Champagne. Ich falle aus den Wolken! Muss dieser verwuenschte Onkel auch gerade jetzt zurueckkommen und mir in den Weg laufen, recht ausdruecklich, um mich plaudern zu machen-Ich Esel, dass ich ihm auch erzaehlen musste-Ja, wenn ich noch wenigstens ein Glas zu viel getrunken haette-Aber so!
Zehnter Auftritt.
Champagne. Franz Dorsigny. Frau von Mirville.
Fr. v. Mirville (kommt sachte hervor und spricht in die Scene zurueck). Das Feld ist rein-du kannst herauskommen-es ist Niemand hier als Champagne.
Dorsigny (tritt ein).
Champagne (kehrt sich um und faehrt zurueck, da er ihn erblickt). Mein Gott, da kommt er schon wieder zurueck! Jetzt wird's losgehen! (Sich Dorsigny zu Fuessen werfend.) Barmherzigkeit, gnaediger Herr! Gnade-Gnade einem armen Schelm, der ja unschuldig-der es freilich verdient haette-Dorsigny. Was soll denn das vorstellen? Steh auf! Ich will dir ja nichts zu Leide thun.
Champagne. Sie wollen mir nichts thun, gnaediger Herr-Dorsigny. Mein Gott, nein! Ganz im Gegentheil, ich bin recht wohl mit dir zufrieden-da du deine Rolle so gut gespielt hast.
Champagne (erkennt ihn). Wie, Herr, sind Sie's?
Dorsigny. Freilich bin ich's.
Champagne Ach Gott! Wissen Sie, dass Ihr Onkel hier ist?
Dorsigny. Ich weiss es. Was denn weiter?
Champagne. Ich hab' ihn gesehen, gnaediger Herr. Ich hab' ihn angeredet-ich dachte, Sie waeren's; ich hab' ihm alles gesagt, er weiss alles.
Fr. v. Mirville. Unsinniger! was hast du gethan?
Champagne. Kann ich dafuer? Sie sehen, dass ich eben jetzt den Neffen fuer den Onkel genommen-ist's zu verwundern, dass ich den Onkel fuer den Neffen nahm?
Dorsigny. Was ist zu machen?
Fr. v. Mirville. Da ist jetzt kein anderer Rath, als auf der Stelle das Hans zu verlassen.
Dorsigny. Aber wenn er meine Cousine zwingt, den Lormeuil zu heirathen-Fr. v. Mirville. Davon wollen wir morgen reden! Jetzt fort, geschwind! da der Weg noch frei ist! (Sie fuehrt ihn bis an die hintere Thuer, eben da er hinaus will, tritt Lormeuil aus derselben herein, ihm entgegen, der ihn zurueckhaelt und wieder vorwaerts fuehrt.)
Eilfter Auftritt.
Die Vorigen. Lormeuil.
Lormeuil. Sind Sie's? Ich suchte Sie eben.
Fr. v. Mirville (heimlich zu Dorsigny). Es ist der Herr von Lormeuil. Er haelt dich fuer den Onkel. Gib ihm so bald als moeglich seinen Abschied.
Lormeuil (zur Fr. v. Mirville). Sie verlassen uns, gnaedige Frau?
Fr. v. Mirville. Verzeihen Sie, Herr von Lormeuil. Ich bin sogleich wieder hier. (Geht ab, Champagne folgt.)
Zwoelfter Auftritt.
Lormeuil. Franz Dorsigny.
Lormeuil. Sie werden sich erinnern, dass Sie mich mit Ihrer Fraeulein Tochter vorhin allein gelassen haben?
Dorsigny. Ich erinnere mich's.
Lormeuil. Sie ist sehr liebenswuerdig; ihr Besitz wuerde mich zum gluecklichsten Manne machen.
Dorsigny. Ich glaub' es.
Lormeuil. Aber ich muss Sie bitten, ihrer Neigung keinen Zwang anzuthun.
Dorsigny. Wie ist das?
Lormeuil. Sie ist das liebenswuerdigste Kind von der Welt, das ist gewiss! Aber Sie haben mir so oft von Ihrem Neffen Franz Dorsigny gesprochen-Er liebt Ihre Tochter!
Dorsigny. Ist das wahr?
Lormeuil. Wie ich Ihnen sage, und er wird wieder geliebt!
Dorsigny. Wer hat Ihnen das gesagt?
Lormeuil. Ihre Tochter selbst
Dorsigny. Was ist aber da zu thun?-Was rathen Sie mir, Herr von Lormeuil?
Lormeuil. Ein guter Vater zu sein.
Dorsigny. Wie?
Lormeuil. Sie haben mir hundertmal gesagt, dass Sie Ihren Neffen wie einen Sohn liebten-Nun denn, so geben Sie ihm Ihre Tochter! Machen Sie Ihre beiden Kinder gluecklich.
Dorsigny. Aber was soll denn aus Ihnen werden?
Lormeuil. Aus mir?-Man will mich nicht haben, das ist freilich ein Unglueck! Aber beklagen kann ich mich nicht darueber, da Ihr Neffe mir zuvorgekommen ist.
Dorsigny. Wie? Sie waeren faehig, zu entsagen?
Lormeuil. Ich halte es fuer meine Pflicht.
Dorsigny (lebhaft). Ach, Herr von Lormeuil! Wie viel Dank bin ich Ihnen schuldig!
Lormeuil. Ich verstehe Sie nicht.
Dorsigny. Nein, nein, Sie wissen nicht, welch grossen, grossen Dienst Sie mir erzeigen-Ach, meine Sophie! Wir werden gluecklich werden!
Lormeuil. Was ist das? Wie?-Das ist Herr von Dorsigny nicht-War's moeglich-Dorsigny. Ich habe mich verrathen.
Lormeuil. Sie sind Dorsigny, der Neffe? Ja, Sie sind's-Nun, Sie habe ich zwar nicht hier gesucht, aber ich freue mich, Sie zu sehen. -Zwar sollte ich billig auf Sie boese sein wegen der drei Degenstiche, die Sie mir so grossmuethig in den Leib geschickt haben-Dorsigny. Herr von Lormeuil!
Lormeuil. Zum Glueck sind sie nicht toedtlich, also mag's gut sein. Ihr Herr Onkel hat mir sehr viel Gutes von Ihnen gesagt, Herr von Dorsigny, und weit entfernt, mit Ihnen Haendel anfangen zu wollen, biete ich Ihnen von Herzen meine Freundschaft an und bitte um die Ihrige.
Dorsigny. Herr von Lormeuil!
Lormeuil. Also zur Sache, Herr von Dorsigny-Sie lieben Ihre Cousine und haben vollkommen Ursache dazu. Ich verspreche Ihnen, allen meinen Einfluss bei dem Obersten anzuwenden, dass sie Ihnen zu Theil wird-Dagegen verlange ich aber, dass Sie auch Ihrerseits mir einen wichtigen Dienst erzeigen.
Dorsigny. Reden Sie! Fordern Sie! Sie haben sich ein heiliges Recht auf meine Dankbarkeit erworben.
Lormeuil. Sie haben eine Schwester, Herr von Dorsigny. Da Sie aber fuer Niemand Augen haben, als fuer Ihre Base, so bemerkten Sie vielleicht nicht, wie sehr Ihre Schwester liebenswuerdig ist-Ich aber-ich habe es recht gut bemerkt-und dass ich's kurz mache-Frau von Mirville verdient die Huldigung eines Jeden! Ich habe sie gesehen, und ich-Dorsigny. Sie lieben sie! Sie ist die Ihre! Zaehlen Sie auf mich!-Sie soll Ihnen bald gut sein, wenn sie es nicht schon jetzt ist-dafuer steh' ich. Wie sich doch alles so gluecklich fuegen muss!-Ich gewinne einen Freund, der mir behilflich sein will, meine Geliebte zu besitzen, und ich bin im Stand, ihn wieder gluecklich zu machen.
Lormeuil. Das steht zu hoffen; aber so ganz ausgemacht ist es doch nicht-Hier kommt Ihre Schwester! Frisch, Herr von Dorsigny-sprechen Sie fuer mich! Fuehren Sie meine Sache! Ich will bei dem Onkel die Ihrige fuehren. (Ab.)
Dorsigny. Das ist ein herrlicher Mensch, dieser Lormeuil! Welche glueckliche Frau wird meine Schwester!
Dreizehnter Auftritt.
Frau von Mirville. Franz Dorsigny.
Fr. v. Mirville. Nun, wie steht's, Bruder?
Dorsigny. Du hast eine Eroberung gemacht, Schwester! Der Lormeuil ist Knall und Fall sterblich in dich verliebt worden. Eben hat er mir das Gestaendniss gethan, weil er glaubte mit dem Onkel zu reden! Ich sagte ihm aber, diese Gedanken sollte er sich nur vergehen lassen-du haettest das Heirathen auf immer verschworen-Ich habe recht gethan, nicht?
Fr. v. Mirville. Allerdings-aber-du haettest eben nicht gebraucht, ihn auf eine so rauhe Art abzuweisen. Der arme Junge ist schon uebel genug daran, dass er bei Sophien durchfaellt.