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So weit er zurückdenken konnte, hatte sein Vater Aethelred verflucht und gesagt, dass das Volk unter keinem anderen König je so arm gewesen sei. Aethelred saugte es aus und belastete es mit Abgaben, um Emma, der willensstarken, schönen Frau, die er sich als seine Königin aus der Normandie geholt hatte, ein verschwenderisches Leben zu bieten. Er hatte zwar mit den Abgaben eine Armee aufgestellt, benützte sie aber mehr zum Schutz seiner eigenen Person als seines Volkes, und er war so grausam und blutrünstig, dass manche Männer ausspuckten, wenn sie seinen Namen hörten.

Im Frühling Anno Domini 991 beschämte Aethelred seine Untertanen, indem er dänische Angreifer mit Gold bestach, um sie zur Umkehr zu bewegen. Im folgenden Frühjahr kehrte die dänische Flotte nach London zurück, wie sie es seit hundert Jahren tat. Diesmal hatte Aethelred keine Wahclass="underline" Er sammelte seine Krieger und Kriegsschiffe, und die Dänen wurden in einer blutigen Schlacht auf der Themse besiegt. Doch zwei Jahre später folgte eine ernstere Invasion, als Olaf, König der Norweger, und Swegen, König der Dänen, mit vierundneunzig Schiffen die Themse stromaufwärts segelten. Wieder zog Aethelred seine Armee um London zusammen, und es gelang ihm, die Nordländer abzuwehren, aber diesmal erkannten die Eindringlinge, dass der feige König sein Land schutzlos preisgegeben hatte, um sich zu wahren. Die Nordländer teilten ihre Flotte, zogen ihre Schiffe an der englischen Küste auf den Sand und verwüsteten die kleinen Küstenstädte.

In dieser Woche hatte Henry Crofts Vater ihn zu seinem ersten langen Heringsfang mitgenommen. An dem Morgen, an dem sie mit reichem Fang heimkehrten, war er vorausgelaufen, um als erster seiner Mutter in die Arme zu stürzen und sich von ihr loben zu lassen. Außer Sicht, in einer kleinen Bucht in der Nähe versteckt, lag ein halbes Dutzend norwegischer Langboote. Als er die väterliche Hütte erreichte, sah er einen fremden Mann, der in Tierhäute gekleidet war und ihn durch die offenen Läden des Fensterlochs anstarrte.

Er hatte keine Ahnung, wer der Mann war, doch instinktiv machte er kehrt und lief um sein Leben geradewegs zu seinem Vater. Seine Mutter lag bereits vergewaltigt und tot auf dem Boden, doch das wusste sein Vater nicht.

Luke Croft zog das Messer, während er auf das Haus zurannte, doch die drei Männer, die ihm vor dem Eingang entgegentraten, trugen Schwerter. Von ferne sah Henry Croft, wie sein Vater überwältigt und gefangengenommen wurde. Einer der Männer bog seinem Vater die Hände auf den Rücken. Ein anderer riss mit beiden Händen an seinen Haaren und zwang ihn niederzuknien und den Hals vorzustrecken. Der dritte schlug ihm mit seinem Schwert den Kopf ab. Der Bader hatte später mit neunzehn Jahren zugesehen, wie ein Mörder in Wolverhampton hingerichtet wurde; der Henker des Sheriffs hatte dem Verbrecher den Kopf abgeschlagen, als töte er einen Hahn. Im Gegensatz dazu war sein Vater ungeschickt geköpft worden, denn der Wikinger hatte eine Reihe von Schlägen gebraucht, als würde er ein Scheit zu Kleinholz zerhacken. Halb wahnsinnig vor Kummer und Schmerz war Henry Croft in die

Wälder gelaufen und hatte sich wie ein gejagtes Tier versteckt. Als er betäubt und halb verhungert wieder zum Vorschein kam, waren die Norweger weggewesen, aber sie hatten Tod und Asche hinterlassen. Henry war mit anderen Waisenjungen in die Abtei Crowland nach Lincolnshire geschickt worden.

Als Folge der jahrzehntelangen Überfälle durch die heidnischen Nordländer gab es in den Klöstern zu wenig Mönche und zu viele Waisen, deshalb lösten die Benediktiner zwei Probleme mit einem Schlag, indem sie viele der elternlosen Jungen zu Priestern weihten. Henry war im Alter von neun Jahren die Profess abgenommen worden, und man hatte ihn Gott versprechen lassen, dass er für immer in Armut und Keuschheit leben und den vom seligen Sankt Benedikt von Nursia aufgestellten Ordensregeln gehorchen würde.

Dafür bekam er eine Ausbildung. Er studierte vier Stunden täglich und verrichtete sechs Stunden am Tag feuchte, schmutzige Arbeit. Crowland besaß ausgedehnte Ländereien, zumeist Marschland, und Henry und die anderen Mönche gruben täglich die schlammige Erde um und zogen wie torkelnde Tiere Pflüge, um den Sumpf in Felder zu verwandeln. Man erwartete von ihnen, dass sie den Rest ihrer Zeit der Meditation oder dem Gebet widmeten. Es gab Andachten am Morgen, Andachten am Nachmittag, Andachten am Abend - fortwährend Andachten. Jedes Gebet galt als eine Stufe auf der endlosen Treppe, auf der die Seele zum Himmel emporstieg.

Es gab keine Erholung oder sportliche Betätigung, aber die Mönche durften im Kreuzgang wandeln, einem überdeckten Weg in Form eines Rechtecks. An der Nordseite des Klosters lag die Sakristei, das Gebäude, in dem die heiligen Geräte aufbewahrt wurden, im Osten stand die Kirche, im Westen das Stiftshaus, im Süden ein düsteres Refektorium, das aus einem Speisesaal, einer Küche und Vorratskammer im Erdgeschoss und einem Schlafsaal im ersten Geschoss bestand.

Innerhalb des Rechtecks waren Gräber angelegt, der deutliche Beweis dafür, dass das Leben in der Abtei Crowland voraussehbar war: Das Morgen würde genauso wie das Gestern sein, und schließlich legte sich jeder Mönch innerhalb der Klostermauern zur Ruhe. Weil manche Leute das irrtümlich für Frieden hielten, hatten die Patres von Crowland mehrere Adelige bei sich aufgenommen, die von der Politik des Hofes und Aethelreds Grausamkeit geflohen waren und ihr Leben

gerettet hatten, indem sie die Mönchskutte nahmen. Diese einflussreiche Elite lebte in Einzelzellen wie echte Mystiker, die Gott durch geistige Kasteiung und körperlichen Schmerz suchen, der durch härene Hemden, Fasten und Selbstgeißelung verursacht wurde. Das Zuhause der übrigen siebenundsechzig Männer, die die Tonsur trugen, obwohl sie dafür nicht berufen und gottlos waren, bildete ein einziger großer Raum, der siebenundsechzig Schlafpritschen enthielt. Wenn Henry Croft nachts erwachte, hörte er Husten und Niesen, verschiedene Schnarchgeräusche, das Stöhnen der Onanierenden, die ängstlichen Schreie von Träumenden, Furze und Brechen der Schweigepflicht durch lästerliches Fluchen und heimliche Unterhaltungen, die sich fast immer um das Essen drehten. Die Mahlzeiten in Crowland waren sehr kärglich.

Die Stadt Peterborough lag zwar nur acht Meilen entfernt, aber Henry bekam sie nie zu Gesicht. Als er vierzehn Jahre alt war, ersuchte er seinen Beichtvater, Pater Dunstan, einmal um die Erlaubnis, zwischen der Vesper und dem Nachtchoral am Flussufer Hymnen singen und Gebete aufsagen zu dürfen. Das wurde ihm gestattet. Als er durch die Au ging, folgte ihm Vater Dunstan in vorsichtiger Entfernung. Henry schritt langsam und bedächtig, hielt die Hände auf dem Rücken und beugte den Kopf in einem Gebet, das eines Bischofs würdig war. Es war ein schöner, warmer Sommerabend mit einer frischen Brise, die vom Wasser herwehte. Bruder Matthew, ein Geograph, hatte ihm von diesem Fluss berichtet. Er hieß Weiland, entsprang in den Midlands in der Nähe von Corby und schlängelte sich nach Crowland, von dort an wendete er sich zwischen welligen Hügeln und fruchtbaren Tälern nach Norden, bis er die Küstensümpfe durchquerte und sich in die große Bucht an der Nordsee ergoss, die The Wash hieß. Den Fluss hatte Gott mit Wäldern und Feldern umgeben. Grillen zirpten schrill. Vögel zwitscherten in den Bäumen, und Kühe glotzten ihn stumm staunend an, während sie grasten. Ein kleiner Kahn war auf den Ufersand gezogen.

In der darauffolgenden Woche bat er um die Erlaubnis, nach den Laudes, dem Morgenlob bei Tagesanbruch, ein einsames Gebet am Fluss sprechen zu dürfen. Er erhielt die Erlaubnis, und diesmal folgte ihm Pater Dunstan nicht. Als Henry zum Flussufer kam, schob er das kleine Boot ins Wasser, stieg hinein und stieß ab.