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Er ergriff ihre Hände und hielt sie fest. »Du Närrin!«

»Komm nicht nach deinen persischen Huren zu mir!«

Ihm wurde klar, daß es das Parfüm sein mußte. »Ich verwende es, weil ich im maristan Tiere seziert habe.«

Einen Moment lang schwieg sie, versuchte jedoch, sich zu befreien. Er spürte den vertrauten Körper an dem seinen, während sie sich wehrte, und der Duft ihres roten Haares stieg ihm in die Nase.

»Mary!«

Sie beruhigte sich; vielleicht lag es an seiner Stimme. Als er sie küßte, hätte es ihn nicht überrascht, wenn sie ihn in die Lippen oder in den Hals gebissen hätte, doch sie tat nichts dergleichen. Er brauchte einen Augenblick, bis er begriff, daß sie seinen Kuß erwiderte. Er ließ ihre Hände los, und es tat ihm unendlich wohl, ihre Brüste berühren zu können, deren Warzen steif waren, aber nicht wie bei den Toten. Er konnte nicht unterscheiden, ob sie weinte oder nur erregt war, sie stöhnte leise. Er kostete ihre milchigen Brustwarzen und saugte an ihrem Nabel.

Als er in sie eindrang, bewegten sie sich gegeneinander wie klatschende Hände, stießen und schlugen, als versuchten sie, etwas zu zerstören, dem sie nicht gewachsen waren. Sie trieben den djinni aus, den Dämon. Ihre Nägel bohrten sich in seinen Rücken, als sie sich ihm entgegenwarf. Nur das leise Stöhnen und Klatschen der Paarung war zu hören, bis sie endlich aufschrie. Gleich darauf schrie er auf, dann brüllte Tarn, und Rob James erwachte schreiend. Alle vier lachten oder weinten, die Erwachsenen taten beides zugleich. Schließlich kehrte wieder Ruhe ein. Der kleine Rob James schlief ein, der Säugling wurde an die Brust genommen, und während sie ihn stillte, erzählte sie Rob, wie Ibn Sina zu ihr gekommen war und ihr geraten hatte, was sie tun müsse. Und so hörte er, wie seine Frau und der alte Mann ihm das Leben gerettet hatten.

Er war überrascht und erschüttert, als er von Ibn Sinas Eingreifen hörte. Was den Rest betraf, entsprach dieser ungefähr dem, was er angenommen hatte, und nachdem auch Tarn eingeschlafen war, schloß er sie in seine Arme und schwor ihr, daß sie auf ewig die einzige für ihn sei. Er strich ihr rotes Haar glatt und küßte ihren weißen Nacken, an den sich keine Sommersprossen wagten. Als sie einschlummerte, starrte er zur dunklen Decke hinauf.

Tarn sah Robs verschwundenem Bruder William Stewart erstaunlich ähnlich. Vor und nach der Zeit, die er in Ibn Sinas Auftrag in Idhaj verbracht hatte, hatte er mit Mary oft geschlafen. Wer konnte sagen, ob Tarn nicht die Frucht seines eigenen Samens war? Einige Wochen später liebten er und Mary einander zärtlich und liebevoll.

Bei aller Entspannung war es aber nicht das gleiche wie einst. Alles unterliegt dem Wandel, wurde ihm klar. Sie war nicht mehr die junge Frau, die ihm so vertrauensvoll ins Weizenfeld gefolgt war, und er war nicht mehr der junge Mann, der sie dorthin geführt hatte. Und das war nicht die kleinste der Schulden, die er Alä Shabansba unbedingt zurückzahlen wollte.

Der durchsichtige Mann

Im Osten erhob sich eine Staubwolke von solchen Ausmaßen, daß die Beobachtungsposten mit Bestimmtheit eine riesige Karawane oder

vielleicht sogar mehrere große zu einem einzigen Zug vereinigte Karawanen erwarteten.

Statt dessen näherte sich der Stadt eine Armee. Als sie die Tore erreichte, konnte man erkennen, daß die Soldaten Afghanen aus Ghazna waren. Sie lagerten außerhalb der Mauern, und ihr Befehlshaber, ein junger Mann, der ein blaues Gewand und einen schneeweißen Turban trug, ritt in Begleitung von vier Offizieren nach Isfahan hinein. Niemand hielt ihn auf. Aläs Heer war nach Hamadhän gezogen, und die Tore wurden von einer Handvoll älterer Soldaten bewacht, die beim Herannahen des fremden Heeres verschwunden waren, so daß Sultan Masüd — um ihn handelte es sich - unangefochten in die Stadt einritt. Vor der Freitagsmoschee stiegen die Afghanen ab und traten ein, wobei sie sich der Gemeinde der Gläubigen beim dritten Gebet anschlössen, um sich dann mehrere Stunden lang mit dem Imam Musa Ibn Abbas und seinen mullahs zurückzuziehen. Die meisten Einwohner von Isfahan hatten Masüd nicht gesehen, aber als sich die Anwesenheit des Sultans herumsprach, waren Rob und al-Juzjani unter jener Menge, die auf die Mauer hinaufstieg und auf die Soldaten von Ghazna hinunterblickte. Es waren kräftige Männer in zerlumpten Hosen und langen, losen Hemden, die diszipliniert und ohne Gewalttätigkeiten warteten, während ihr Anführer sich in der Moschee aufhielt. Rob fragte sich, ob sich jener Afghane unter ihnen befand, der sich beim chatir so wacker gegen Karim gehalten hatte.

»Was kann Masüd von den mullahs wollen?« fragte er al-Juzjam. »Zweifellos haben ihm seine Spione von Aläs Schwierigkeiten mit der Geistlichkeit berichtet. Er hat bestimmt vor, bald hier zu herrschen, und er verhandelt deshalb mit den mullahs, um sich ihres Segens und Gehorsams zu versichern.«

Vermutlich war es so, denn Masüd und seine Offiziere kehrten bald zu ihren Truppen zurück, und es kam zu keiner Plünderung. Der Sultan war jung, kaum älter als ein Knabe, aber er und Alä hätten verwandt sein können: Sie hatten das gleiche stolze, grausame Raubvogelgesicht. Er nahm den sauberen weißen Turban ab, der dann sorgfältig verstaut wurde, und setzte einen schmutzigen schwarzen Turban auf, bevor er sich wieder in Marsch setzte.

Die Afghanen ritten nach Norden, sie folgten der Route von Aläs Heer.

»Der Schah hat sich geirrt, als er annahm, sie würden über Hamadhän kommen.«

»Ich glaube, daß sich die Hauptmacht aus Ghazna bereits in Hamadhän befindet«, sagte al-Juzjani langsam.

»Jedenfalls macht es keinen Unterschied, ob Alä Masüd besiegt oder Masüd Alä. Wenn der Imam Qandrasseh wirklich die Seldschuken gegen Isfahan führen will, werden letzten Endes weder Masüd noch Alä die Oberhand behalten. Die Seldschuken sind schreckliche Krieger und so zahlreich wie der Sand am Meer.«

»Was wird aus dem maristan, wenn die Seldschuken kommen oder Masüd die Stadt einnimmt?«

Al-Juzjani zuckte mit den Achseln. »Das Krankenhaus wird wohl für einige Zeit geschlossen werden, und wir werden uns zunächst alle verstecken müssen. Dann werden wir aus unseren Löchern hervorkriechen, und das Leben wird weitergehen wie zuvor. Ich habe mit unserem Meister einem halben Dutzend Königen gedient.

Monarchen kommen und gehen, aber die Welt braucht weiterhin Ärzte.«

Rob bat Mary um Geld für das Buch, und »Der Kanon der Medizin« wurde sein Eigentum. Wenn er das Exemplar in der Hand hielt, war er von Ehrfurcht erfüllt, doch er verbrachte nicht allzuviel Zeit mit dem Lesen, denn Qasims Kammer zog ihn magisch an. Er sezierte mehrere Nächte in der Woche und begann, sein Zeichenmaterial zu verwenden. Er wollte noch mehr tun, war aber dazu nicht imstande, weil er ein Mindestmaß an Schlaf brauchte, um während des Tages im maristan zuverlässig zu sein.

In einer der Leichen, die er untersuchte - es handelte sich um einen jungen Mann, der bei einer Wirtshausrauferei erstochen worden war-, fand er den kleinen Wurmfortsatz vergrößert. Die Oberfläche war gerötet und rauh, und er nahm an, daß er das früheste Stadium der Seitenkrankheit vor sich hatte, während dem der Kranke die ersten, zeitweise auftretenden stechenden Schmerzen empfand. Nun konnte er sich ein Bild vom Verlauf der Krankheit vom Beginn bis zum Tod machen, und er schrieb in sein Patientenbuch: Die perforierende Seitenkrankheit wurde bei sechs Patienten beobachtet, die alle gestorben sind. Das erste deutliche Symptom der

Krankheit ist ein plötzlich eintretender Schmerz im Unterleib. Der Schmerz ist für gewöhnlich intensiv und in seltenen Fällen schwächer. Gelegentlich wird er von Schüttelfrost, aber öfter von Übelkeit und Erbrechen begleitet. Dem Schmerz im Unterleib folgt Fieber als nächstes gleichbleibendes Symptom. Beim Abtasten des rechten Unterbauches ist eine abgegrenzte Resistenz spürbar, wobei das ganze Gebiet oft druckempfindlich ist und die Bauchmuskeln angespannt und starr sind. Der Zustand wird von einem Fortsatz des Blinddarms hervorgerufen, der Ähnlichkeit mit einem dicken, rosa Wurm besitzt. Wenn dieses Organ entzündet oder infiziert ist, färbt es sich rot und dann schwarz, füllt sich mit Eiter und platzt schließlich, wobei sich sein Inhalt in die Bauchhöhle ergießt. In diesem Fall tritt der Tod rasch ein, für gewöhnlich innerhalb eines Zeitraums von einer halben Stunde bis zu sechsunddreißig Stunden nach dem Einsetzen des hohen Fiebers.