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»Schön. Er war mehr als reif dafür. Es ist viel besser für ihn, bei dir freundlich aufgenommen zu werden, als eine grausame Erfahrung bei der falschen Frau zu machen.«

Sie sah zu, wie er Münzen aus seiner Börse nahm und sie auf den Tisch legte. »Nur für dieses eine Mal«, warnte er sie sachlich. »Sollte er dich wieder besuchen...«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin zur Zeit viel mit einem Schmied beisammen. Ein braver Mann, hat ein Haus in Exeter und drei Söhne. Ich glaube, er will mich heiraten.«

Er nickte. »Und hast du Rob davor gewarnt, meinem schlechten Vorbild zu folgen?«

»Ich habe ihm erzählt, wenn du trinkst, bist du oft roh und kein Mensch.«

»Ich erinnere mich nicht, dir diese Worte in den Mund gelegt zu haben.«

»Ich habe aus eigener Erfahrung gesprochen«, erklärte sie und hielt ruhig seinem Blick stand. »Ich habe auch deine Worte benützt, die du mir aufgetragen hast, und ihm gesagt, dass sein Meister sein Leben mit Trinken und billigen Frauen verplempert. Ich habe ihm geraten, wählerisch zu sein und nicht deinem Beispiel zu folgen.« Der Bader hörte ernst zu.

»Er wollte nicht zulassen, dass ich dich kritisiere«, erwähnte sie trocken. »Er findet, dass du ein vernünftiger Mann bist, wenn du nüchtern bist, ein ausgezeichneter Meister, der ihm gegenüber freundlich ist.« »Na, so was.«

Da sie sich mit dem Mienenspiel eines Mannes auskannte, merkte sie, dass er sich freute.

Er setzte den Hut auf und ging wieder. Während sie das Geld wegsteckte und ins Bett zurückkehrte, hörte sie ihn draußen pfeifen. Männer sind manchmal ein Trost und manchmal wie Tiere, aber sie bleiben immer ein Rätsel, dachte sie, während sie sich auf die Seite legte und wieder einschlief.

London I

Charles Bostock sah eher wie ein Stutzer aus als wie ein Kaufmann. Sein langes, blondes Haar hielten Bänder und Schleifen zurück, er war in roten Samt gekleidet, einen offenbar teuren Stoff, saß auf einem großen Schimmel und war von einem Trupp Bedienter umgeben, die zur Verteidigung gegen Räuber schwer bewaffnet waren. Er unterhielt sich vergnügt mit dem Bader, dem er erlaubt hatte, sich mit dem Wagen seiner Pferdekarawane anzuschließen, die Salz aus den Salzbergwerken bei Arundel beförderte.

»Ich besitze drei Lagerhäuser am Fluss und habe einige weitere gemietet. Wir Händler erschaffen ein neues London und sind deshalb dem König und dem ganzen englischen Volk von Nutzen.« Der Bader nickte höflich.

Dieser Aufschneider langweilte ihn, aber er war glücklich über die Gelegenheit, unter dem Schutz einer bewaffneten Eskorte nach London zu reisen, denn es ereigneten sich viele Verbrechen auf den Landstraßen, je näher man der Stadt kam. »Berichtet uns bitte, was es in der Stadt Neues gibt«, sagte der Bader, und Bostock erklärte sich überlegen dazu bereit. König Knut hatte dicht an der Ostseite der Westminsterabtei einen großen Königspalast gebaut. Der König dänischer Abstammung erfreute sich großer Beliebtheit, weil er ein neues Gesetz erlassen hatte, das jedem freien Engländer das Recht verlieh, auf seinem eigenen Grund zu jagen - ein Recht, das früher dem König und seinen Adeligen vorbehalten gewesen war. »Jetzt kann sich jeder Grundbesitzer einen Rehbock holen, als wäre er Monarch auf seinem Besitz.«

Knut war seinem Bruder Harold als König von Dänemark gefolgt und regierte nun dieses Land ebenso wie England. »Dies verleiht ihm die Herrschaft über die Nordsee«, meinte Bostock, »und er hat eine Flotte aus schwarzen Schiffen gebaut, die die Meere von Piraten säubern und England Sicherheit und den ersten wirklichen Frieden seit hundert Jahren bescheren.«

Rob hörte wenig von der Unterhaltung. Während sie zum Abendessen in Alton haltmachten, gab er mit dem Bader eine Vorstellung, mit der sie sich für den Schutz im Gefolge des Kaufmanns revanchierten. Bostock lachte schallend und klatschte beim Jonglieren wild Beifall. Er schenkte Rob zwei Pence. »Du wirst sie in der Haupt-Stadt, wo Betthäschen teuer sind, brauchen«, meinte er augenzwinkernd.

Sie lagerten auf dem Feld eines Bauern in Reading, kaum eine Tagesreise von Robs Geburtsstadt entfernt. In dieser Nacht schlief er nicht, er versuchte sich zu entscheiden, welches seiner Geschwister er als erstes besuchen solle.

Am nächsten Nachmittag trennten sie sich in Southwark von der Karawane, weil der Kaufmann dort Geschäfte abwickelte. Der Bader lenkte Tatus im dichten Verkehr über die London Bridge. Auf der anderen Flussseite herrschte ein solches Gewirr von Menschen und Tieren, dass sie mit dem Wagen nicht in die Thames Street einbiegen konnten, sondern geradeaus weiterfuhren, nach links in die Fenchurch Street einbogen, den Walbrook überquerten und dann über Kopfsteinpflaster zur Cheapside rumpelten. Rob konnte kaum ruhig sitzen bleiben, denn die alten Straßen mit den kleinen, verwitterten Holzhäusern hatten sich überhaupt nicht verändert. Sein Problem, welches der Geschwister er zuerst aufsuchen solle, wurde von selbst gelöst, denn sie kamen in die Newgate Street, in der sich die Bäckerei befand, also würde er Anne Mary als erste sehen. »Hier, halt!« rief er dem Bader zu und sprang vom Sitz, bevor Tatus stehen bleiben konnte.

Als er jedoch über die Straße lief, merkte er, dass es der Laden eines Händlers für Schiffsbedarf war. Verdutzt öffnete er die Tür und trat ein. Ein rothaariger Mann hinter dem Ladentisch blickte auf. »Was ist aus der Bäckerei geworden?« Der Ladenbesitzer zuckte mit den Achseln. »Wohnen die Haverhills noch im oberen Stockwerk?« »Nein, dort wohne jetzt ich. Ich habe gehört, dass hier früher ein Bäcker gewohnt hat.« Aber der Laden sei leer gewesen, als er das Haus vor zwei Jahren gekauft habe, erwähnte er, von Durman Monk, der weiter unten in der Straße wohne.

Rob ließ den Bader auf dem Wagen warten und suchte Durman Monk auf, einen einsamen alten Mann in einem Haus voller Katzen, der sich freute, sich mit jemandem unterhalten zu können. »Du bist also der Bruder der kleinen Anne Mary. Ich erinnere mich an sie, ein süßes, höfliches kleines Mädchen. Ich habe die Haverhills gut gekannt, und sie waren sehr angenehme Nachbarn. Sie sind nach Salisbury gezogen.« Der alte Mann streichelte eine getigerte Katze.

Robs Magen verkrampfte sich, als er das Zunfthaus betrat, das in jeder Einzelheit unverändert geblieben war. Ein paar Zimmerleute saßen herum und tranken, doch kein Gesicht befand sich darunter, das Rob gekannt hätte. »Ist Bukerei hier?«

Ein Zimmermann stellte seinen Krug hin. »Wer? Richard Bukerei?« »Ja. Richard Bukerei.« »Der ist vor zwei Jahren gestorben.« »Wer ist jetzt Zunftmeister der Zimmerleute?« »Luard«, antwortete der Mann kurz. »Du!«

rief er einem Lehrling zu. »Hole Luard! Da ist ein Junge, der ihn sprechen will.« Luard nickte gleichmütig, als Rob ihn nach dem Verbleib eines Zunftmitglieds fragte. Er blätterte einige Minuten in den Pergamentseiten eines großen Hauptbuches. »Da ist es«, stellte er schließlich kopfschüttelnd fest. »Ich habe einen abgelaufenen Vermerk über einen Schreiner namens Aylwyn, aber seit einigen Jahren ist keine Eintragung mehr erfolgt.«

Niemand in der Halle kannte Aylwyn oder wusste, warum er nicht mehr in dem Mitgliederverzeichnis stand.

»Manche ziehen fort und treten dann andernorts einer Zunft bei«, meinte Luard.

»Was ist mit Turner Hörne?« fragte Rob leise.

»Der Zimmermannsmeister? Er wohnt noch in dem gleichen Haus.« Rob seufzte erleichtert auf: Er würde wenigstens Samuel sehen können.

»Mister Cole«, fuhr Luard fort. »Turner Hörne ist Vorarbeiter einer Mannschaft, die ein Haus auf dem Edred's Hithe baut. Es wäre besser, wenn Ihr direkt dorthin geht und mit ihm sprecht.« »Ich kenne Edred's Hithe nicht.«

»Ein neuer Stadtteil. Kennt Ihr Queen's Hithe, den alten römischen Hafen bei der Flussmauer?« Rob nickte.

»Geht dorthin. Von dort wird Euch jeder den Weg zu Edred's Hithe zeigen können.«