Vierzehnter Auftritt.
Vorige. Champagne.
Champagne. Nun, gnaediger Herr! machen Sie, dass Sie fort kommen. Die Tante darf Sie nicht mehr hier antreffen, wenn sie zurueckkommt-Dorsigny. Nun, ich gehe! Bin ich doch nun gewiss, dass mir Lormeuil die Cousine nicht wegnimmt. (Ab mit Frau v. Mirville.)
Fuenfzehnter Auftritt.
Champagne allein.
Da bin ich nun allein!-Freund Champagne, du bist ein Dummkopf, wenn du deine Unbesonnenheit von vorhin nicht gut machst-Dem Onkel die ganze Karte zu verrathen! Aber lass sehen! Was ist da zu machen?-Entweder den Onkel oder den Braeutigam muessen wir uns auf die naechsten zwei Tage vom Halse schaffen, sonst geht's nicht-Aber wie Teufel ist's da anzufangen?-Wart-lass sehen-(Nachsinnend.) Mein Herr und dieser Herr von Lormeuil sind zwar als ganz gute Freunde auseinander gegangen, aber es haette doch Haendel zwischen ihnen setzen koennen! Koennen, das ist mir genug! Davon lasst uns ausgehen-Ich muss als ein guter Diener Unglueck verhueten! Nichts als redliche Besorgniss fuer meinen Herrn-Also gleich zur Polizei! Man nimmt seine Massregeln, und ist's dann meine Schuld, wenn sie den Onkel fuer den Neffen nehmen?-Wer kann fuer die Aehnlichkeit-Das Wagestueck ist gross, gross, aber ich wag's. Misslingen kann's nicht, und wenn auch-Es kann nicht misslingen-Im aeussersten Fall bin ich gedeckt! Ich habe nur meine Pflicht beobachtet! Und mag dann der Onkel gegen mich toben, so viel er will-ich verstecke mich hinter den Neffen, ich verhelfe ihm zu seiner Braut, er muss erkenntlich sein-Frisch, Champagne, ans Werk-Hier ist Ehre einzulegen. (Geht ab.)
Dritter Aufzug.
Erster Auftritt.
Oberst Dorsigny kommt. Gleich darauf Lormeuil.
Oberst. Muss der Teufel auch diesen Notar gerade heute zu einem Nachtessen fuehren! Ich hab' ihm ein Billet dort gelassen, und mein Herr Neffe hatte schon vorher die Muehe auf sich genommen.
Lormeuil (kommt). Fuer diesmal denke ich doch wohl den Onkel vor mir zu haben und nicht den Neffen.
Oberst. Wohl bin ich's selbst! Sie duerfen nicht zweifeln.
Lormeuil. Ich habe Ihnen viel zu sagen, Herr von Dorsigny.
Oberst. Ich glaub' es wohl, guter Junge! Du wirst rasend sein vor Zorn-Aber keine Gewalttaetigkeit, lieber Freund, ich bitte darum! -Denken Sie daran, dass Der, der Sie beleidigt hat, meine Neffe ist-Ihr Ehrenwort verlang' ich, dass Sie es mir ueberlassen wollen, ihn dafuer zu strafen.
Lormeuil. Aber so erlauben Sie mir-Oberst. Nichts erlaub' ich! Es wird nichts daraus!-So seid ihr jungen Leute! Ihr wisst keine andere Art, Unrecht gut zu machen, als dass ihr einander die Haelse brecht.
Lormeuil. Das ist aber ja nicht mein Fall. Hoeren Sie doch nur.
Oberst. Mein Gott! ich weiss ja! Bin ich doch auch jung gewesen! -Aber lass dich das alles nicht anfechten, guter Junge! du wirst doch mein Schwiegersohn! Du wirst's-dabei bleibt's!
Lormeuil. Ihre Guete-Ihre Freundschaft erkenn' ich mit dem groessten Dank-Aber, so wie die Sachen stehen-Oberst (lauter) Nichts! Kein Wort mehr!
Zweiter Auftritt.
Champagne mit zwei Unteroffizieren. Vorige.
Champagne (zu diesen). Sehen Sie's, meine Herren? Sehen Sie's? Eben wollten sie an einander gerathen.
Lormeuil. Was suchen diese Leute bei uns?
Erster Unterofficier. Ihre ganz gehorsamen Diener, meine Herren! Habe ich nicht die Ehre, mit Herrn von Dorsigny zu sprechen?
Oberst. Dorsigny heiss' ich.
Champagne. Und dieser hier ist Herr von Lormeuil?
Lormeuil. Der bin ich, ja. Aber was wollen die Herren von mir?
Zweiter Unterofficier. Ich werde die Ehre haben, Euer Gnaden zu begleiten.
Lormeuil. Mich zu begleiten? Wohin? Es faellt mir gar nicht ein, ausgehen zu wollen.
Erster Unterofficier (zum Oberst). Und ich, gnaediger Herr, bin beordert, Ihnen zur Escorte zu dienen.
Oberst. Aber wohin will mich der Herr eskortieren?
Erster Unterofficier. Das will ich Ihnen sagen, gnaediger Herr. Man hat in Erfahrung gebracht, dass Sie auf dem Sprung stuenden, sich mit diesem Herrn zu schlagen, und damit nun-Oberst. Mich zu schlagen! Und weswegen denn?
Erster Unterofficier. Weil Sie Nebenbuhler sind-weil Sie Beide das Fraeulein von Dorsigny lieben. Dieser Herr hier ist der Braeutigam des Fraeuleins, den ihr der Vater bestimmt hat-und Sie, gnaediger Herr, sind ihr Cousin und ihr Liebhaber-O wir wissen alles!
Lormeuil. Sie sind im Irrthum, meine Herren.
Oberst. Wahrlich, Sie sind an den Unrechten gekommen.
Champagne (zu den Wachen). Frisch zu! Lassen Sie sich nichts weis machen, meine Herren! (Zu Herrn von Dorsigny.) Lieber, gnaediger Herr! werfen Sie endlich Ihre Maske weg! Gestehen Sie, wer Sie sind! Geben Sie ein Spiel auf, wobei Sie nicht die beste Rolle spielen!
Oberst. Wie, Schurke, das ist wieder ein Streich von dir-Champagne. Ja, gnaediger Herr, ich hab' es so veranstaltet, ich leugn' es gar nicht-ich ruehme mich dessen-Die Pflicht eines rechtschaffenen Dieners habe ich erfuellt, da ich Unglueck verhuetete.
Oberst. Sie koennen mir's glauben, meine Herren! Der, den Sie suchen, bin ich nicht; ich bin sein Onkel.
Erster Unterofficier. Sein Onkel? Gehn Sie doch! Sie gleichen dem Herrn Onkel ausserordentlich, sagt man, aber uns soll diese Aehnlichkeit nicht betruegen.
Oberst. Aber sehen Sie mich doch nur recht an! Ich habe ja eine Perruecke, und mein Neffe traegt sein eigenes Haar.
Erster Unterofficier. Ja, ja, wir wissen recht gut, warum Sie die Tracht Ihres Herrn Onkels angenommen-Das Stueckchen war sinnreich; es thut uns leid, dass es nicht besser geglueckt ist.
Oberst. Aber, mein Herr, so hoeren Sie doch nur an-Erster Unterofficier. Ja, wenn wir Jeden anhoeren wollten, den wir festzunehmen beordert sind-wir wuerden nie von der Stelle kommen-Belieben Sie, uns zu folgen, Herr von Dorsigny! Die Postchaise haelt vor der Thuer und erwartet uns.
Oberst. Wie? was? die Postchaise?
Erster Unterofficier. Ja, Herr! Sie haben Ihre Garnison heimlich verlassen! Wir sind beordert, Sie stehenden Fusses in den Wagen zu packen und nach Strassburg zurueckzubringen.
Oberst. Und das ist wieder ein Streich von diesem verwuenschten Taugenichts! Ha, Lotterbube!
Champagne. Ja, gnaediger Herr, es ist meine Veranstaltung-Sie wissen, wie sehr ich dawider war, dass Sie Strassburg ohne Urlaub verliessen.
Oberst (hebt den Stock auf). Nein, ich halte mich nicht mehr-Beide Unterofficiere. Maessigen Sie sich, Herr von Dorsigny!
Champagne. Halten Sie ihn, meine Herren! ich bitte-Das hat man davon, wenn man Undankbare verpflichtet. Ich rette vielleicht Ihr Leben, da ich diesem unseligen Duell vorbeuge, und zum Dank haetten Sie mich todt gemacht, wenn diese Herren nicht so gut gewesen waeren, es zu verhindern.
Oberst. Was ist hier zu thun, Lormeuil?
Lormeuil. Warum berufen Sie sich nicht auf die Personen, die Sie kennen muessen?
Oberst. An wen, zum Teufel! soll ich mich wenden? Meine Frau, meine Tochter sind ausgegangen-meine Nichte ist vom Complott-die ganze Welt ist behext.
Lormeuil. So bleibt nichts uebrig, als in Gottes Namen nach Strassburg zu reisen, wenn diese Leute nicht mit sich reden lassen.
Oberst. Das waere aber ganz verwuenscht-Erster Unterofficier (zu Champagne). Sind Sie aber auch ganz gewiss, dass es der Neffe ist?