Schah an.
Alä runzelte die Stirn, als er von neunhundert Soldaten hörte, denn nach der Aussage der Spione hatte er mit weit weniger Verteidigern in Mansura gerechnet. Doch er ließ sich nicht abschrecken. »Wenn wir sie überraschen können, haben wir den Vorteil auf unserer Seite.« Rob und Mirdin zeichneten die Einzelheiten der Befestigungsbauten und die Lage der Elefantengehege mit Stöcken in den Sand, während der Schah aufmerksam zuhörte und seinen Plan vorbereitete. Die Soldaten hatten sich den ganzen Vormittag um ihre Ausrüstung gekümmert, die Geschirre eingeölt und die Klingen geschliffen, bis sie fehlerlos waren. Die Elefanten bekamen Wem in die Eimer. »Nicht viel. Nur so viel, daß sie ungeduldig und kampflustig sind«, erklärte Harsha. »Sie bekommen ihn nur vor einer Schlacht.« Die Tiere schienen dies zu verstehen. Sie bewegten sich ruhelos, und ihre mahouts mußten auf der Hut sein, während die Rüstungen der Elefanten ausgepackt, ausgelegt und angeschnallt wurden. Besondere, lange Schwerter mit Fassungen statt Griffen wurden an den Stoßzähnen befestigt, und zu dem Eindruck der brutalen Kraft dieser Tiere gesellte sich lebensbedrohende Gefährlichkeit.
Als Alä der gesamten Streitmacht den Marschbefehl erteilte, setzte hektische Betriebsamkeit ein. Der Stoßtrupp marschierte sehr langsam die Gewürzstraße entlang, denn die richtige zeitliche Abstimmung war ausschlaggebend, und Alä wollte, daß sie bei Tagesende in Mansura eintrafen. Keiner sprach. Sie trafen nur ein paar Unglückliche, die sofort ergriffen, gefesselt und von Fußsoldaten bewacht wurden, damit sie niemanden warnen konnten. Als sie die Stelle auf der Straße erreichten, an der Rob die Juden aus Ahwaz zuletzt gesehen hatte,
dachte er an die hier in der Nähe versteckten Männer, die dem Hufschlag der Tiere, dem Marschtritt der Soldaten und dem leisen Klirren der Elefantenrüstungen lauschten.
ßei Einbruch der Dämmerung verließen sie den Wald, und im Schutz der Dunkelheit verteilte Alä seine Streitkräfte entlang der Hügelkuppe. Hinter jedem Elefanten, auf dem vier Bogenschützen Rücken an Rücken saßen, befanden sich Männer mit Schwertern auf Kamelen und Pferden, und hinter der Kavallerie folgten Fußsoldaten mit Lanzen und Krummsäbeln.
Auf ein Signal hin setzten sich zwei Elefanten, die keine Rüstung, sondern nur ihre mahouts trugen, in Bewegung. Die Soldaten auf dem Hügel beobachteten, wie sie langsam im friedlichen Dämmerlicht hinabstiegen. Vor ihnen flackerten im Dorf die Kochfeuer, an denen die Frauen das Abendessen zubereiteten.
Als die beiden Elefanten die Palisade erreichten, drückten sie die Köpfe an die Holzpfosten. Der Schah hob den Arm. Die Elefanten machten einen Schritt. Es krachte und dröhnte, als die Palisade umstürzte. Nun senkte der Schah seinen Arm, und die Perser setzten sich in Bewegung. Die Elefanten liefen angriffslustig den Hügel hinunter. Hinter ihnen begannen die Kamele und Pferde zu traben, dann zu galoppieren. Aus dem Dorf ertönten die ersten gedämpften Schreie.
Rob hatte sein Schwert gezogen und benutzte es, um Biest auf die Flanken zu schlagen, aber die Stute mußte nicht angetrieben werden. Zuerst hörte man nur das schnelle Dröhnen der Hufe und das Geklirr der Elefantenpanzer, dann drang aus sechshundert Kehlen der Schlachtruf, die Tiere stimmten ein, die Kamele brüllten, und die Elefanten trompeteten wild und schrill.
, Robs Nackenhaare sträubten sich, und er heulte wie ein Tier auf, als Alä Shahansbas Angreifer sich auf Mansura stürzten.
Der indische Schmied
Rob prägten sich nur flüchtige Eindrücke ein, als sähe er eine Reihe von Zeichnungen. Sein Kamel bahnte sich im Galopp seinen Weg durch die zersplitterte Palisade. Als er die Garnison erreichte, war bereits eine erbitterte Schlacht im Gang. Die Inder kämpften zu Fuß aber sie kannten sich mit Elefanten aus und wußten, wie man sie angreift. Fußsoldaten mit langen Spießen versuchten, den Elefanten die Augen auszustechen. Bei einem der ungepanzerten Elefanten, der die Palisade eingedrückt hatte, waren sie erfolgreich.
Der mahout war nicht mehr zu sehen, er war zweifellos tot. Das Tier hatte beide Augen verloren, zitterte und schrie jämmerlich.
Rob starrte in ein wutverzerrtes braunes Gesicht, sah ein geschwungenes Schwert, die herabsausende Klinge. Er wußte nachher nicht, daß er sein Breitschwert wie eine dünne französische Klinge gebraucht hatte. Er stieß einfach zu, und die Spitze drang dem Inder in die Kehle. Der Mann stürzte zu Boden, und Rob wandte sich einer Gestalt zu, die auf der anderen Seite seines Kamels auf ihn eindrang. Er schlug zu. Einige Inder kämpften mit Äxten und Krummsäbeln. Sie versuchten vor allem, die Elefanten außer Gefecht zu setzen, indem sie auf die Rüssel oder auf die mächtigen Beine einschlugen, aber es war ein ungleicher Kampf. Die Elefanten griffen an, zornig hatten sie die Ohren wie Segel ausgebreitet. Sie bogen ihre Rüssel nach innen, rollten sie unter den Stoßzähnen mit den tödlichen Schwertern zusammen, drängten vorwärts wie rammende Kriegsschiffe und gingen gegen die Inder in Attacken vor, die viele zu Boden warfen. Die riesigen Tiere hoben ihre Füße hoch wie bei einem wilden Tanz und stampften so heftig auf, daß die Erde bebte. Männer, die unter die stampfenden Füße gerieten, wurden zermalmt wie zerquetschte Trauben. Rob war in einer Hölle des Mordens gefangen, die voll schrecklicher Geräusche war: Stöhnen, Trompeten, Geschrei, Flüche, Geheul, das Jammern der Sterbenden. Da der Elefant des Schahs das größte Tier und königlich herausgeputzt war, zog er mehr Angreifer auf sich als alle anderen. Khuff kämpfte in der Nähe seines Schahs, er hatte sein Pferd verloren, schwang sein schweres Schwert, wirbelte es über seinem Kopf und brüllte wilde Flüche und Verwünschungen. Alä saß auf dem Elefanten und benutzte den Langbogen. Als Rob auf dem Kamel einem Lanzenträger nachjagte, der pariert hatte und davonlief, erblickte er Mirdin zu Fuß. Sein Freund hatte einen Verwundeten unter den Armen gepackt und schleppte ihn, ohne sich um seine Umgebung zu kümmern, aus dem Kampfgetümmel. Der Anblick war wie ein Guß mit Eiswasser. Rob blinzelte, riß an den
Zügeln des Kamels und glitt von Biest herunter, bevor das Tier kniete. Er lief zu Mirdin und half ihm, den Verletzten zu tragen, der infolge einer Wunde am Hals schon grau im Gesicht war. Von da an vergaß Rob das Töten und arbeitete als Wundarzt.
Die beiden Feldschere brachten die Verwundeten in ein Dorfhaus, während das Gemetzel weiterging. Sie konnten nicht viel mehr tun, als die Verwundeten einzusammeln, denn ihre sorgfältig vorbereiteten Vorräte für die Verarztung befanden sich auf den Rücken von einem halben Dutzend versprengter Esel, und nun hatten sie weder Opium noch Öl noch die großen Bündel von sauberen Lappen. Wenn sie etwas brauchten, um pulsierendes Blut zu stillen, schnitten Rob oder Mirdin einfach ein Stück von der Kleidung eines Toten ab. Bald wurde aus dem Kampf ein Massaker. Die Inder waren überrascht worden, so daß sich nur die Hälfte im Besitz von Waffen befand, während die anderen mit Stöcken und Steinen auf die Angreifer losgingen. Sie wurden mühelos überwunden, doch die meisten kämpften verzweifelt, weil sie genau wußten, daß sie, wenn sie sich ergaben, die schmähliche Hinrichtung oder das Leben als Sklaven oder Eunuch in Persien erwartete.
In einem verlassenen Haus fand Rob Lampen, und in anderen entdeckte er Öl und Lappen, und er brachte alles zu den Verwundeten. Als der Kampf spät nachts vorbei war, töteten die persischen Krieger alle feindlichen Verwundeten. Nun begann das Plündern und Vergewaltigen. Rob, Mirdin und eine Handvoll Soldaten suchten das Schlachtfeld mit Fackeln ab. Sie ließen die Toten oder die, die schon im Sterben lagen, dort, wo sie waren, und suchten Perser, die sie vielleicht noch retten konnten. Bald fand Mirdin zwei ihrer wichtigen Packesel, und die Feldschere begannen bei Lampenlicht, die Wunden mit heißem Öl zu behandeln, zu nähen und zu verbinden.