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„Ihnen sind doch sicherlich unsere Städte und unsere Raumfahrt aufgefallen. Beweist das denn nicht unsere Intelligenz?“

„Biber bauen Dämme“, antwortete Rawlins. „Und trotzdem schließen wir mit Bibern keine Verträge. Wir zahlen ihnen auch keine Entschädigungen, wenn wir ihre Sümpfe trockenlegen. Wir sind der Ansicht, daß die Gefühle eines Bibers nicht so viel zählen.“

„Tun wir das? Sind wir so? Oder haben wir nicht einfach nur willkürlich festgelegt, daß auf Biber keine Rücksicht genommen zu werden braucht? Und was soll das Gerede, wir seien vernunftbegabt? Es gibt ein durchlaufendes Intelligenzspektrum, von den Protozoen bis hinauf zu den Primaten. Wir mögen ein wenig cleverer sein als Schimpansen, aber ist das schon ein qualitativer Unterschied? Wird unsere Andersartigkeit schon durch die simple Tatsache, daß wir unser Wissen aufzeichnen, speichern und wieder abrufen können, bewiesen?“

„Ich möchte mich hier nicht auf philosophische Spitzfindigkeiten einlassen“, sagte Rawlins rauh. „Ich versuche nur, die Situation darzulegen… und inwieweit sie dich betrifft.“

„Ja, erzähl mir, was ich damit zu tun habe?“

„Boardman glaubt, diese Radiowesen wirklich dazu bewegen zu können, unsere Galaxis zu verlassen, wenn wir ihnen nur klarmachen können, daß wir ihnen intelligenzmäßig näher stehen als ihren Sklaven. Wenn wir ihnen unsere Gefühle, Bedürfnisse, Ambitionen und Träume nachweisen können.“

„Haben die Juden keine Augen?“ Muller spuckte aus. „Haben die Juden keine Hände, Organe, Träume, Sinne, Leidenschaften, Neigungen? Wenn man uns verletzt, bluten wir dann nicht?“

„Genauso, ja.“

„Wie sollen wir ihnen etwas klarmachen, wenn wir es ihnen nicht mit Worten sagen können?“

„Weißt du das denn immer noch nicht?“ fragte Rawlins.

„Nein. Ich — doch. Ja, großer Gott, ich weiß es.“

„Unter den Milliarden Menschen gibt es einen, der keine Worte braucht, um sich mitzuteilen. Er kann seine innersten Gefühle ausstrahlen. Und auch seine Seele. Wir wissen nicht, auf welcher Frequenz er das tut, aber vielleicht wissen sie es.“

„Ja, klar.“

„Und deshalb wollte Boardman dich dazu bringen, der Menschheit einen weiteren Dienst zu erweisen. Nämlich zu den Aliens zu gehen. Und ihnen zu erlauben, deine Ausstrahlung zu empfangen. Um ihnen zu zeigen, was wir sind, daß wir höher stehen als Tiere.“

„Warum dann das Gerede, mich zur Erde bringen und heilen zu wollen?“

„Ein Trick. Eine Falle. Irgendwie mußten wir dich doch aus dem Labyrinth locken. Sobald du draußen wärst, könnten wir dir die Wahrheit sagen und dich um Hilfe bitten.“

„Und dabei zugeben, daß es keine Aussicht auf Heilung gibt?“

„Ja.“

„Und wie kommt ihr darauf, daß ich auch nur einen Finger rühren würde, um die Menschenwelt vor der Unterjochung zu bewahren?“

„Deine Hilfe müßte nicht unbedingt auf freiwilliger Basis kommen“, sagte Rawlins.

7

Jetzt brach es hervor: der Haß, der Ärger, die Furcht, das Mißtrauen, die Qual, die Folter, der Hohn, der Abscheu, der Zweifel, die Verzweiflung, die böswillige Leidenschaft, der innere Aufruhr, das Leid, die Gewissensbisse, die Seelenqual, der innere Tumult, das innere Feuer. Rawlins fuhr zurück, als würde er versengt. Muller mußte alle Tiefen der Trostlosigkeit durchschwimmen. Ein Trick, ein schmutziger Vorwand, nichts als Lug und Trug! Wieder war er hereingelegt worden. Wieder Boardmans Werkzeug. Muller kochte. Er sprach nur wenige Worte. Der Rest kam aus ihm selbst, verströmte sich aus weit offenstehenden Toren. Nichts wurde zurückgehalten. Ein einziger Strudel der Wut.

Als der wilde Ansturm verebbte, stand Muller nur da, eingekeilt zwischen zwei hervorstehenden Mauern. „Boardman würde mich den Fremden vorwerfen, egal ob ich nun mitmachen wollte oder nicht?“ fragte er.

„Ja. Er sagte, diese Angelegenheit sei zu wichtig, um dir die freie Wahl zu lassen. Deine Wünsche spielen hier keine Rolle mehr. Es sind nur die Wünsche eines einzelnen, die gegen das Schicksal der ganzen Menschheit so gut wie gar kein Gewicht haben.“

Mit eisiger Ruhe sagte Muller: „Du hast also eine Rolle in dieser Verschwörung gespielt. Warum hast du das jetzt alles eigentlich erzählt?“

„Ich habe Boardman gekündigt.“

„Ach ja?“

„Wirklich. Es ist wahr. Sicher, ich habe mitgemacht. Und natürlich habe ich Boardman unterstützt. Jedes Wort, das ich dir erzählte, war gelogen. Aber eines mußt du mir glauben: Ich wußte nichts von diesem letzten Teil der Verschwörung… daß man dir überhaupt keine Wahl lassen wollte. An diesem Punkt konnte ich nicht mehr weiter. Ich konnte es nicht zulassen, daß dir so etwas angetan wird. Deshalb mußte ich dir die Augen öffnen.“

„Sehr rücksichtsvoll. Jetzt habe ich die freie Auswahl, was, Ned? Ich kann mich hier hinausschleppen lassen und für Boardman wieder das willenlose Werkzeug spielen. Oder ich kann mir gleich das Leben nehmen und die Menschheit zur Hölle fahren lassen. Ist es nicht so?“

„Bitte sprich nicht so“, sagte Rawlins gereizt.

„Warum nicht? Welche Wahl bleibt mir denn sonst? Du warst so freundlich, mir die Wahrheit zu erzählen. Deshalb muß ich mich jetzt entscheiden. Du hast mir das Todesurteil überreicht, Ned.“

„Nein.“

„Was bleibt mir denn sonst? Soll ich mich wieder von Boardman benutzen lassen?“

„Du könntest doch… mit Boardman zusammenarbeiten“, sagte Rawlins. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Ich weiß, es klingt verrückt. Aber du könntest ihm zeigen, aus welchem Holz du geschnitzt bist. Vergiß die Bitterkeit. Zeig dich von deiner guten, von deiner noblen Seite. Denk daran, daß Boardman nicht die ganze Menschheit repräsentiert. Daß es Milliarden unschuldiger Leute gibt…“

„Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

„Ja, und nochmals ja!“

„Jeder einzelne von diesen unschuldigen Milliarden würde schreiend vor mir davonlaufen, wenn ich ihm zu nahe käme.“

„Na und? Dafür könnte er doch nichts! Aber sie sind dein Volk!“

„Und ich gehöre zu ihnen. Aber das schienen sie vergessen zu haben, als sie mich davonjagten.“

„Du führst dich auf wie ein ungezogenes Kind.“

„Nein, das tue ich nicht. Andererseits habe ich auch gar nicht vor, artig zu sein. Angenommen, ich könnte das Schicksal der Menschheit auch nur geringfügig ändern, wenn ich als Botschafter zu diesen Radiowesen ginge — und ich bin ganz und gar nicht überzeugt davon-, dann würde es mir höchste Genugtuung bereiten, meine Aufgabe zu vermasseln. Ich bin dir sehr dankbar für deine Warnung. Jetzt, da ich genau weiß, was hier gespielt wird, habe ich die Entschuldigung, nach der ich so lange gesucht habe. Ich entziehe mich meiner Pflicht. Ich kenne hier weit über tausend Stellen, wo einem ein rascher und wahrscheinlich auch weitgehend schmerzfreier Tod beschert wird. Danach kann Charles Boardman sich höchstpersönlich zu den Fremden bemühen und ihnen was vormachen. Ich jedenfalls…“