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Ein Streit brach aus. Ich wollte seine geliebten italienischen Gestade mit dem Manuskript in meinem Koffer verlassen, während er darauf bestand, das fragliche Objekt in seinem Aktenschrank verborgen zu halten. Der alte Richard wurde von seinem Schreibtisch weggezerrt, wo er gerade eine Abhandlung über »Amerikanisches Verbrechertum und Methoden zu seiner Aufdeckung« für eine deutsche Zeitschrift schrieb, um den Streit beizulegen. Mrs. Queen hielt den Arm ihres Mannes fest, als er kurz davor stand, die Episode mit einem kunstgerechten Faustschlag abzuschließen; Djuna gluckste vor sich hin; und sogar Ellery Jr. ließ sein Patschhändchen lange genug vom Mund weg, um etwas in der ihm eigenen Gurgelsprache anzumerken.

Das Ende vom Lied war, daß ›Der mysteriöse Zylinder‹ sich bei meiner Rückkehr in die Staaten in meinem Gepäck befand. Jedoch nicht ohne Bedingungen – Ellery ist ein sonderbarer Mensch. Man zwang mich dazu, feierlich und bei allem, was mir heilig ist, zu schwören, daß die Identität meiner Freunde und aller wichtigen Personen des Buches mit Pseudonymen verschleiert wird und daß – unter Androhung sofortiger Annullierung – ihre Namen für immer der Leserschaft vorenthalten bleiben werden.

Folglich sind also »Richard Queen« und »Ellery Queen« nicht die wahren Namen dieser Herren. Ellery selbst wählte die Namen aus; und ich sollte sofort hinzufügen, daß die Namen bewußt so ausgewählt wurden, daß sie den Leser, der es unternehmen sollte, den richtigen Namen über offensichtliche Hinweise in der Form eines Anagramms auf die Spur kommen zu wollen, in die Irre führen.

›Der mysteriöse Zylinder‹ basiert auf Akten, die tatsächlich in den Polizeiarchiven der Stadt New York vorhanden sind. Ellery und sein Vater haben wie üblich gemeinsam an dem Fall gearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt seiner Laufbahn hatte Ellery einen nicht unbedeutenden Ruf als Autor von Detektivromanen. Getreu dem Leitspruch, daß die Fiktion oft noch von der Wirklichkeit übertroffen wird, machte er es sich zur Gewohnheit, Aufzeichnungen von interessanten Kriminalfällen zum eventuellen späteren Gebrauch in seinen Mordgeschichten anzufertigen. Der Fall mit dem Zylinder faszinierte ihn dermaßen, daß er sich ungewöhnlich ausführliche Notizen machte; bei Gelegenheit verarbeitete er das Ganze zu einem Roman, den er auch veröffentlichen wollte. Sofort danach jedoch wurde er wieder in eine neue Ermittlung verwickelt, die ihm kaum die Möglichkeit für andere Aufgaben ließ. Und als dann dieser letzte Fall erfolgreich abgeschlossen war, erfüllte sich Ellerys Vater, der Inspektor, einen lebenslangen Traum – nämlich sich zur Ruhe zu setzen und mit Sack und Pack nach Italien zu gehen. Ellery, der im Verlauf dieser Untersuchung1 auf die Frau seiner Träume gestoßen war, wurde von einem quälenden Verlangen getrieben, etwas »Großes« in der Literatur zu leisten. Italien klang für ihn sehr idyllisch. Mit dem Segen seines Vaters verheiratete er sich, und begleitet von Djuna zogen die drei fort in ihre neue europäische Heimat. Das Manuskript blieb völlig vergessen, bis ich es retten konnte.

Über eine Sache würde ich gerne noch einige Worte verlieren, bevor ich dieses arg umständliche Vorwort beende.

Ich habe es immer schon als äußerst schwierig empfunden, Fremden die besonders enge Bindung zu erklären, die zwischen Richard und Ellery Queen, wie ich sie hier nennen muß, bestand. Zum einen sind die beiden alles andere als unkomplizierte Charaktere. Richard Queen, in zweiunddreißigjährigem New Yorker Polizeidienst in Ehren ergraut, verdiente sich seine Streifen weniger durch Eifer als durch außergewöhnliche Beherrschung des polizeilichen Ermittlungsverfahrens. Anläßlich seiner geradezu brillanten kriminalistischen Leistungen im jetzt schon lange zurückliegenden Mordfall Barnaby-Ross2 hieß es, daß »Richard Queen mit diesem Meisterstück seinen Ruhm begründet neben solchen Meisterdetektiven wie Tamaka Hiero, dem Franzosen Brillon, Kris Oliver, Renaud und James Redix dem Jüngeren«.3

Mit dem ihm eigenen Mißtrauen gegenüber Zeitungselogen war Queen der erste, der sich über diesen überschwenglichen Kommentar lustig machte; Ellery versichert allerdings, der alte Herr habe den Zeitungsausschnitt über lange Jahre heimlich aufbewahrt. Wie auch immer – trotz aller Versuche einfallsreicher Journalisten, eine Legende aus ihm zu machen, ist für mich Richard Queen eher ein Mensch aus Fleisch und Blut – man kann gar nicht deutlich genug betonen, daß viele seiner beruflichen Erfolge in starkem Maße vom Denkvermögen seines Sohnes abhingen.

Das ist nicht jedermann bekannt. Einige Gegenstände werden immer noch als Erinnerungsstücke von Freunden in Ehren gehalten: Ihre kleine New Yorker Junggesellenwohnung auf der 85. Straße (West), heute ein halbprivates Museum für die Kuriositäten, die sie in ihrer Schaffenszeit gesammelt haben; Thirauds wirklich ausgezeichnetes Gemälde von Vater und Sohn, heute in der Kunstgalerie eines ungenannten Millionärs; Richards Schnupftabakdose, eine alte florentinische Kostbarkeit, die er auf einer Auktion erstand und die ihm mehr als alle Edelsteine bedeutete, bis er schließlich den Überredungskünsten einer reizenden älteren Dame erlag, deren Namen er von Verleumdung befreit hatte; Ellerys umfängliche Sammlung von Büchern über Gewaltverbrechen, vielleicht eine der vollständigsten in der Welt, die er mit großem Bedauern aufgeben mußte, als die Familie in Richtung Italien zog; und natürlich die vielen bis heute unveröffentlichten Akten, die Aufzeichnungen über die von den Queens gelösten Fälle enthalten und vor dem Zugriff Neugieriger geschützt im Polizeiarchiv von New York aufbewahrt werden.

Aber die mehr persönlichen Dinge – das geistige Band zwischen Vater und Sohn – sind bis heute außer für wenige bevorzugte Vertraute, zu denen ich mich glücklicherweise zählen darf, ein Geheimnis geblieben. Der alte Herr, der vielleicht berühmteste Beamte der Kriminalpolizei in den letzten fünfzig Jahren, der, was seinen Ruf in der Öffentlichkeit angeht, selbst diejenigen Herren, die kurz einmal auf dem Stuhl des Polizeichefs saßen, in den Schatten stellte – dieser alte Herr verdankte, erlauben Sie diese Wiederholung, einen beträchtlichen Teil seines Ansehens dem Genie seines Sohnes.

Wenn es nur um Hartnäckigkeit ging und es eindeutige Spuren zu verfolgen gab, war Richard Queen ein einzigartiger Ermittler. Er besaß einen messerscharfen Blick für das Detail; ein gutes Gedächtnis für Verwicklungen bei Planung und Motiv; einen klaren Blick, wenn ein Hindernis unüberwindbar schien. Würde man ihm hundert völlig zusammenhanglose und ungeordnete Einzelinformationen zu einem Fall geben, so hätte er sie innerhalb kürzester Zeit zu einem Gesamtbild zusammengesetzt. Er war wie ein Spürhund, der der richtigen Fährte in einem hoffnungslosen Spurengewirr folgt.

Aber Intuition und Vorstellungsgabe waren mehr die Sache von Ellery Queen, dem Romanautor. Die beiden hätten Zwillinge mit jeweils übernatürlich entwickelten geistigen Fähigkeiten sein können, jeder für sich schwach und hilflos, aber kraftvoll, wenn sie sich gegenseitig ergänzten. Richard Queen, der – wie es vielleicht bei einer weniger hochherzigen Natur der Fall gewesen wäre – weit davon entfernt war, über solche Bande, die seinen so spektakulären Erfolg erst möglich machten, verärgert zu sein, war sehr darum bemüht, das seinen Freunden verständlich zu machen. Der schlanke, grauhaarige alte Herr, dessen Name den Gesetzesbrechern dieser Zeit verhaßt war, pflegte seine ›Bekenntnisse‹, wie er sie nannte, mit einer Naivität vorzutragen, die sich nur mit seinem Vaterstolz erklären ließ.