»Danke, Bader«, erwiderte Rob mit stillem Jubel. Schließlich kehrten seine Gedanken wieder zu anderen Dingen zurück. »Glaubt Ihr, dass er dem Schreiber sein Augenlicht wiedergeben wird?«
Der Bader hob die Schultern. »Ich habe von dieser Operation gehört. Wenige sind imstande, sie durchzuführen, und ich bezweifle, dass der Jude das kann. Aber Menschen, die Christus getötet haben, fällt es nicht schwer, einen Blinden zu belügen.« Der Bader trieb das Pferd an, denn die Stunde der Abendmahlzeit rückte näher.
Die Anprobe
Als sie in Exmouth ankamen, war das zwar nicht wie eine Heimkehr, aber Rob fühlte sich viel weniger einsam als früher. Das kleine Haus am Meer war vertraut und heimelig. Der Bader strich mit der Hand über den großen Kamin mit seinen Kochgeräten und seufzte. Wieder war Rob aus seinen Kleidern herausgewachsen. »Das Wachstum deiner Knochen macht mich noch arm«, klagte der Bader und gab Rob einen Ballen braunen Wollstoff, den er auf dem Jahrmarkt in Salisbury gekauft hatte. »Ich werde mit dem Wagen und Tatus nach Athelny fahren, um Käse und Schinken auszusuchen, und dort im Gasthaus übernachten. Während ich fort bin, musst du den Brunnen von Blättern säubern und beginnen, das Brennholz für den Winter zu hacken. Aber bring diesen Wollstoff trotzdem zu Editha Lipton und bitte sie, für dich zu nähen. Du erinnerst dich doch noch an den Weg zu ihrem Haus?«
Rob nahm den Stoff und dankte ihm. »Ich weiß, wo sie wohnt.« »Man muss die neuen Sachen weiter und länger machen«, brummte der Bader noch. »Richte ihr aus, sie soll genügend Einschlag lassen, den man auslassen kann!«
Er hatte den Stoff gegen den kalten Regen, der offenbar in Exmouth im Winter vorherrschte, in ein Schaffell gewickelt. Den Weg kannte er.
Vor zwei Jahren war er manchmal an ihrem Haus vorbeigegangen und hatte auf einen Blick von ihr gehofft.
Sie kam auf sein Klopfen sofort zur Tür. Er ließ das Bündel beinahe fallen, als sie seine Hände ergriff und ihn aus der Nässe zu sich hineinzog.
»Rob! Lass dich ansehen! Ich hätte nie geglaubt, dass du dich so veränderst in diesen Jahren!«
Er wollte ihr sagen, dass sie sich kaum verändert hatte, doch er blieb stumm. Aber sie deutete seinen Blick richtig. »Ich bin inzwischen alt und grau geworden«, meinte sie leichthin.
Er schüttelte den Kopf. Ihr Haar war noch immer schwarz, und sie war in jeder Hinsicht genauso, wie er sie m Erinnerung behalten hatte.
Sie kochte Pfefferminztee, er fand seine Stimme wieder und erzählte ihr eifrig und ausführlich, wo sie gewesen waren und was er erlebt hatte.
»Was mich betrifft«, berichtete sie, »geht es mir jetzt besser als damals.
Die Zeiten haben sich geändert, und jetzt sind die Leute wieder in der Lage, neue Kleider zu bestellen.«
Dies erinnerte ihn an den Grund seines Kommens. Er schlug das
Schaffell zurück und zeigte ihr den Stoff, den sie als gutes Wolltuch bezeichnete. »Ich hoffe, es wird reichen«, meinte sie besorgt, »denn du bist jetzt größer als der Bader.« Sie holte ihr Messband und maß die Breite seiner Schultern, seinen Taillenumfang und die Länge seiner Arme und Beine. »Ich werde dir eine enge Hose, einen losen Kittel und einen Umhang nähen, und du wirst prächtig ausstaffiert sein.«
Er nickte und stand auf, hatte aber noch keine Lust zu gehen.
»Erwartet dich denn der Bader?«
Er erklärte, dass der Bader unterwegs war, und sie winkte ihn zurück.
»Es ist Essenszeit. Ich kann dir zwar nicht dasselbe bieten wie er, aber du kannst mein ländliches Mahl mit mir teilen.«
Sie nahm einen Laib Brot aus dem Schrank und schickte ihn in den Regen hinaus zu ihrem kleinen Kühlhaus, um ein Stück Käse und einen Krug frischen Apfelwein zu holen. Als er zurückkam, schnitt er den Käse und das Gerstenbrot in Scheiben und steckte sie auf Spieße, um über dem Feuer Käsetoast zuzubereiten. Sie lächelte.
»Dieser Mann hat dir für alle Zeiten seinen Stempel aufgedrückt.« Er erwiderte das Lächeln. »In einer solchen Nacht ist es vernünftig, warm zu essen.«
Sie aßen und tranken, dann plauderten sie freundschaftlich. Er legte Holz ins Feuer, das zu zischen und zu dampfen begonnen hatte, weil der Regen durch das Rauchloch hereinfiel. »Das Wetter wird immer schlimmer«, stellte sie fest. »Ja.«
»Es wäre Unsinn, bei einem solchen Wetter im Dunkeln heimzugehen.«
Er war schon durch dunklere Nächte und tausendmal schlimmere Regenfälle gewandert. »Es sieht nach Schnee aus«, meinte er. »Dann habe ich Gesellschaft.« »Ich bin dafür dankbar.«
Er ging wie betäubt mit dem Rest vom Käse und dem Apfelwein zum Kühlhaus hinaus und wagte nicht zu denken. Als er zurückkam, war sie im Begriff, das Kleid auszuziehen. »Am besten, du legst die nassen Sachen ab«, riet sie ihm und stieg ruhig im Hemd ms Bett. Er zog die feuchte Hose und den Kittel aus und breitete sie auf einer Seite des runden Herdes aus. Dann lief er nackt zum Bett und legte sich zitternd neben sie zwischen die Felle. »Kalt!« sagte er. Sie lächelte. »Du hast schon mehr gefroren. Als ich deinen Platz im Bett des Baders eingenommen habe.«
»Und ich in einer bitterkalten Nacht auf dem Boden schlafen musste. Ja, da war mir sehr kalt.«
Sie wandte sich ihm zu. »Armes, mutterloses Kind, dachte ich immer wieder. Ich hätte dich so gern ins Bett gelassen.« »Du hast mit der Hand meinen Kopf berührt.« Jetzt streichelte sie seinen Kopf, glättete sein Haar und drückte sein Gesicht an ihren weichen Busen. »Ich habe in diesem Bett meine Söhne im Arm gehalten.« Sie schloss die Augen. Dann schob sie das lose Hemd hinunter und gab ihm die schwere Brust.
Das lebendige Fleisch in seinem Mund erinnerte ihn an die vergessene warme Geborgenheit seiner Kindheit. Es prickelte hinter seinen Lidern.
Ihre Hand führte die seine. »Du musst es so machen.« Sie hielt die Augen geschlossen.
»Leicht und geduldig. Immer im Kreis, so wie du es machst«, sagte sie träumerisch.
Trotz der Kälte warf er die Decke zurück und schob ihr Hemd hinauf. Seine Augen betrachteten die Geheimnisse, die seine Finger erforscht hatten. Ihre Weiblichkeit war wie in seinem Traum, doch jetzt enthüllte ihm der Feuerschein die Einzelheiten.
»Schneller...« Sie wollte mehr sagen, doch er fand ihre Lippen. Es war nicht der Mund einer Mutter, und er merkte, dass sie mit ihrer gierigen Zunge etwas interessantes machte.
Flüsternd leitete sie ihn über sich und zwischen ihre kräftigen Schenkel. Dann war keine weitere Anleitung mehr erforderlich; instinktiv drang er in sie ein und stieß. Ihm wurde klar, dass Gott ein ausgezeichneter Zimmermann war, denn sie besaß ein heißes, glitschiges Loch und er den dazupassenden Zapfen.
Ihre Augen öffneten sich, und sie sah direkt zu ihm hoch. Ihre Lippen entblößten mit angespanntem Lächeln ihre Zähne, und sie stieß ein heiseres Röcheln aus, bei dem er gedacht hätte, dass sie im Sterben liege, wenn er nicht schon früher solche Laute gehört hätte. Jahrelang hatte er zugesehen und zugehört, wie andere Leute sich liebten: sein Vater und seine Mutter in dem kleinen, engen Haus und der Bader mit einer langen Reihe von Dirnen. Er war überzeugt gewesen, dass die Punze einen Zauber enthalten müsse, weil die Männer so sehr nach ihr verlangten. Außer sich entdeckte er in der höchsten Wonne den gewaltigen Unterschied zwischen Beobachtung und eigenem Erleben.
Am nächsten Morgen wurde Editha von einem Klopfen geweckt. Sie
tappte barfuss zur Tür und öffnete sie.
»Ist er fort?« flüsterte der Bader.
»Schon lange«, antwortete sie und ließ ihn ein. »Er ging als Mann zu Bett und erwachte als Junge. Er murmelte etwas davon, dass er den Brunnen reinigen müsse, und rannte davon.«
per Bader lächelte. »Ist alles gutgegangen?« Sie nickte gähnend und zu des Baders Überraschung verlegen.