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»Ich habe mir es so gedacht, mein Sohn«, antwortete die Mutter, »und ich glaube wohl, daß es so kommen wird; aber Klotilde wird die Art ihrer Neigung zu dir umwandeln müssen, und möge das alles mit gelindem Kelche vorübergehen.«

Zu dem Ende dieser Worte war auch Klotilde herzu gekommen. Sie brachte mir eine Rose und sagte mit heiteren Mienen, daß sie mir dieselbe bloß darum gebe, um mir einen kleinen Ersatz für alle die Rosen zu bieten, welche ich heuer im Asperhofe durch meine Hieherreise versäumt habe.

Mir fiel es bei diesen Worten erst auf, daß im väterlichen Garten die Rosen blühten, während sie doch in dem höher gelegenen und einer rauheren Luft ausgesetzten Asperhofe schon verblüht waren. Ich sprach davon. Man fand den Grund bald heraus. Die Asperhofrosen waren den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt, mochten auch besser gepflegt werden und einen besseren Boden haben, während hier teils durch Bäume, die man des kleineren Raumes wegen enger setzen mußte, teils durch die Mauern näherer und entfernterer Häuser vielfältig Schatten entstand.

Ich nahm die Rose und sagte, Klotilde würde meinem Gastfreunde einen schlechten Dienst tun, wenn sie in seinem Garten eine Rose pflückte.

»Dort würde ich nicht den Mut dazu haben«, antwortete sie.

Wir blieben nun eine Weile bei dem Marmorwasserwerke stehen. Klotilde zeigte mir, was der Vater im Frühlinge habe machen lassen, zum Teile, um den Wasserzug noch mehr zu sichern, zum Teile, um Verschönerungen anzubringen. Ich sah, wie trefflich und zweckmäßig er die Dinge hatte zubereiten lassen und wie sehr ich von ihm lernen könne. Ich freute mich schon auf die Zeit, die nicht mehr ferne sein konnte, in welcher der Vater mit meinem Gastfreunde zusammen kommen würde.

Als wir von dem Wasserwerke weg gingen, führte mich Klotilde nun zu dem Platze, von welchem eine Aussicht in die Gegend geboten ist und den man mit einer Brustwehr zu versehen beschlossen hatte. Die Brustwehr war schon zum Teile fertig. Sie war aufgemauert, war mit den von mir gebrachten Marmorplatten belegt und war seitwärts mit Marmor bekleidet, den sich der Vater verschafft hatte. Auch meine Simse und Tragsteine waren verwendet. Ich sah aber, daß noch Vieles an Marmor fehlte und versprach, daß ich suchen werde, zu Stande zu bringen, daß die ganze Brustwehr aus gleichartigen Stücken und in gleicher Weise könne hergestellt werden.

»Du siehst, daß wir auch in der Ferne deiner denken und dir etwas Angenehmes zu bereiten streben«, sagte Klotilde.

»Ich habe ja nie daran gezweifelt«, antwortete ich, »und denke auch eurer, wie meine Briefe beweisen.«

»Du solltest doch wieder einmal einen ganzen Sommer hier bleiben«, sagte sie.

»Wer weiß, was geschieht«, erwiderte ich.

Als die Dunkelheit bereits mit ihrer vollen Macht hereinzubrechen anfing, kam der Vater wieder aus der Stadt, und wir nahmen unser Abendessen in dem Waffenhäuschen. Da sehr lange Tage waren und da es nach dem Eintreten der völligen Finsternis schon ziemlich spät war, so konnten wir nach dem Speisen nicht mehr so lange in dem Häuschen mit den gläsernen Wänden beim Brennen der traulichen Lichter sitzen bleiben, wie in dem Herbste, wenn ich nach einer langen Sommerarbeit wieder zu den Meinigen zurückgekehrt war. Auch hatte man heute in dem lauen Abende mehrere der Glasabteilungen geöffnet, der Eppich flüsterte in einem gelegentlichen Luftzuge, und die Flamme im Innern der Lampe wankte unerfreulich. Wir trennten uns und suchten unsere Ruhe.

Am anderen Tage am frühesten Morgen kam Klotilde zu mir. Als ich auf ihr Pochen geöffnet hatte und sie eingetreten war, verkündigte ihr Angesicht, daß die Mutter über meine Angelegenheit mit ihr gesprochen habe. Sie sah mich an, ging näher, fiel mir um den Hals und brach in einen Strom von Tränen aus. Ich ließ ihr ein Weilchen freien Lauf und sagte dann sanft: »Klotilde, wie ist dir denn?«

»Wohl und wehe«, antwortete sie, indem sie sich von mir zu einem Sitze führen ließ, auf den ich mich neben ihr niederließ.

»Du weißt nun also alles?«

»Ich weiß alles. Warum hast du mir es denn nicht früher gesagt?«

»Ich mußte doch vorher mit den Eltern sprechen, und dann, Klotilde, hatte ich gegen dich gerade den wenigsten Mut.«

»Und warum hast du nicht in früheren Sommern etwas gesagt?«

»Weil nichts zu sagen war. Es ist erst jetzt zu gegenseitiger Kenntnis gekommen, und da bin ich hergeeilt, mich den Meinigen zu offenbaren. Als das Gefühl nur das meine war und die Zukunft sich noch verhüllte, durfte ich nicht reden, weil es mir nicht männlich schien und weil die Empfindung, die vielleicht in Kurzem gänzlich weggetan werden mußte, durch Worte nicht gesteigert werden durfte.«

»Ich habe es immer geahnt«, sagte Klotilde, »und habe dir immer das höchste und größte Glück gewünscht. Sie muß sehr gut, sehr lieb, sehr treu sein. Ich habe nur das Verlangen, daß sie dich so liebt wie ich.«

»Klotilde«, antwortete ich, »du wirst sie sehen, du wirst sie kennen lernen, du wirst sie lieben; und wenn sie mich dann auch nicht mit der in der Geburt gegründeten schwesterlichen Liebe liebt, so liebt sie mich mit einer anderen, die auch mein Glück, dein Glück, das Glück der Eltern vermehren wird.«

»Ich habe oft gedacht, wenn du von ihr erzähltest, wie wenig du auch sagtest, und gerade, weil du wenig sagtest«, fuhr sie fort, »daß sich etwa da ein Band entwickeln könnte, daß es sehr zu wünschen wäre, daß du ihre Neigung gewännest und daß daraus eine bessere Einigung entstehen könnte als durch die Verbindung mit einem Mädchen unserer Stadt oder mit einem anderen.«

»Und nun ist es so«, erwiderte ich.

»Warum hast du denn nie ein Bild von ihr gemalt?« fragte sie.

»Weil ich sie eben so wenig oder noch weniger darum bitten konnte als dich oder die Mutter oder den Vater. Ich hatte nicht das Herz dazu«, antwortete ich.

»Nun sei recht glücklich, sei zufrieden bis in dein höchstes Alter, und bereue nie, auch nicht im geringsten den Schritt, den du getan hast«, sagte sie.

»Ich glaube, daß ich ihn nie bereuen werde, und ich danke dir innig für deine Wünsche, meine teure, meine geliebte Klotilde«, erwiderte ich.

Sie trocknete ihre Tränen mit dem Tuche, ordnete gleichsam ihr ganzes Wesen und sah mich freundlich an.

»Wer wird jetzt mit mir zeichnen, spanische Bücher lesen, Zither spielen, wem werde ich alles sagen, was mir in das Herz kömmt?« sprach sie nach einer Weile.

»Mir, Klotilde«, erwiderte ich, »alles, was ich früher war, werde ich dir bleiben. Lesen, Zeichnen, Zitherspielen wirst du mit Natalien; auch mitteilen wirst du dich ihr, und mit ihr wirst du das alles vollführen, was du bisher mit mir vollführt hast. Lerne sie nur erst kennen, und du wirst begreifen, daß es wahr ist, was ich sage.«

»Ich möchte sie gerne sehr bald sehen«, sagte sie.

»Du wirst sie bald sehen«, antwortete ich, »es muß sich jetzt eine Verbindung unserer Familie mit jenen Menschen, bei denen ich bisher so häufig gewesen bin, anknüpfen; ich wünsche selber, daß du sie bald, sehr bald sehest.«

»Bis dahin aber mußt du mir sehr viel von ihr erzählen, und wenn es möglich ist, mußt du mir ein Bild von ihr bringen«, sagte sie.

»Ich werde dir erzählen«, antwortete ich, »jetzt, da wir einmal von der Sache gesprochen haben, werde ich dir sehr gerne erzählen, ich werde mit dir leichter von dem Bunde reden als mit ihr selber. Ob ich dir ein Bild werde bringen oder schicken können, weiß ich nicht; wenn es möglich ist, werde ich es tun. Aber es wird nur in dem Falle sein können, wenn ein Bild von ihr da ist und man es mir, oder eine Abbildung davon überläßt. Behalte es dann, bis du mit ihr selber zusammen kömmst und wir in freundlicher Verbindung mit einander leben. Endlich aber, Klotilde…«