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Von Zeit zu Zeit kam sie in den Anrichteraum, und während sie Salat und Grapefruits holte, konnte er ein paar Worte mit ihr wechseln.

»Heute abend?«

»Unmöglich«, sagte sie. »Ich geh gleich nach dem Abendessen zu Bett.« Sie rannte weg und ließ ihn stehen wie einen Topf auf dem Herd.

Er begann zu kochen. Was ist los, zum Teufel, dachte er. Gestern haben wir von Liebe geredet, und heute ist ihr nichts wichtiger als ihr Schlaf.

Er machte ein finsteres Gesicht, als sie das nächstemal hereinkam.

Sie beugte sich über ihn, der verdrossen seine ZitronenScheiben schnitt. Ihr Kinn war weich und rund, fast noch ein wenig kindlich.

»Ich geh so zeitig zu Bett, damit ich vor Morgengrauen aufwachen und am Hotelstrand schwimmen kann. Magst du kommen?«

Ihre Augen glänzten vor Erregung und Geheimnis.

Er verschlang sie mit den Blicken.

»Sicher mag ich«, sagte er.

Ein Insekt summte an seinem Ohr und ließ sich nicht verscheuchen, wie immer er den Kopf auch drehte. Er öffnete die Augen. In der Unterkunft war es finster. Seine Hand tastete unter das Kissen. Er hatte den Wecker in zwei Unterhemden und ein Handtuch gewickelt, und ein paar Pfund Federn dämpften sein Summen; trotzdem lag Michael, nachdem er das Läutwerk abgestellt hatte, eine Weile still und lauschte, ob er niemanden geweckt habe. Aber nichts war um ihn als Schlafgeräusche.

Er schlüpfte aus dem Bett. Die Badehose hatte er ans Fußende seiner Pritsche gehängt, er fand sie im Finstern und zog sie erst draußen vor der Unterkunft an. Es war sehr still.

Ellen erwartete ihn im Gehölz. Einander an den Händen haltend, liefen sie hinunter zum Strand.

»Mach keinen Lärm, wenn du ins Wasser gehst«, flüsterte sie. Sie schlichen sich hinein wie Diebe und machten den Atlantik zu ihrem Privatbad, ganz unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Seite an Seite schwammen sie hinaus, dann drehte er sich auf den Rücken und sie tat desgleichen, und so ließen sie sich treiben und hielten einander an den Händen und sahen hinauf in den dunklen Himmel und zu dem schmalen Mond, der nicht länger als eine Stunde zu leben hatte.

Als sie aus dem Wasser kamen, umschlangen sie einander, fröstelnd im Frühwind. Seine Finger suchten in ihren Haaren. »Was machst du denn?«

»Ich möchte dein Haar offen sehen.« Er kämpfte mit einer un-endlichen Menge von Haarnadeln und Klammern. Einige fielen in den Sand.

»Du, die kosten Geld«, sagte Ellen. Er gab keine Antwort. Bald fielen ihr die Zöpfe frei über die Schultern, und als sie den Kopf schüttelte, lösten sie sich zu einer blonden Mähne. Er hielt ihr dichtes Haar mit beiden Händen, während er sie küßte. Dann ließ er das Haar los. Als er sie berührte, wandte sie ihren Mund ab.

»Bitte, nicht«, sagte sie. Ihre Finger schlossen sich um seine Hand.

»Was glaubst du, wer es wohl zuerst sagen wird?« »Was?«

»Ich liebe dich«, sagte er.

Sie ließ die Hände sinken. Aber nur vorübergehend.

So vergingen die Tage. Er produzierte Berge von Obstsalat und Meere von Fruchtsaft. Nach dem Abendessen machten sie einen Spaziergang in den Wald und gingen dann zeitig zu Bett, um wach zu werden, wenn alles sonst schlief: dann schwammen sie und küßten einander und quälten einander mit Zärtlichkeiten und einem gegenseitigen Verlangen, dem Ellen erbittert die Erfüllung versagte.

An ihren freien Tagen fuhren sie nach Cape Cod. An einem Dienstag fuhren sie zum Kanal und zurück per Anhalter, das letzte Stück des Weges bei strömendem Regen hinten auf dem offenen Pferdewagen eines portugiesischen Gemüsehändlers, wo Ellen sich an Michael schmiegte und Michael die Hand zwischen ihren warmen Schenkeln hielt, verborgen unter einer Regenplache, die nach feuchtem Dünger und nach Ellens Toilettenwasser roch.

All das konnte nicht unbemerkt bleiben. Eines Abends, als Michael seine weißen Arbeitskleider auszog und in die Jeans fuhr, trat Al Jenkins zu einem nachbarlichen Klatsch an seine Pritsche.

»Hey, Spinner, schaffst du's wirklich bei diesem Eisberg von Radcliffe?«

Michael sah ihn nur an.

»Na«, sagte Al herausfordernd, »wie ist sie denn?« Einer von den Busboys stieß seinen Nachbarn an. Michael stand dem andern gegenüber, gespannt und bereit. Er hatte seit seiner Kinderzeit keinen Menschen mehr geschlagen, aber jetzt wußte er, für welche Gelegenheit er es sich aufgespart hatte. Er schloß den obersten Haken seiner Jeans und ging um die Pritsche herum auf Al zu.

»Ein Wort noch«, sagte er. Jenkins hatte sich eben einen Schnurrbart wachsen lassen, und Michael wußte schon, wo er ihn treffen würde: auf den dünnen blonden Flaum zwischen der Nase und den grinsenden Lippen. Aber Jenkins enttäuschte ihn.

»Scheiße«, sagte er und wandte sich zum Gehen. »Verdammt empfindlich werden die Leute hier.«

Die Busboys pfiffen, aber eindeutig nicht über Michael. Er hätte allen Grund gehabt, bester Laune zu sein, aber wenig später war er in schwärzester Stimmung unterwegs zur Stadt. Als er in den Drugstore kam, hatte sich die Schwärze noch nicht verflüchtigt. Hinter dem Ladentisch stand ein dürres, pickeliges Mädchen, und am andern Ende des Raumes wartete ein grauhaariger Mann auf Kundschaft.

»Was soll's denn sein?« fragte das Mädchen.

»Ich warte auf ihn.«

Sie entfernte sich mit einem kühlen Nicken.

»Drei oder ein Dutzend?« fragte der Mann diskret.

Sie hatten noch ganze drei Wochen vor sich. »Ein Dutzend«, sagte Michael. In dieser Nacht erschien er am Strand mit einer blauen Reißverschlußtasche.

»Willst du durchbrennen?« fragte Ellen.

Er schwenkte die Tasche, so daß sie es glucksen hören konnte.

»Sherry, mein Liebes. Für dich und mich. Nach dem Baden.«

»Bist ein genialer Junge! «

Sie schwammen, und dann standen sie im Wasser und küßten einander und berührten einander und erzählten einander flüsternd von ihrer Liebe; dann gingen sie hinauf zum Strand. Er hatte sich auf den Wein verlassen, aber dann stieß er auf keinen Widerstand, als er ihr das Badetrikot auszog; er hatte die Reißverschlußtasche noch nicht geöffnet.

»Bitte nicht, Michael«, sagte sie verträumt, als er ihr das Trikot über die Hüften streifte.

»Bitte«, flüsterte er. »Bitte! « Entschlossen wehrte ihre Hand die seine ab. Sie küßte ihn, und die Spitzen ihrer Brüste berührten seine Haut.

»Mein Gott«, sagte er. Seine Hand umschloß ihre weiche, warme Brust. »Nur ausziehen«, sagte er. »Nichts weiter. Ich will nichts, als mit dir nackt sein.«

»Bitte, nicht bitten«, sagte sie.

Er wurde wütend. »Wofür hältst du mich eigentlich?« sagte er.

»Wenn du mich wirklich liebst -«

»Hör auf - stell uns nicht diese Bedingung!«

Aber während sie es sagte, waren ihre Hände an ihren Hüften beschäftigt, und das Badetrikot fiel nieder auf den Sand.

Seine Hände waren klamm vor Erregung, als er die Schwimmhose auszog. Nackt lagen sie nun im weichen Sand. Ellens bebender Körper war in der Dunkelheit voll von Geheimnis. Michael hatte die Hände um ihre Hinterbacken gelegt, sie fühlten sich glatt und fest an und viel kleiner, als er sie sich vorgestellt hatte. Sie sperrte sich, und er keuchte an ihrem Mund.

Er konnte nicht sprechen. Er versuchte, sie zu berühren, aber sie wehrte ihn ab. »Nicht jetzt. Bitte, nicht jetzt.«

Er konnte es nicht glauben. Am liebsten hätte er geheult, sie geschlagen und ihr Gewalt angetan. Seine Finger gruben sich in ihre Schultern. »Nicht jetzt? Wann denn? Wann, um Himmels willen?«

»Morgen nacht.«

»Und was wird morgen anders sein als heute?«

»Versuch es zu verstehen, bitte!«

Er schüttelte sie an den Schultern. »Was, zum Teufel, gibt es da zu verstehen?«

»Ich weiß nichts über Sex. Fast nichts.«