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»Was fällt dir auf, Don?«

»Es ist mir hier ein wenig zu tot. Es gibt keine Vögel und keine Vierfüßler. Keine Ameise, keine Fliege. Nicht einmal einen Floh. Hast du ein Tier gesehen?«

»Schau einmal ins Mikroskop. Was sagst du dazu?«

Don blickte ins Okular. »Was ist das?«

»Ein Wassertropfen. Ich habe Erde mit Wasser aufgerührt. Das ist ein Tropfen davon.«

»Na und? Ich sehe nichts.«

»Das ist es ja eben.« Al zog das Objektträgerscheibchen unter den Klemmen hervor. »Nichts. Nicht einmal Mikroorganismen. Es muß doch auch hier eine Evolution von den niedrigsten Lebensformen zu den höheren und höchsten gegeben haben. Woher stammen die Erbauer der Stadt?«

Don wußte keine Antwort.

»Ich will dir noch etwas zeigen. Vielleicht revidierst du dann deine Meinung, daß die Routineanalysen etwas Unnützes sind. Kennst du diese Formel?« Er hielt Don einen Zettel hin.

»Das Ergebnis einer chemischen Bestimmung. Weißt du, was das ist?«

Noch während Don den Kopf schüttelte, fuhr Al fort: »Das Zeug hat keinen Eigennamen, aber es ist äußerst wirksam. Paß auf: Ich führe dir ein kleines Experiment vor.«

Er schob einen Polypeptid-Objektträger in die Vakuumkammer des Mikroskops, stellte auf ionenoptische Vergrößerung und bat Don, das Bild anzusehen.

»Langgestreckte Rechtecke. Was ist damit?«

»Bakterien aus unserem biologischen Versuchsmaterial.«

Al tauchte ein Glasstäbchen in ein Reagenzglas und holte einen Tropfen glasklarer Flüssigkeit hervor. Er zog den Objektträger heraus, strich den Tropfen daran ab und schob ihn wieder in den Strahlengang. Durch einen Blick ins Okular überzeugte er sich davon, daß das, was er erwartet hatte, eingetreten war. Dann winkte er Don.

»Was siehst du?«

»Die Rechtecke lösen sich in Fetzen auf. So sprich doch endlich, Al! Was hat das zu bedeuten?«

Al bückte sich und riß ein paar Blätter aus der Grasmatte, auf der sie standen.

»Nach der Formel ist es eine Art Antibiotikum. Es wirkt ungewöhnlich stark und schnell.«

»Wo kommt das Zeug vor?«

»Überall. Es liegt als dünner Überzug auf den Pflanzen, auf dem Gestein. Es ist im Wasser gelöst und fliegt als Staub durch die Luft.«

Don zog ratlos die Schultern hoch.

»Ja, aber, wie erklärst du dir…«

»Ich kann überhaupt nichts erklären. Ich stelle nur fest. Und nun kommt noch eine Überraschung.« Er wies auf einige Splitter, die er von dem größeren Steinbrocken abgeschlagen hatte.

»Es ist eine Probe von dort drüben«, sagte Al und wies auf eine der steilen Felsklippen draußen im Hügelland. »Ich habe sie schon flüchtig untersucht, aber, um sicherzugehen, mache ich jetzt eine vollständige Spektralanalyse.«

Don und Katja folgten seinen flinken und geschickten Bewegungen. Mit einem Stück rauher Platinfolie – sie sah wie eine Nagelfeile aus – rieb er Pulver von dem Probestück ab. Ein wenig davon kam in eine Röntgendrehkristallapparatur, die Folie selbst steckte er in einen Spektrografen. Nun warteten sie auf die Daten, Don mit nervöser Ungeduld, Katja mit verständnislosem Staunen, Al mit gespielter Ruhe. Dann klickten die Transporträder des Lochstreifens, und zwei zehn Zentimeter lange Papierschlangen wanden sich ans Tageslicht. Al griff zu und lächelte dann.

»Laß uns nicht herumstehen wie Idioten«, schrie Don. »Was hast du gefunden?«

Al lächelte noch immer.

»Plastik. Die Felsen bestehen aus Plastik.«

Sie schwiegen eine Weile. Dann sagte Aclass="underline"

»Es hat keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken. Hier gibt es nun einmal einiges, was rätselhaft ist. Keimfreier Boden und künstliche Felsen – das läßt sich in kein vernünftiges Bild einordnen. Aber was ist schließlich Schlimmes daran? Das Bedenklichste sind die Vorfälle über der Stadt. Doch selbst sie geben keinen Grund zur Aufregung. Du hättest ja schließlich nicht wie wild gegen den Widerstand anrennen müssen!«

»Ach, Al, laß das doch!« bat Katja, und Don blickte böse.

»Warum soll ich nicht davon sprechen?« Sogar dem beherrschten Al war jetzt eine Verärgerung anzumerken. »Die Aufgabe, die wir uns gestellt haben, ist nun einmal nicht ganz so leicht, wie wir es uns dachten. Wenn wir nicht klein beigeben wollen, müssen wir aufhören, uns kindisch zu benehmen. Oder wollt ihr aufgeben?«

Katja blickte auf Don, und dieser verneinte heftig.

»Ich natürlich auch nicht«, sagte Kat.

»Na schön. Dann wollen wir ein bißchen systematischer vorgehen. Wir haben einige Tatsachen festgestellt, die wir noch nicht verstehen. Künftig werden wir keine Möglichkeit versäumen, weitere Informationen zu gewinnen. Ich bin überzeugt, daß sich alles vernünftig erklären läßt.«

Don hatte sich ins Gras gesetzt und spielte mit ein paar Halmen.

»Kann uns dieses Antibiotikum nicht schaden?« fragte er mißtrauisch, als ein wenig Staub auf seinen Fingern zurückblieb.

»Beruhige dich«, sagte Al. »Es schadet nicht, das weißt du selbst.«

Don berührte Kats Hals mit einem Grashalm und lachte, als sie zusammenfuhr.

»Du hast recht, Al«, sagte er. Er hatte seine gute Laune wiedergewonnen. »Du hast recht. Was wollen wir nun unternehmen?«

»Am besten, wir führen die Untersuchung zu Ende. Dabei können wir überlegen, wie wir in die Stadt kommen können.«

»Meinst du, daß wir die Sperre überwinden können?«

»Was war es eigentlich«, fragte Al. »Eine Strömung? Ein starker Wind? Oder eine Kraft?«

»Ja, irgend etwas Derartiges. Jedenfalls nichts Hartes. Vielleicht ein weicher unsichtbarer Gegenstand?«

»Ich glaube an keine unsichtbaren Gegenstände. Dann schon eher eine Kraft – eine Art Antigravitation. Aber das ist gar nicht so wichtig. Wichtiger für uns wäre zu wissen, was für einen Zweck sie hat.«

»Na, das ist doch klar – die Stadt ist abgesperrt. Niemand darf hinein. Vielleicht noch eine Einrichtung von früher.«

»Möglich. Hast du aber auch an eine andere Möglichkeit gedacht? Ich glaube es zwar nicht, aber könnte nicht Jak…?«

»Jak? Hm – zuzutrauen wäre es ihm. Aber wie sollte er es gemacht haben?«

Plötzlich war etwas Ungewöhnliches da, zuerst noch nicht erkennbar… helles, hohes Klingen erschütterte die Luft. Ein weißglühender Ball schoß wie ein Blitz von oben herab, dann heulte es auf und schloß mit einem dumpfen Schlag. Alles war wie vorher, bis auf eines: In der ihnen zugewandten Flanke der nächsten Erhebung, einer unauffälligen Bodenwelle, gähnte ein neuer schwarzer Trichter.

Die drei Menschen waren bleich geworden, sie spürten ihre Herzen klopfen. Sie standen geduckt da, als hätte sie jemand angegriffen. Nur langsam fanden sie sich wieder. Da rief Al laut in die Stille hinein:

»Ich hab’s!«

»Was hast du?« fragte Don heiser.

»Morgen kommen wir in die Stadt!«

»Wieso? Wie meinst du das?«

»Was wir eben gesehen haben, war ein Meteor. Die Trichter sind Meteorkrater. Hast du welche in der Nähe der Stadt gesehen?«

»Ich kann mich nicht erinnern.«

»Aber ich: Es gibt keine. Und jetzt weiß ich, was das abstoßende Kraftfeld zu bedeuten hat: Es ist ein Abwehrschirm gegen Meteore, die es hier offenbar häufig gibt.«

»Klingt logisch. Aber was hat das alles mit unserem Besuch der Stadt zu tun?«

»Ist doch klar!« sagte Al. »Sie brauchen die Stadt ja nur gegen oben zu schützen. Ich bin sicher: Unter dem Schirm liegt ein freier Rand. Es gab doch früher Wege, die aus der Stadt herausführten. Wir müssen uns am Boden nähern, dann kommen wir hinein!«

Don schlug Al auf die Schulter.

»Mensch, dann ist dieses ulkige Kraftfeld ja gar nicht gegen uns gerichtet! Dann steht uns ja nichts mehr im Weg!«

Al nickte zuversichtlich.

»Scheint so«, sagte er trocken.