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Es meldete sich nun auch wirklich keiner mehr, um mich und Kaspar zu begleiten.

Die Zeit bis zum Beginne unsers Unternehmens brachte ich damit zu, daß ich Wanderungen in der Umgegend machte. Ich betrachtete die Wälder, die in Ruhe und Pracht dastanden, ich betrachtete die Höhen, auf welchen die unermeßlichen Schneemengen lagen, ich betrachtete die Echernwand, von der eine Last von Eiszapfen niederhing, deren manche die Dicke von Bäumen hatten, zuweilen losbrachen und mit Krachen und Klingen in den Schnee niederstürzten, ich ging auf Berge und schaute in die stille, gleichsam verdichtete Winterluft und auf alle die weißen Gebilde, die durch dunkle Wälder, durch Felsen und durch das sanfte Blau der fernen Bergzüge geschnitten waren.

Gegen die Mitte des Januars, zu welcher Zeit gewöhnlich das Wetter am ausdauerndsten zu sein pflegt, stellten sich die Zeichen ein, daß längere Zeit schöne Tage sein werden. Ein etwas weicher Luftzug der vorigen Tage hatte sich verloren, die graue Decke am Himmel war verschwunden und den verwaschenen Federwolken war eine tiefe Bläue gefolgt. Die Luft zog aus Osten, die Kälte mehrte sich, der Schnee flimmerte und Abends zeigte sich der feine blauliche Duft in den Gründen, der heitere Morgen und immer größere Kälte versprach. Meine Werkzeuge gaben starken Luftdruck und große Trockenheit an.

Ich sagte dem alten Kaspar, daß wir nunmehr aufbrechen würden. Wir nahmen an Alpenstöcken, Steigeisen, Stricken, Schneereifen, Decken, Kleidern, was wir nötig erachteten, eine Schaufel, eine Axt, Kochgeschirr und Lebensmittel auf mehrere Tage. So bepackt gingen wir zu dem See. Dort teilten wir unsere Dinge in zwei bequeme Lasten, daß jeder mit der seinigen so leicht als möglich gehen könne, und erwarteten den nächsten Morgen.

Beim Grauen des Lichtes machten wir uns auf den Weg und stiegen mit unseren sehr hohen Stiefeln, die ich eigens zu diesem Zwecke hatte machen lassen, in den tiefen Schnee der Wege, die zu den Höhen, auf die wir wollten, führten, die aber nur im Sommer betreten wurden, die jetzt keine Spur zeigten und die wir nur fanden, weil wir der Gegend sehr kundig waren. Wir gingen mehrere Stunden in diesem tiefen Schnee, dann kamen Wälder, in denen er niederer lag und durch welche das Fortkommen leichter war. Viele Gerölle und schiefliegende Wände, die nun folgten, zeigten ebenfalls weniger Schnee als die Tiefe, und es war über sie im Winter leichter zu gehen, als ich es im Sommer gefunden hatte, da die Unebenheiten und die kleinen scharfen Riffe und Steine mit einer Schneedecke überhüllt waren. Als wir die ersten Vorberge überwunden hatten und auf die Hochebene der Echern gekommen waren, von der man wieder den blauen See recht tief und dunkel in der weißen Umgebung unten liegen sah, machten wir ein wenig Halt. Die Oberfläche der Echern oder die Hochebene, wie man sie auch gerne nennt, ist aber nichts weniger als eine Ebene, sie ist es nur im Vergleiche mit den steilen Abhängen, welche ihre Seitenwände gegen den See bilden. Sie besteht aus einer großen Anzahl von Gipfeln, die hinter und neben einander stehen, verschieden an Größe und Gestalt sind, tiefe Rinnen zwischen sich haben und bald in einer Spitze sich erheben, bald breitgedehnte Flächen darstellen. Diese sind mit kurzem Grase und hie und da mit Knieföhren bedeckt, und unzählige Felsblöcke ragen aus ihnen empor. Es ist hier am schwersten durchzukommen. Selbst im Sommer ist es schwierig, die rechte Richtung zu behalten, weil die Gestaltungen einander so ähnlich sind und ein ausgetretener Pfad begreiflicher Weise nicht da ist: wie viel mehr im Winter, in welchem die Gestalten durch Schneeverhüllungen überdeckt und entstellt sind, und selbst da, wo sie hervorragen, ein ungewohntes und fremdartiges Ansehen haben. Es sind mehrere Alpenhütten in diesem Gebiete zerstreut, und es befinden sich im Sommer Herden hier oben, die aber, wie zahlreich sie auch sind, in der großen Ausdehnung verschwinden und sich gegenseitig oft Monate lang nicht sehen. Wir wünschten noch beim Lichte des Tages über diese Erdbildungen hinüber zu kommen und hatten vor, zur Einhaltung der Richtung uns gegenseitig in unserer Kenntnis der Riffe und der Hügelgestaltungen zu unterstützen und uns die entscheidenden Bildungen wechselseitig zu nennen und zu beschreiben. Am oberen Ende der Hochebene, wo wieder die größeren Felsenbildungen beginnen und das Verirren weit weniger möglich ist, steht im Bereiche großer Kalksteinblöcke eine Sennhütte, die Ziegenalpe genannt, welche das Ziel unserer heutigen Wanderung war. Am Rande der Bergansteigung und dem Anfange der Hochebene, wo wir jetzt waren, setzten wir uns nieder. Es liegt da ein großer Stein, der beinahe ganz schwarz ist. Er ist nicht nur dieser Farbe willen an sich merkwürdig, sondern besonders darum, weil er durch eben diese Farbe, dann durch seine Größe und seine seltsame Gestalt von Weitem gesehen werden kann und denen, die von der Ziegenalpe durch die Hochebene abwärts kommen, zum Zeichen, und wenn sie bei ihm angelangt sind, zur Beruhigung des richtig zurückgelegten Weges dient. Weil Vielen, die auf der Hochebene sind, Sennen, Alpenwanderern, Jägern, der Stein ein Versammlungsort ist, so findet sich von ihm ab schon ein merkbar ausgetretener Pfad und man kann die Richtung zu dem See hinab nicht mehr leicht verfehlen. Auch ist die gegen Sonnenaufgang überhängende Gestalt des Felsens geeignet, vor Regen und heftigen Westwinden zu schützen. Als wir bei ihm angelangt waren, sahen wir freilich keine Spur eines Menschen rings um ihn; denn unberührter Schnee lag bis zu seinen Wänden hinzu, und er stand noch einmal so schwarz aus dieser Umgebung hervor. Wir fanden aber auf kleineren Steinen, die unter seinem Überdache lagen, und auf die der Schnee nicht hereingefallen war, Raum zum Sitzen und folgten dieser Einladung willig, da sich schon Ermüdung eingestellt hatte. Kaspar schnallte die Umhüllungen der Decken auseinander und holte zwei leichte, aber wärmende Pelze und andere Pelzsachen hervor, die ich dazu bestimmt hatte, unsere Körper und Füße, die im Wandern sich sehr erwärmt hatten, in der Ruhe vor Verkühlung zu schützen. Als wir diese Pelzdinge umgetan hatten, schritten wir dazu, uns durch Speise und Trank zu erquicken. Etwas Wein und Brod reichte zu dem Zwecke hin. Ich betrachtete, nachdem unser Mahl vollendet war, den Wärmemesser, welchen ich gleich nach unserer Ankunft an einer freien Stelle auf meinen Alpenstock aufgehängt hatte, und zeigte meinem Begleiter Kaspar, daß die Wärme hier oben größer sei, als wir sie gestern zu gleicher Tageszeit unten in der Ebene des Sees gehabt hatten. Die Sonne schien sehr kräftig auf den Schnee, es wehte kein Lüftchen, an dem grünlich blaulichen Himmel lagerten nur ein paar sehr dünne weißliche Streifen. Auch konnte man von dem Steinvorsprunge, von dem aus der See zu erblicken war, fast deutlich wahrnehmen, daß unten nicht nur die dichtere, sondern auch kältere Luft liege. Denn so deutlich und klar der See zu erblicken war, so zog sich doch an den weißen oder weißgesprenkelten Wänden desselben ein feiner blaulich schillernder Dunst hin zum Zeichen, daß dort unsere obere, wärmere Luft mit der unteren, schon seit längerer Zeit über dem See stehenden kälteren zusammengrenze und sich da ein sanfter Beschlag bilde. Ich schaute nur noch auf den Feuchtigkeitsmesser und den des Luftdruckes, dann packte Kaspar unsere Decken und Pelze, ich meine Geräte ein, und wir gingen unsers Weges weiter.