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Was ich euch gerade erzählt habe«, fuhr der Inspektor fort und räusperte sich, »beruht nicht auf unseren Schlußfolgerungen und Nachforschungen. Wir hätten solche Einzelheiten nicht herausfinden können. Barry hat gestern abend ein Geständnis abgelegt und uns darüber Aufklärung verschafft … Da wir wußten, daß Barry der Schuldige war, hätten wir uns den ganzen Ablauf auch denken können – es ergibt sich von selbst, wenn man den Täter kennt. Nun, das war gar nicht erst nötig. Klingt das nicht wie eine faule Ausrede für Ellery und mich?« Der alte Mann zeigte ein schwaches Lächeln.

»Als er sich neben Field hinsetzte, hatte er seine Schritte sorgfältig geplant. Ihr dürft nicht vergessen, daß er an einen strengen Zeitplan gebunden war und es sich nicht leisten konnte, Zeit zu verschwenden. Auf der anderen Seite wußte auch Field, daß Barry schnell wieder zurück mußte; also verzögerte er das Ganze auch nicht unnötig. Tatsächlich hatte Barry – wie er uns mitteilte – sehr viel weniger Schwierigkeiten mit Field, als er erwartet hatte. Denn Field stand Barrys Vorschlägen offen gegenüber; wahrscheinlich deshalb, weil er ziemlich betrunken war und in Kürze den Empfang einer großen Geldsumme erwartete.

Barry verlangte zunächst die Papiere. Als Field vorsichtigerweise erst einmal das Geld zu sehen verlangte, bevor er die Dokumente hervorholte, zeigte Barry ihm eine Brieftasche, aus der scheinbar echte Banknoten hervorquollen. Es war ziemlich dunkel im Theater, und Barry fächerte die Banknoten nicht auf. Tatsächlich war es nachgemachtes Geld aus der Requisite. Eindringlich spielte er damit herum und tat dann das, was Field wohl auch erwartet hatte: Er weigerte sich, das Geld zu übergeben, bevor er nicht die Dokumente überprüft hatte. Haltet euch immer vor Augen, daß Barry ein ausgezeichneter Schauspieler ist und eine solch schwierige Situation mit dem Selbstvertrauen, das ihm seine lange Bühnenerfahrung verlieh, bewältigen konnte … Field griff unter seinen Sitz und brachte zu Barrys maßlosem Erstaunen seinen Zylinder hervor. Barry sagt, daß Field bemerkte: ›Sie haben wohl kaum erwartet, daß ich die Papiere hier drin aufbewahre? Diesen Hut habe ich sogar ganz ausschließlich Ihrer Vergangenheit gewidmet. Sehen Sie – auf der Innenseite steht Ihr Name.‹ Und mit dieser erstaunlichen Feststellung drehte er das Band um. Im Schein seiner winzigen Taschenlampe konnte Barry seinen mit Tinte auf die Unterseite des ledernen Schweißbandes geschriebenen Namen erkennen.

Jetzt stellt euch vor, was ihm in diesem Augenblick durch den Kopf ging. Was er dort sah, schien zunächst seinen sorgfältig ausgearbeiteten Plan völlig zunichte zu machen. Wenn man Fields Zylinder untersuchen würde – natürlich würde man es tun –, nachdem man seine Leiche gefunden hatte, wäre der Name Stephen Barry auf dem Schweißband wohl ein ziemlich starkes Beweismittel gegen ihn … Barry hatte keine Zeit mehr, das Band herauszutrennen. Zum einen hatte er – Pech für ihn – kein Messer; zum anderen war das Schweißband eng und fest auf das harte Material genäht. Da seine Zeit knapp bemessen war, erkannte er sofort, daß der einzige Weg, der ihm offenstand, war, den Hut wegzunehmen, nachdem er Field getötet hatte. Da Field ungefähr die gleiche Statur und mit 7⅛ eine durchschnittliche Hutgröße wie er hatte, beschloß er sogleich, das Theater mit Fields Hut auf dem Kopf oder in der Hand zu verlassen. Er würde seinen eigenen Hut in der Garderobe lassen, wo er nicht weiter auffallen würde, Fields Hut aus dem Theater mitnehmen und ihn vernichten, sobald er zu Hause angekommen war. Ihm kam außerdem der Gedanke, daß – sollte er zufällig beim Verlassen des Theaters durchsucht werden – sein Name auf der Innenseite ihn von jedem Verdacht befreien würde. Wahrscheinlich war es genau diese Tatsache, die Barry das Gefühl gab, keine größere Gefahr einzugehen, obwohl er die unerwarteten Umstände nicht hatte vorhersehen können.«

»Schlauer Fuchs«, murmelte Sampson.

»Ein bißchen zu schlau, Henry, ein bißchen zu schlau«, sagte Queen ernst. »Das hat schon manchen Mann an den Galgen gebracht … Als er sich blitzschnell entschloß, den Hut mitzunehmen, war ihm klar, daß er nicht seinen eigenen dagegen austauschen konnte. Zum einen war sein Hut ein Chapeau claque – ein Bühnenhut –, aber was noch wichtiger war, der Name von Le Brun, dem Theaterausstatter, war innen aufgedruckt. Klar, daß das sofort auf jemanden aus dem Ensemble hingewiesen hätte – was er natürlich unbedingt vermeiden wollte. Er erzählte mir außerdem, daß ihm in diesem Augenblick und während der ganzen Zeit danach bewußt war, daß die Polizei aus dem Fehlen des Hutes im äußersten Falle schließen konnte, daß er etwas Wertvolles enthalten haben mußte. Er konnte sich nicht vorstellen, wie durch diese bloße Vermutung im Zuge der Ermittlungen auch nur die Spur eines Verdachtes auf ihn fallen würde. Als ich ihm die Schlußfolgerungen, die Ellery aus der einfachen Tatsache, daß der Zylinder fehlte, gezogen hatte, auseinanderlegte, war er äußerst überrascht. Man sieht, daß der einzig wirklich schwache Punkt in seinem Verbrechen nicht auf einem Versehen oder einem Fehler von seiner Seite beruhte, sondern auf einem Vorfall, den er nicht hatte vorhersehen können. Das zwang ihn zum Handeln, und die Ereignisse nahmen ihren Lauf. Hätte Barrys Name nicht in Fields Hut gestanden, so wäre er ohne Frage immer noch ein freier Mann und bis zum heutigen Tag ohne jeden Verdacht. Die Polizeiakten hätten einen weiteren unaufgeklärten Mordfall zu verzeichnen.

Ich muß wohl nicht extra betonen, daß ihm dieser ganze Gedankengang sehr viel schneller durch den Kopf schoß, als ich zu seiner Schilderung benötigte. Er erkannte, was er zu tun hatte; auf der Stelle wurde sein Plan den neuen Gegebenheiten angepaßt … Als Field die Dokumente aus dem Hut hervorholte, untersuchte Barry sie flüchtig unter dem wachsamen Blick des Rechtsanwalts. Die Untersuchung nahm er mit Hilfe seiner schon erwähnten winzigen Taschenlampe vor, deren schwacher Lichtschein fast vollständig von ihren Körpern abgeschirmt wurde. Die Papiere schienen in Ordnung und vollständig zu sein. Aber zu diesem Zeitpunkt verbrachte Barry nicht allzuviel Zeit über den Papieren. Kläglich lächelnd schaute er auf und sagte: ›Der Teufel soll Sie holen – es scheinen alle da zu sein.‹ Das klang sehr spontan – als herrschte zwischen ihnen Waffenstillstand und als würde er sich als guter Verlierer zeigen. Field faßte die Bemerkung auch so auf, wie sie gedacht war. Barry griff in seine Tasche – die Lampe hatte er wieder ausgemacht – und nahm aus einer kleinen Flasche mit Whisky einen kräftigen Schluck, so als ob er nervös wäre. Dann schien er sich auf einmal seiner guten Manieren zu entsinnen und fragte Field ziemlich freundlich, ob er nicht auch einen Schluck trinken wolle, um ihren Handel zu beschließen. Da Field gesehen hatte, wie Barry aus der Flasche getrunken hatte, konnte er keinen Verdacht geschöpft haben. Er hätte vermutlich noch nicht einmal im Traum daran gedacht, daß Barry versuchen würde, ihn umzubringen. Barry reichte ihm die Flasche …

Aber es war nicht dieselbe Flasche. Im Schutze der Dunkelheit hatte er zwei verschiedene Flaschen herausgenommen – die eine, aus der er selbst getrunken hatte, befand sich in der linken Seitentasche, die Flasche, die er Field gab, kam aus der rechten Seitentasche. Er tauschte die Flaschen nur aus, bevor er sie Field reichte. Das war recht einfach, vor allem, weil es dunkel war und sich der Anwalt dazu noch in recht angesäuseltem Zustand befand … Der Trick mit den Flaschen klappte. Aber Barry war kein Risiko eingegangen. In seiner Tasche trug er eine Spritze mit dem Gift. Wenn Field sich geweigert hätte zu trinken, war Barry darauf vorbereitet, ihn mit der Injektionsnadel in den Arm oder ins Bein zu stechen. Die Spritze in seinem Besitz hatte ihm ein Arzt vor einer Reihe von Jahren besorgt. Damals hatte er an einer Nervenkrankheit gelitten und konnte nie länger in der Obhut eines Arztes bleiben, da er mit einem Schauspielerensemble von Ort zu Ort zog. Das war so lange her, daß man die Spritze nicht mehr mit ihm hätte in Verbindung bringen können. Er war also für den Fall vorbereitet, daß Field sich zu trinken geweigert hätte. Wie ihr seht, war sein Plan selbst in diesem Detail narrensicher …