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Dr. Albez beschloß, mit allem, was er sagte, vorsichtig zu sein und jedes Wort genauestens abzuwägen. Er setzte sich auf den angebotenen Korbstuhl und nahm einen dunkelbraunen, brasilianischen Zigarillo aus einer goldgehämmerten Dose. Gewandt und makellos höflich gab ihm Baron v. Pottlach Feuer.

»Sie sind also vollauf orientiert?« fragte Dr. Albez nach dem ersten Zug.

»Über alles.«

»Sehr gut. Das läßt mich freier sprechen. Ich bin vorgestern mit meiner Jacht Anita von Lissabon ausgelaufen, um Ihnen zunächst einen reinen Freundschaftsbesuch zu machen.«

»Äußerst liebenswürdig.« Baron v. Pottlach verbeugte sich im Sitzen und lächelte. Aber es war ein anerzogenes, gespieltes Lächeln. »Ich glaube bestimmt, Ihnen diese Freundlichkeit mit allen mir gebotenen Mitteln entgelten zu können. Sie trinken Wein?«

»Mit Vorliebe!«

»Ich habe einen wundervollen alten Kanariensekt im Keller. Machen Sie mir die Freude, mit Ihnen davon eine Flasche zu trinken.

Er schaltete ein kleines Tischmikrophon ein und gab einige Anweisungen zur Küche. Aber während des Sprechens las er wieder eine auf dem Schreibtisch liegende Kabelmeldung, die schuld an seiner maßlosen Verblüffung beim Erscheinen Dr. Albez' war:

»Jacht Anita heute mit Polizeibemannung ausgelaufen stop Ziel der Fahrt unbekannt stop Dr. Albez noch auf seiner Villa stop Nichts Neues stop Erwarten Nachricht was weiter geschehen soll stop X.«

Irgend etwas stimmt da nicht, schoß es v. Pottlach durch den Kopf. Die Meldung kann nicht falsch sein, das ist unmöglich ... daß der Junge hier in Santa Cruz ist, hat eine andere Bewandtnis als nur einen Besuch. Umsonst täuscht man nicht die Umwelt, wenn man abfährt!

Mit einem blendenden Lächeln wandte er sich vom Mikrophon wieder dem stumm rauchenden und interessiert um sich blickenden Dr. Albez zu.

»Gefällt es Ihnen bei mir?« fragte er liebenswürdig. »Ich entsinne mich, daß Sie zum ersten Male hier sind. Unsere bisherigen, schnellen Begegnungen fanden ja stets nur in Ihrem Lagerhaus in Las Palmas statt, zweimal mit Konsul Manolda und einmal - glaube ich - vor langer Zeit mit Professor Destilliano.«

»Ich kann mich so genau nicht mehr entsinnen«, wich Dr. Albez aus. »Auf jeden Fall waren es kurze Begegnungen.«

»Das muß aber schleunigst nachgeholt werden!« rief Baron v. Pottlach munter und sprang auf. »Es ist geradezu eine Unerhörtheit, dem besten Geschäftspartner persönlich so unbekannt zu sein! Darf ich Ihnen zunächst mein Haus zeigen? Es ist, solange Sie mein Gast sind, auch das Ihre.«

Dr. Albez verbeugte sich leicht, blieb aber auf seinem Korbsessel sitzen. Fast spielerisch streifte er die weiße Asche von dem dunklen Zigarillo.

»Recht gern, lieber Baron. Aber bevor wir zum rein freundschaftlichen Teil meines Besuches übergehen ...«

»... kommen ...« lächelte v. Pottlach mit einer widerlichen Überlegenheit, als spräche er einen guten Witz. Dr. Albez rettete sich in ein gezwungenes Lachen.

»Gut! Also kommen! Ich verbinde nämlich einen bestimmten Zweck mit meiner Reise.«

Aha, dachte v. Pottlach. Kommst du endlich zum Thema? Oder hältst du mich für so dumm, daß ich Kommentare brauche?! Ich will dir ein wenig helfen, mein Bester.

»Ich vermute, es handelt sich um das Verschwinden Konsul Manoldas?« fragte er verbindlich.

Dr. Albez nickte. Raffinierter Junge, dachte auch er. Will mir die Trümpfe aus der Hand schlagen!

»Ja«, antwortete er. »Sie haben Manolda zuletzt gesehen?«

»Wir besprachen die Entwicklung der Eroberung des afrikanischen Marktes. Dann kaufte der Herr Konsul 3000 Kisten angereifte Bananen in Stauden. Im übrigen kann ich nur wiederholen, was ich bereits der Lissaboner Polizei mitteilte. Konsul Manolda verließ mich und bestieg den planmäßigen Postdampfer nach Las Palmas. Wir winkten uns noch zu, bis wir uns nicht mehr sehen konnten. Wir standen in einem sehr herzlichen, kollegialen Verhältnis.«

»Ich weiß.« Dr. Albez nickte. »Aber Manolda ist in Las Palmas nicht angekommen! - Besteht die Möglichkeit, daß der Postdampfer auf offener See Passagiere auf andere Schiffe übersetzt?«

»Im allgemeinen nicht. Und das wäre ja auch leicht nachzuprüfen! Bei Manolda war das jedenfalls nicht so!« Von Pottlach lächelte und lehnte sich zurück. »Sie vermuten, daß der Konsul gleich nach Afrika weiterfuhr?! Wenn das der Fall ist -rein theoretisch gedacht -, verstehe ich immer noch nicht, warum er mir davon nichts sagte!«

Dr. Albez überlegte scharf. Was hatte Baron v. Pottlach polizeilich ausgesagt? Er und Manolda hätten im Hotel Esplanade in Santa Cruz bis 22 Uhr verhandelt. Warum aber im Hotel und nicht hier auf der nahe gelegenen Plantage?!

»Sie trafen Manolda im Hotel Esplanade?« fragte Dr. Albez ohne besondere Betonung.

Baron v. Pottlach horchte auf. Die Frage irritierte ihn. Dr. Albez sah an die Decke. Von Pottlach biß die Lippen aufeinander. Er wußte nicht, auf welchen Punkt die Frage hinauslief.

»Ja -« sagte er gedehnt. »Ich lud den Herrn Konsul zu mir ein, aber er wollte nur einen kleinen Fragenkomplex klären. Seine Zeit sei genau bemessen, entschuldigte er sich.«

»Und dann wurde es trotzdem 10 Uhr abends?! Man kann in 12 Stunden viel besprechen ...«

Baron v. Pottlach krauste die Stirn. Zeit gewinnen, dachte er.

Halte ihn hin - die neue Meldung muß gleich kommen.

»Soll das ein Verhör sein?« fragte er pikiert. Dr. Albez schüttelte den Kopf.

»Entschuldigen Sie, Herr Baron. Aber ich habe gedacht, daß auch Sie daran interessiert sind, das Rätsel um Manolda zu lösen. Sie werden verstehen, daß ich durch das Verschwinden meines Kompagnons äußerst beunruhigt bin!«

Am Mikrophon leuchtete kurz eine kleine rote Birne auf. Die Augen v. Pottlachs bekamen einen funkelnden Glanz. Schnell erhob er sich.

»Sie entschuldigen mich bitte einen Augenblick«, sagte er zu Dr. Albez. »Eine dringende Unterschrift im Sekretariat ...«

Mit großen Schritten eilte er aus dem Zimmer. Nachdenklich blickte ihm Dr. Albez nach.

Auf dem Flur vor dem Arbeitszimmer stand der Privatsekretär und überreichte v. Pottlach ein Kabelgramm. Mit maßlosem Erstaunen las es der Baron und schüttelte beim Lesen immer wieder den Kopf.

»Jacht Anita an der Dreimeilengrenze von Polizei verlassen stop Fahrt ging ins offene Meer weiter stop Meldung kommt erst jetzt da Nachricht und Nachforschungen aus Cintra stop Dr. Albez noch im Hause stop Wurde heute mittag von einem unserer Leute von nahem gesehen stop Bemannung und Ziel der Jacht demnach unbekannt stop X.«

»Verrückt!« sagte v. Pottlach laut. »Total verrückt! Die Kerle sehen ja schon in der Sonne Gespenster! - Wann ist das Kabelgramm eingetroffen?«

»Vor zehn Minuten - ich mußte es erst entschlüsseln«, antwortete schüchtern der Sekretär.

»Kabeln Sie zurück ...« Der Sekretär riß einen Block aus der Tasche und schrieb:

»Dr. Albez seit einer Stunde mit Jacht Anita in Santa Cruz stop Stellt fest, wer der angebliche Doktor Albez in Cintra ist stop Erwarte Meldung bis spätestens morgen früh stop Besondere Aufmerksamkeit auf Primo Galbez und Selvano stop Drahtet ob Leiche Manoldas ausgegraben wurde stop Wenn nicht, sorgt dafür, daß Leiche bis morgen abend aus dem Grab verschwunden ist stop Y.«

Von Pottlach dachte noch einen Augenblick nach, ehe er nickte. »Verschlüsseln Sie das Kabelgramm und geben Sie es sofort durch«, sagte er dann zu dem Sekretär und wandte sich ab. »Sollte etwas Besonderes eintreffen, so benachrichtigen Sie mich sofort ohne Rücksicht auf meinen Besuch.«

Der Sekretär nickte. Mit schnellen Schritten eilte Baron v. Pottlach in ein angrenzendes Zimmer und führte mit gedämpfter Stimme ein Ferngespräch. Dann trat er befriedigt und sichtlich guter Laune wieder in sein Arbeitszimmer und klopfte Dr. Albez lachend auf die Schulter.