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Ich ging nach dem Winter ziemlich spät im Frühlinge auf das Land. So erfreulich der letzte Sommer für mich gewesen war, so sehr er mein Herz gehoben hatte, so war doch etwas Unliebes in dem Grunde meines Innern zurück geblieben, was nichts anders schien als das Bewußtsein, daß ich in meinem Berufe nicht weiter gearbeitet habe und einer planlosen Beschäftigung anheim gegeben gewesen sei. Ich wollte das nun einbringen und den größten Teil des Sommers einer festen und angestrengten Tätigkeit weihen. Ich nahm alle Geräte und Werke mit, welche ich zur Fortsetzung meiner Arbeiten brauchte. Freie Stunden, die nach genauer Zeiteinteilung übrig blieben, wollte ich dann meinen Lieblingsdingen widmen.

Ich kam in das Ahornwirtshaus und bestellte mir da hin auch die Leute, die ich verwenden wollte, wenn sie sich nehmlich bereit erklärten, mir in entferntere Teile der Gebirge zu folgen, wohin mich heuer meine Arbeiten führen würden. Der alte Kaspar wollte mitgehen, zwei andere auch, und so hatte ich genug. Ich erkundigte mich nach meinem Zitherspiellehrer, er war fort und so gut wie verschollen. Kein Mensch wußte etwas von ihm. Ich ging in das Rothmoor, um nachzusehen, wie weit die Marmorarbeiten gediehen waren. Sie wurden heuer fertig, und ich konnte sie im Herbste nach Hause bringen lassen. Da das geschehen war, verließ ich für diesen Sommer das Ahornwirtshaus, in welchem ich nun so lange gewohnt hatte, um mich in die Bergabteilung zu begeben, die ich durchforschen wollte. Ich ging mit einem wehmütigen Gefühle von dem Hause fort.

An einer Stelle, wo das Gebirge weit verzweigt und wild verflochten, aber deßohngeachtet bei Weitem nicht so schön war wie das, welches ich verlassen hatte, setzte ich mich wie in einem Mittelpunkte meiner Bestrebungen fest. Ich vermißte das heitere, fensterschimmernde Ahornhaus, ich vermißte das ganze Tal, in dem ich beinahe heimisch geworden war. In einem Hause, das an der Öffnung dreier Täler lag und mir daher den geeignetsten Platz abgab, mietete ich mich ein. Schwarzer Tannenwald sah auf meine Fenster, schritt an den Bächen, welche aus den drei Tälern kamen, neben feuchten Wiesen und andern offenen Stellen in die Talgründe hinein und zog sich auf die Berge. Die höheren Kuppen oder gar die Schneeberge konnte man wegen der Enge des Tales über den finstern Tannen nicht sehen. Das mochte auch die Ursache sein, daß das Haus und die mehreren in den Waldlehnen zerstreuten und an den Bächen hingehenden Hütten die Tann hießen. Mauern, mit grünem Moose bewachsen, bildeten mein Haus und grenzten an ein zerfallenes Gärtchen, in welchem wenig mehr als Schnittlauch wuchs. Auf der Gasse war der Boden schwarz, und dieselbe Schwärze zog sich in das Gras hinein; denn das Einzige, welches häufig an diesem Wirtshause ankam und da hielt, damit sich Menschen und Tiere erquickten, waren Kohlenfuhren. In dem ganzen, bei näherer Besichtigung sich als ungeheuer zeigenden Waldgebiete waren die Kohlenbrennereien zerstreut, und ganze Züge von den schwarzen Fuhrwerken und den schwarzen Fuhrmännern zogen die düstere Straße hinaus, um die Kohlen gegen die Ebenen zu bringen, von wo sie sogar bis in unsere Stadt befördert wurden. Nur ein einziges Zimmer mit kleinen Fenstern und eisernen Kreuzen daran konnte ich haben. In demselben war ein Tisch, zwei Stühle, ein Bett und eine bemalte Truhe, in die ich Kleider und andere Dinge legen konnte. Für meine größeren Kisten wurde mir ein Verschlag in einem Schuppen eingeräumt. Kaspar und die andern schliefen, wenn wir uns in dem Hause befanden, in der Scheuer im Heu. Ich ließ mein Gepäcke größtenteils in meinen Koffern, hing nur das Nötige an Nägel, die in dem Zimmer waren, legte meine Schreibgeräte, meine wissenschaftlichen Bücher und meine Dichter auf den Tisch, füllte das Bettgestelle mit meinen von Hause mitgebrachten Bettstücken, stellte meine Bergstöcke in eine Ecke und war eingerichtet. Die Sonne, welche am späten Vormittage bei einem Fenster meines Zimmers hereinkam, streifte am Nachmittage das andere, um bald die Spitzen der Tannen zu vergolden und zu verschwinden. Ich war in manchen ähnlichen Herbergen schon gewesen, war daran gewöhnt, fügte mich und wurde mit dem Wirte, der Wirtin und einer rührigen Tochter, einfachen, gutmütigen Leuten, die einen kleinen Gedankenkreis hatten, bald bekannt. Sonst kam noch manches Mal ein Gebirgsjäger, ein seltener Wandersmann oder ein Hausierer in das Tannwirtshaus. Die größte Zahl der Gäste bestand außer den Kohlenführern in Holzknechten, welche in den großen Wäldern zerstreut waren und welche gerne an Samstagen oder an Tagen vor großen Festen heraus kamen, um zu den Ihrigen zu gehen. Da verweilten sie denn nun nicht selten gerne ein wenig in dem Tannwirtshause, um sich ein Gutes zu tun. Die Hauptbeschäftigung aller Bewohner der Tann war die Holzarbeit und ihr Hauptreichtum waren Kühe und Ziegen, welche täglich in die Wälder gingen und von welchen die jüngeren den ganzen Sommer hindurch auf der Höhe der Waldungen und der Holzschläge blieben.