Fr. v. Dorsigny. Ich bin's vollkommen zufrieden und unterwerfe mich ihrem Ausspruch.
Fr. v. Mirville. Wovon ist die Rede?
Fr. v. Dorsigny. Stelle dir vor, mein Mann untersteht sich, mir ins Gesicht zu behaupten, dass er' s nicht gewesen sei, den ich vorhin fuer meinen Mann hielt.
Fr. v. Mirville. Ist's moeglich?
Oberst. Stelle dir vor, Nichte, meine Frau will mich glauben machen, dass ich hier, hier in diesem Zimmer, mit ihr gesprochen haben soll, in demselben Augenblicke, wo ich mich auf der Touloner Poststrasse schuetteln liess.
Fr. v. Mirville. Das ist ja ganz unbegreiflich, Onkel-Hier muss ein Missverstaendniss sein-Lassen Sie mich ein paar Worte mit der Tante reden.
Oberst. Sieh, wie du ihr den Kopf zurecht setzest, wenn's moeglich ist; aber es wird schwer halten.
Fr. v. Mirville (leise zur Frau von Dorsigny). Liebe Tante, das alles ist wohl nur ein Scherz von dem Onkel?
Fr. v. Dorsigny (ebenso). Freilich wohl, er muesste ja rasend sein, solches Zeug im Ernst zu behaupten.
Fr. v. Mirville. Wissen Sie was? Bezahlen Sie ihn mit gleicher Muenze-geben Sie's ihm heim! Lassen Sie ihn fuehlen, dass Sie sich nicht zum Besten haben lassen.
Fr. v. Dorsigny. Du hast Recht. Lass mich nur machen!
Oberst. Wird's bald? Jetzt denk' ich, war's genug.
Fr. v. Dorsigny (spottweise). Ja wohl ist's genug, mein Herr-und da es die Schuldigkeit der Frau ist, nur durch ihres Mannes Augen zu sehen, so erkenn' ich meinen Irrthum und will mir alles einbilden, was Sie wollen.
Oberst. Mit dem spoettischen Ton kommen wir nicht weiter.
Fr. v. Dorsigny. Ohne Groll, Herr von Dorsigny! Sie haben auf meine Unkosten gelacht, ich lache jetzt auf die Ihrigen, und so heben wir gegen einander auf.-Ich habe jetzt einige Besuche zu geben. Wenn ich zurueckkomme und Ihnen der spasshafte Humor vergangen ist, so koennen wir ernsthaft miteinander reden. (Ab.)
Oberst (zu Frau von Mirville). Verstehst du ein Wort von allem, was sie da sagt?
Fr. v. Mirville. Ich werde nicht klug daraus. Aber ich will ihr folgen und der Sache auf den Grund zu kommen suchen. (Ab.)
Oberst. Thu' das, wenn du willst. Ich geb' es rein auf-so ganz toll und naerrisch hab' ich sie noch nie gesehen. Der Teufel muss in meiner Abwesenheit meine Gestalt angenommen haben, um mein Haus unterst zu oberst zu kehren, andere begreif' ich's nicht-
Neunter Auftritt.
Oberst Dorsigny. Champagne, ein wenig betrunken.
Champagne. Nun, das muss wahr sein!-Hier lebt sich's, wie im Wirthshaus-Aber wo Teufel stecken sie denn alle?-Keine lebendige Seele hab' ich mehr gesehen, seitdem ich als Kourier den Laerm angerichtet habe-Doch, sieh da, mein gnaediger Herr, der Hauptmann-Ich muss doch hoeren, wie unsere Sachen stehen. (Macht gegen den Oberst Zeichen des Verstaendnisses und lacht selbstgefaellig.)
Oberst. Was Teufel! ist das nicht der Schelm, der Champagne?-Wie kommt der hieher, und was will der Esel mit seinen einfaeltigen Grimassen?
Champagne (wie oben). Nun, nun, gnaediger Herr?
Oberst. Ich glaube, der Kerl ist besoffen.
Champagne. Nun, was sagen Sie? Hab' ich meine Rolle gut gespielt?
Oberst (fuer sich). Seine Rolle? Ich merke etwas-Ja, Freund Champagne, nicht uebel.
Champagne. Nicht uebel! Was? Zum Entzuecken hab' ich sie gespielt. Mit meiner Peitsche und den Kourierstiefeln, sah ich nicht einem ganzen Postillon gleich? Wie?
Oberst. Ja! ja! (Fuer sich.) Weiss der Teufel, was ich ihm antworten soll.
Champagne. Nun, wie steht's drinnen? Wie weit sind Sie jetzt?
Oberst. Wie weit ich bin-wie's steht-nun, du kannst dir leicht vorstellen, wie's steht.
Champagne. Die Heirath ist richtig, nicht wahr?-Sie haben als Vater die Einwilligung gegeben?
Oberst. Ja.
Champagne. Und morgen treten Sie in Ihrer wahren Person als Liebhaber auf.
Oberst (fuer sich). Es ist ein Streich von meinem Neffen.
Champagne. Und heirathen die Wittwe des Herrn von Lormeuil-Wittwe! Hahaha!-die Wittwe von meiner Erfindung.
Oberst. Worueber lachst du?
Champagne. Das fragen Sie! Ich lache ueber die Gesichter, die der ehrliche Onkel schneiden wird, wenn er in vier Wochen zurueckkommt und Sie mit seiner Tochter verheirathet findet.
Oberst (fuer sich). Ich moechte rasend werden!
Champagne. Und der Braeutigam von Toulon, der mit ihm angezogen kommt und einen Andern in seinem Neste findet-das ist himmlisch!
Oberst. Zum Entzuecken!
Champagne. Und wem haben Sie alles das zu danken? Ihrem treuen Champagne!
Oberst. Dir? Wie so?
Champagne. Nun, wer sonst hat Ihnen denn den Rath gegeben, die Person Ihres Onkels zu spielen?
Oberst (fuer sich). Ha der Schurke!
Champagne. Aber das ist zum Erstaunen, wie Sie Ihrem Onkel doch so aehnlich sehen! Ich wuerde drauf schwoeren, er sei es selbst, wenn ich ihn nicht hundert Meilen weit von uns wuesste.
Oberst (fuer sich). Mein Schelm von Neffen macht einen schoenen Gebrauch von meiner Gestalt.
Champagne. Nur ein wenig zu aeltlich sehen Sie aus-Ihr Onkel ist ja so ziemlich von Ihren Jahren; Sie haetten nicht noethig gehabt, sich so gar alt zu machen.
Oberst. Meinst du?
Champagne. Doch was thut's! Ist er doch nicht da, dass man eine Vergleichung anstellen koennte-Und ein Glueck fuer uns, dass der Alte nicht da ist! Es wuerde uns schlecht bekommen, wenn er zurueck kaeme.
Oberst. Er ist znrueckgekommen.
Champagne. Wie? Was?
Oberst. Er ist zurueckgekommen, sag' ich.
Champagne. Um Gotteswillen, und Sie stehen hier? Sie bleiben ruhig? Thun Sie, was Sie wollen-Helfen Sie sich, wie Sie koennen-ich suche das Weite. (Will fort.)
Oberst. Bleib, Schurke! zweifacher Hallunke, bleib! Das also sind deine schoenen Erfindungen, Herr Schurke?
Champagne. Wie, gnaediger Herr, ist das mein Dank?
Oberst. Bleib, Hallunke!-Wahrlich, meine Frau (hier macht Champagne eine Bewegung des Schreckens) ist die Naerrin nicht, fuer die ich sie hielt-und einen solchen Schelmstreich sollte ich so hingehen lassen?-Nein, Gott verdamm' mich, wenn ich nicht auf der Stelle meine volle Rache dafuer nehme.-Es ist noch nicht so spaet. Ich eile zu meinem Notar. Ich bring' ihn mit. Noch heute Nacht heirathet Lormeuil meine Tochter-Ich ueberrasche meinen Neffen-er muss mir den Heirathscontract seiner Base noch selbst mit unterzeichnen-Und was dich betrifft, Hallunke-Champagne. Ich, gnaediger Herr, ich will mit unterzeichnen-ich will auf der Hochzeit mit tanzen, wenn Sie's befehlen.
Oberst. Ja, Schurke, ich will dich tanzen machen!-Und die Quittung ueber die hundert Pistolen, merk' ich jetzt wohl, habe ich auch nicht der Ehrlichkeit des Wucherers zu verdanken.-Zu meinem Glueck hat der Juwelier Bankerott gemacht-Mein Taugenichts von Neffe begnuegte sich nicht, seine Schulden mit meinem Gelde zu bezahlen; er macht auch noch neue auf meinen Kredit.-Schon gut! Er soll mir dafuer bezahlen! -Und du, ehrlicher Gesell, rechne auf eine tuechtige Belohnung.-Es thut mir leid, dass ich meinen Stock nicht bei mir habe; aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. (Ab.)