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»Ich habe ein neues Tier. Willst du es dir ansehen?« »Warum nicht?« sagte der Bader. Er fuhr den Wagen unter einen Baum und ließ das Pferd grasen, während sich die Menge versammelte. Chelmsford war ein großes Dorf, und es gab ein gutes Publikum. »Hast du schon einmal gerungen?« fragte der Bader Rob. Der nickte. Er war ein begeisterter Ringkämpfer; es war in London der tägliche Sport der Jungen aus der Arbeiterklasse. Wat begann seinen Auftritt auf die gleiche Art wie der Bader, indem er jonglierte. Er jonglierte gekonnt, fand Rob, aber im Geschichtenerzählen konnte er sich nicht mit dem Bader messen, und die Leute lachten auch seltener. Aber sie liebten den Bären. Der Käfig stand im Schatten und war mit einer Decke zugedeckt. Die Menge murmelte, als Wat die Abdeckung wegzog. Rob hatte schon einmal einen dressierten Bären gesehen. Als er sechs Jahre alt war, hatte ihn sein Vater zu einem solchen Tier mitgenommen, das vor Swanns Inn seine Künste zeigte und das ihm riesig erschienen war. Als Wat seinen Bären, der einen Maulkorb trug, an einer langen Kette auf das Podium führte, wirkte der kleiner. Er war kaum größer als ein großer Hund, aber er wirkte überaus geschickt. »Bartram der Bär!« kündigte Wat an.

Der Bär legte sich auf den Boden und tat auf Befehl, als wäre er tot. Dann rollte er einen Ball herum, er kletterte eine Leiter rauf und runter, und während Wat auf einer Flöte spielte, tanzte er einen beliebten Holzschuhtanz, den Carol, drehte sich dabei tollpatschig, statt herumzuwirbeln, ergötzte aber die Zuschauer so sehr, dass sie jede Bewegung des Tieres beklatschten.

»Und jetzt«, verkündete Wat, »wird Bartram mit jedem Herausforderer ringen. Wem es gelingt, ihn zu werfen, der bekommt kostenlos einen Tiegel mit Wats Salbe, dem wunderbarsten Heilmittel zur Erleichterung menschlicher Leiden.« Die Leute murmelten belustigt, doch niemand trat vor. »Kommt vor, ihr Ringer!«

forderte Wat sie heraus. Die Augen des Baders funkelten. »Hier ist ein Bursche, der keine Angst hat«, sagte er laut.

Zu Robs Überraschung und großer Besorgnis wurde er nach vorn gestoßen. Bereitwillige Hände halfen ihm auf das Podium. »Mein Lehrling gegen deinen Bären, Freund Wat«, rief der Bader. O Mann! dachte Rob wie betäubt.

Es war ein wirklicher Bär. Er schwankte auf den Hinterbeinen und legte seinen großen, pelzigen Kopf schief.

Das war kein Hund, kein Spielgefährte aus der Carpenter's Street. Rob bemerkte massige Schultern und kräftige Gliedmaßen, und sein Instinkt riet ihm, vom Podium herunterzuspringen und zu fliehen. Aber damit würde er sich dem Bader widersetzen und alles in Frage stellen, was dieser Mann für sein Dasein bedeutete. Er entschied sich für die schwierigere Lösung und stellte sich der Bestie.

Mit klopfendem Herzen umkreiste er den Bären. Er bewegte dabei die ausgestreckten Hände vor sich, wie er es oft bei älteren Ringern gesehen hatte. Vielleicht machte er es nicht ganz richtig, denn jemand kicherte, und der Bär schaute in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Rob versuchte zu vergessen, dass sein Gegner kein Mensch war, und handelte, wie er es im Kampf gegen einen anderen Jungen getan hätte: Er stürzte sich auf Bartram und versuchte, ihn aus dem Gleichgewicht zu stemmen, doch es war, als versuche er, einen großen Baum auszureißen.

Bartram hob eine Tatze und schlug träge zu. Dem Bären waren zwar die Krallen gestutzt worden, aber der Schlag warf Rob nieder und halb vom Podium hinunter. Jetzt hatte er mehr als Angst; er wusste, dass er nichts tun konnte, und wäre gern geflohen, aber Bartram bewegte sich unerwartet schnell und erwartete ihn schon. Als Rob auf die Beine kam, umschlangen ihn die Vordertatzen. Sein Gesicht wurde in das Bärenfell gedrückt, das ihn in Nase und Mund drang. Er erstickte in dem schmutzigen, schwarzen Fell, das genauso roch wie der Pelz, mit dem er sich nachts zudeckte. Der Bär war nicht ganz ausgewachsen, Rob freilich auch nicht. Er wehrte sich und blickte plötzlich in kleine, verzweifelte, rote Augen über sich. Rob wurde klar, dass der Bär die gleiche Angst hatte wie er, aber das Tier hatte die Oberhand und nützte sie aus. Bartram konnte nicht beißen, aber er hätte es sicherlich getan; so bohrte er den ledernen Maulkorb in Robs Schulter, und sein Atem ging heftig und stank.

Wat langte nach einem kleinen Griff am Halsband des Tieres. Er berührte ihn kaum, doch der Bär wimmerte und duckte sich. Er ließ Rob los und fiel auf den Rücken. »Halte ihn fest, du Dummkopf!« flüsterte Wat.

Rob warf sich nieder und berührte das schwarze Fell bei den Schultern. Niemand ließ sich täuschen, und einige Leute spotteten sogar, aber die Menge war unterhalten worden und guter Laune. Wat führte Bartram in den Käfig und kehrte dann zurück, um Rob, wie versprochen, mit einem kleinen Tiegel Salbe zu belohnen. Alsbald schilderte der Unterhalter die vielen Bestandteile seiner Salbe und deren Anwendungen. Rob ging mit weichen Knien zum Wagen.

»Du hast dich gut gehalten«, lobte ihn der Bader. »Hast dich sofort auf ihn gestürzt. Ein bisschen Nasenbluten?«

Rob schnupfte und wusste, dass er Glück gehabt hatte. »Die Bestie wollte mir an den Kragen«, beschwerte er sich.

Der Bader schüttelte grinsend den Kopf. »Hast du den kleinen Griff an seinem Halsband bemerkt? Es ist ein Würgehalsband. Mit dem Griff wird das Halsband zugezogen und dem Tier die Luft abgeschnitten, wenn es nicht gehorcht. So wird der Bär dressiert.« Er half Rob auf den Kutschbock, nahm dann ein wenig Salbe aus dem Tiegel und rieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger. »Talg und Schmalz und eine Spur Parfüm. Und er verkauft nicht wenig davon«, meinte er, während er sah, wie sich eine Schlange von Käufern bildete, um Wat ihre Pennies aufzudrängen. »So ein Tier garantiert Wohlstand. Es gibt Belustigungen, bei denen Murmeltiere, Ziegen, Krähen, Dachse und Hunde im Mittelpunkt stehen, sogar Eidechsen. Und für gewöhnlich bringt dergleichen mehr Geld, als wenn ich allein arbeite.« Das Pferd gehorchte den Zügeln, schlug den Weg in die Kühle der Wälder ein und ließ Chelmsford und den ringenden Bären hinter ihnen. Rob zitterte innerlich immer noch. Er dachte nach. »Warum verwendet Ihr dann kein Tier?« fragte er langsam. Der Bader drehte sich zur Seite. Er richtete seine freundlichen, blauen Augen auf Rob, und sie schienen mehr auszudrücken als sein lächelnder Mund. »Ich hab' doch dich«, antwortete er.

Die farbigen Bälle

Sie begannen mit dem Jonglieren, und Rob wusste von Anfang an, dass er dieses wunderliche Kunststück nie erlernen würde. »Steh aufrecht, aber entspannt, lass die Hände herunterhängen! Hebe die Unterarme, bis sie parallel zum Boden sind! Dreh die Handflächen nach oben!« Der Bader beobachtete ihn kritisch und nickte dann. »Du musst dir vorstellen, dass ich dir eine Schale mit Eiern auf die Handflächen gestellt habe. Die Schale darf keinen Augenblick schiefstehen, sonst rollen die Eier hinunter. Mit dem Jonglieren ist es das gleiche. Wenn deine Arme nicht in dieser Haltung bleiben, werden die Bälle auf dem Boden herumkullern. Verstanden?«

»Ja, Bader.« Aber er hatte ein ungutes Gefühl im Magen. »Mach hohle Hände, als wolltest du aus ihnen Wasser trinken!« Er nahm zwei Holzbälle, legte den roten Ball in Robs rechte Hand und den blauen in die linke. »Jetzt wirf sie hoch wie ein Jongleur, aber gleichzeitig!«

Die Bälle flogen über Robs Kopf und fielen dann zu Boden. »Gib acht! Der rote Ball ist höher gestiegen, weil du im rechten Arm mehr Kraft besitzt als im linken. Du musst daher lernen, das auszugleichen, weniger Kraft in der rechten Hand einzusetzen und mehr in der linken, denn die Wurfhöhe muss gleich sein. Die Bälle sind außerdem zu hoch gestiegen. Ein Jongleur hat schon genug zu tun, ohne dass er auch noch den Kopf in den Nacken legen und in die Sonne hinaufblicken muss, um zu sehen, wo die Bälle hingeflogen sind. Die Bälle sollten nicht höher steigen als bis hierher.« Er berührte Robs Haaransatz. »So siehst du sie, ohne den Kopf zu bewegen.«