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Verwirrt blickte er Rob an. »Was soll ich damit anfangen?«

»Die Priester sagen, dass man abgetrennte Körperteile bestatten muss, damit sie einen auf dem Friedhof erwarten, so dass man am Tag des Jüngsten Gerichts wieder vollständig im Fleische auferstehen kann.«

Der junge Mann dachte darüber nach, dann nickte er. »Ich danke dir, Baderchirurg.«

Waffen

Der Bader kam nicht auf die Idee, dass er und Rob je streiten könnten.

Der ehemalige Lehrling unterschied sich auch mit seinen siebzehn Jahren nicht von dem arbeitsamen, gefälligen Jungen, der er früher gewesen war.

Nur feilschte er wie ein Fischweib.

Am Ende seines ersten Gesellenjahres verlangte er einen Anteil von einem Zwölftel statt einem Zwanzigstel. Der Bader knurrte, erklärte sich aber dann damit einverstanden, weil er einsah, dass Rob ein höherer Lohn zustand.

Der Bader bemerkte auch, dass Rob von seinem Lohn kaum etwas ausgab, und er wusste, dass er sparte, um Waffen zu kaufen. In einer Winternacht versuchte ein Gärtner in der Kneipe von Exmouth Rob einen Dolch zu verkaufen.

»Was sagt Ihr dazu?« fragte Rob und reichte diesen dem Bader.

Es war die Waffe eines Gärtners. »Die Klinge ist aus Bronze und wird brechen. Der Griff geht vielleicht, aber ein so dick bemalter Griff könnte Mängel verbergen.«

Rob gab die billige Waffe zurück.

Als sie sich im Frühjahr auf den Weg machten, fuhren sie die Küste entlang, und Rob suchte die Hafenkais nach Spaniern ab, denn die besten stählernen Klingen kamen aus Spanien. Aber er hatte immer noch keine Waffe, als sie ins Landesinnere fahren mußten.

Im Juli waren sie im oberen Mercia. In der Gemeinde Blyth fanden sie eines Morgens Tatus steif und leblos auf dem Boden. Rob blickte traurig auf das tote Pferd, während der Bader seinen Gefühlen durch Fluchen Luft machte.

„Glaubt Ihr, dass er an einer Krankheit gestorben ist?« Der Bader zuckte mit den Achseln. »Gestern haben wir zwar noch kein Anzeichen bemerkt, aber er war alt. Er war schon nicht mehr jung, als ich ihn vor langer Zeit kaufte.«

Rob verbrachte einen halben Tag damit, eine Grube aufzuhacken und zu schaufeln, denn sie wollten nicht, dass Incitatus von Hunden und Krähen gefressen wurde. Während Rob die große Grube aushob, ging der Bader auf die Suche nach einem Ersatz. Er brauchte den ganzen Tag, und er wollte nicht sparen, denn ein Pferd war für sie lebenswichtig. Schließlich kaufte er eine dreijährige, noch nicht voll erwachsene braune Stute mit weißer Blesse.

»Sollen wir sie auch Incitatus nennen?« fragte er, aber Rob schüttelte den Kopf, und sie nannten sie einfach Stute. Sie war leichtfüßig, doch gleich am ersten Morgen verlor sie ein Hufeisen, und sie kehrten nach Blyth zurück, um sie frisch beschlagen zu lassen. Der Schmied hieß Durman Moulton, und sie trafen ihn dabei an, wie er an einem Schwert arbeitete, bei dessen Anblick ihre Augen zu glänzen begannen.

»Was kostet es?« fragte Rob, allzu eifrig, nach der Meinung des Baders.

»Es ist bereits verkauft«, erklärte der Schmied, erlaubte ihnen aber, es in die Hand zu nehmen und seine Ausgewogenheit zu prüfen. Es war ein breites englisches Schwert, vollkommen glatt, scharf, zuverlässig und zudem eine schöne Schmiedearbeit. Wenn der Bader jünger und nicht so klug gewesen wäre, hätte er in Versuchung geraten können, es zu erwerben.

»Wieviel verlangt Ihr für genau das gleiche Stück und einen dazu passenden Dolch?«

Der Gesamtpreis war höher als Robs Jahreslohn. »Und Ihr müßt eine Hälfte des Preises hinterlegen, wenn Ihr es bestellt«, sagte Moulton. Rob ging zum Wagen und kam mit einem Beutel zurück, aus dem er das Geld unverzüglich bezahlte. »In einem Jahr kommen wir wieder, um die Waffen zu holen und den Rest zu bezahlen«, kündigte er an. Der Schmied nickte und versprach, dass beides fertig sein würde.

Obwohl sie Tatus verloren hatten, wurde es eine erfolgreiche Saison, doch als sich diese dem Ende zuneigte, verlangte Rob ein Sechstel vom Erlös.

»Ein Sechstel von meinem Einkommen! Für einen grünen Jungen, der kaum siebzehn Jahre alt ist?« Der Bader war richtiggehend empört, doch Rob ertrug den Ausbruch gelassen und sagte nichts mehr.

Als der Tag ihrer alljährlichen Vereinbarung herankam, war es der Bader, der unruhig wurde und sich Sorgen machte, denn ihm war klar, wie sehr sich seine Lage dank seines Gesellen gebessert hatte.

Im Dorf Sempringham hörte er, wie eine Patientin ihrer Freundin

zuflüsterte: »Stell dich beim jüngeren Bader an, Eadburga, denn man erzählt sich, dass er einen hinter dem Wandschirm berührt. Er hat angeblich heilende Hände.«

Sie sagen auch, dass er eine Unmenge von dem Scheißspezificum

verkauft, erinnerte sich der Bader schmerzlich.

Aber es störte ihn nicht, dass vor dem Wandschirm des Jüngeren für gewöhnlich längere Menschenschlangen warteten. Rob war für einen Dienstgeber ein wahres Goldstück.

»Ein Achtel«, bot er Rob am entsprechenden Tag schließlich an.

Obwohl es ihm gegen den Strich ging, wäre er auch auf ein Sechstel hinaufgegangen, aber zu seiner Erleichterung nickte sein Geselle.

»Ein Achtel, das ist gerecht«, meinte Rob.

Der »Alte« war des Baders Gehirn entsprungen. Da er den unterhaltenden Teil der Vorstellung verbessern wollte, erfand er einen alten Lüstling, der das universelle Spezificum trinkt und daraufhin jeder Schürze nachläuft, die er sieht. »Und du musst ihn spielen.« »Ich! Ich bin doch zu groß. Und auch zu jung.« »Nein, du wirst ihn spielen«, sagte der Bader eigensinnig. »Denn ich bin so dick, dass jeder auf den ersten Blick sehen würde, um wen es sich handelt.«

Sie beobachteten lange alte Männer, wie sie sich unter Schmerzen • bewegten, welche Kleidung sie trugen, und sie hörten genau zu, wenn alte Leute sprachen.

»Stell dir vor, wie es ist, wenn du spürst, dass dein Leben zu Ende geht«, sagte der Bader. »Du glaubst, dass du bei einer Frau immer einen Steifen kriegen wirst. Denk daran, dass du alt wirst und es nicht mehr tun kannst.«

Sie fertigten eine graue Perücke und einen falschen grauen Schnurrbart an. Sie konnten keine Falten m Robs Gesicht zaubern, aber der Bader bedeckte es mit Salbe und täuschte eine gealterte, im Lauf der Jahre durch Sonne und Wind trocken und rissig gewordene Haut vor. Rob beugte seinen langen Körper vor und legte sich einen hinkenden Gang zu, indem er das rechte Bein nachzog. Wenn er sprach, ließ er seine Stimme höher klingen, und er redete stockend, als hätte ihm das Leben schon ein wenig Angst eingejagt.

Der »Alte« trat in einem schäbigen Mantel zum erstenmal in Tadcaster in Erscheinung, während der Bader einen Vortrag über die bemerkenswert verjüngenden Kräfte seines Umversal-Spezificums hielt. Rob hinkte mühsam herbei und kaufte eine Flasche.

»Ich bin zweifellos ein alter Narr, weil ich mein Geld so hinauswerfe«, jammerte er mit brüchiger Stimme. Er öffnete die Flasche unter Schwierigkeiten, trank sie auf der Stelle aus und näherte sich prompt einer Kellnerin, die schon eingeweiht und entlohnt worden war. »Du bist aber hübsch«, seufzte er, und das Mädchen blickte rasch, gleichsam verlegen, weg. »Würdest du mir einen Gefallen erweisen, meine Liebe?« »Wenn ich kann.«

»Leg nur deine Hand auf mein Gesicht, nur die zarte, warme Handfläche auf die Wange eines alten Mannes!

Aaaah«, hauchte er, als sie seiner Bitte schüchtern entsprach.

Gekicher erhob sich, als er die Augen schloss und ihre Finger küßte. Einen Augenblick später riss er die Augen weit auf. »Beim gesegneten heiligen Antomus!« hauchte er. »Oh, es ist höchst ungewöhnlich.« Er hinkte so schnell wie möglich zum Podium zurück. »Gebt mir noch eine Flasche!« bat er den Bader und trank sie sofort.