter sich, hob einen kleinen Benzinkanister zu sich heran und schüttete den Inhalt in den Wagen. Dann legte er seine Papiere in die ölige Lache, holte eine Ampulle aus der Tasche, biß das dünne Glas auf und schluckte mit verzerrtem Gesicht die Flüssigkeit. Im gleichen Augenblick ließ er sein Feuerzeug aufflammen und in das hochauflodernde Benzin fallen.

Ein brennender Wagen raste in den Sperrgürtel der Polizei und zerschellte nicht weit von ihm an einem Baum. Geborgen wurde eine unbekannte, verkohlte Leiche.

Kapitel 6

Kommissar Selvano war denkbar schlechtester Laune. Er stand dem vor sich niederblickenden Primo Galbez gegenüber und klopfte beim Sprechen aggressiv auf das dicke Aktenstück Destilliano/Biancodero. Sein Gesicht war vor Erregung gerötet.

»Der Erfolg ist Null!« rief er. »Mag Ihr Verdacht richtig sein oder nicht: Wir stehen nach wie vor einem Rätsel gegenüber! Fassen wir einmal zusammen, ganz nüchtern, Galbez, was wir wissen und was wir haben: drei ungeklärte Selbstmorde, eine Jacht, auf der Sie Rauschgift fanden - und zwar nur in kleinen Mengen-, Obstkisten mit Morphium, deren Herkunft nicht voll beweisbar ist, einen Mann, der den Namen Biancodero hat und aus Spanien kommt, ein brennendes Auto mit einer unkenntlichen Leiche, eine gefälschte holländische Nummer, eine Felsenvilla, die einwandfrei und ohne Spuren ist ... alles Dinge ohne Zusammenhang, fast ohne Sinn ... eben - ein Nichts! Denken Sie einmal nüchtern darüber nach, Galbez ... Haben Sie bei Ihrem zweiten Einbruch bei Direktor Bonheas etwas gefunden?«

»Nein, nicht ein Tüpfelchen«, gestand Primo Galbez halblaut.

»Na also! Die Kisten mit dem Rauschgiftobst waren fort, Papiere waren nicht vorhanden. Jose Biancodero, den Sie des Rauschgiftschmuggels verdächtigen, ist ein Freund des ehrbaren Konsuls Manolda! Das müßte genügen! Konsul Manolda soll sich - wie sein Hotel mitteilte, zur Zeit geschäftlich in Teneriffa aufhalten.«

»Aha!«

Selvano zuckte auf.

»Nicht aha, Galbez! Ihr Aha macht mich nervös!«

»Von Teneriffa kam unter anderem auch Obst mit

Morphiumampullen«, meinte Galbez schlicht.

»Sie Spinner!« schrie Selvano. »Fangen Sie schon wieder an?! Konsul Manolda ist Mitglied des königlichen Traditionskabinetts! Wollen Sie ihn ...?«

»Ich kannte Fürsten, die Unterschlagungen machten! Warum soll ein kleiner Konsul nicht mit Rauschgift handeln? Haben Sie mal in Teneriffa angefragt, ob Manolda auch wirklich dort ist?«

Selvano sah mitleidig lächelnd auf den Detektiv herab. Welche Frage!

»Ich erwarte die Antwort jeden Augenblick. Auch Jose Biancodero lasse ich beobachten. Nur gut, daß ich in dieser verhängnisvollen Nacht nicht seine Jacht betreten habe - wir könnten heute eklig in der Tinte sitzen und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Belästigung auf dem Pelz haben! -Galbez, Ihre sagenumwobene Spürnase in allen Ehren: Hier haben Sie ganz gewaltig danebengeschnüffelt! - Oder glauben Sie noch immer, daß Jose Biancodero ein schwerer Junge ist?«

»Ja!«

»Galbez! Ich habe Sie für weniger idiotisch gehalten!«

»Danke, Chef! Aber ich habe so meine eigenen Gedanken. Sie mögen fantastisch sein, für andere Leute einfach verrückt - ich klammere mich an sie und habe das Gefühl, irgendwie auf der richtigen Spur zu sein!«

»Und die wäre?« fragte Selvano mit leisem Spott.

»Daß Jose Biancodero gar nicht Jose Biancodero ist ...«

»Sondern ...?«

»Ein anderer, ein Unbekannter, von mir aus auch ein Unterschobener! Erinnern Sie sich, daß Anita Almiranda ihn in Gesellschaft Jose, aber privat und allein Fernando nannte?«

»Allerdings. Und ...?«

»Das macht mich stutzig! Das hat seinen Grund!«

»Vielleicht den der Liebe! Fernando klingt schmeichelnder als das harte Jose.«

»Vielleicht! Ebensogut ist es aber denkbar, daß dieser Mann zwei Leben führt! Ich habe damals in Sevilla nachgefragt, woher er angeblich stammt. Die Auskunft war äußerst mager. Er sei plötzlich verschwunden, hieß es. Ohne Grund. Er war ein Mensch, der nie auffiel. Und plötzlich geht er in Marseille an Bord der >Espana< und landet in Lissabon als Freund Professor Destillianos und Verlobter Anitas! Kaum ein Jahr später erschießt sich in der gleichen geheimnisvollen Weise nach einem Wortwechsel mit seiner Nichte Professor Destilliano, und Anita Almiranda stürzt sich in der gleichen Nacht mit ihrem Sportwagen vom Felsen ins Meer. Jose Biancodero ist Alleinerbe des riesigen Vermögens, kauft sich ein Felsenschloß und lebt, weitab von jeder Kontrolle als reicher Einsiedler. Mit Sevilla, seiner Vaterstadt, hat er keine Verbindung mehr, Konsul Manolda ist sein einziger Freund ... fünf Jahre ist Ruhe in unserem Dezernat! Doch plötzlich holt Biancodero seine Jacht aus dem Dock und gondelt wieder in der Welt herum, verläßt seine Felsenvilla und schüttelt die fünf Jahre Einsamkeit wie Wassertropfen von sich ... Und plötzlich wird es bei uns lebendig: Das Rauschgift taucht wieder in Massen auf!«