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Kühl, und ohne sich auch nur zu ihr herumzudrehen, erwiderte Omar: »Genau das ist deine Strafe, Christenmädchen. Hilflos zusehen zu müssen.«

»Ich werde Euch töten, Omar«, wimmerte Robin. »Wenn Ihr diesem Jungen etwas antut, werde ich Euch töten, das schwöre ich Euch!«

»Mach dich nicht lächerlich!«, sagte Omar.

»Irgendwie wird es mir gelingen«, antwortete Robin mit einer Stimme, die sie selbst erschreckte, einer Mischung zwischen Schluchzen, hilflosem Entsetzen und einer so gewaltigen Wut und Entschlossenheit, dass selbst Omar den Blick wandte und für einen kurzen Moment verwirrt aussah. »Ganz egal, an wen Ihr mich verkauft, ganz egal wie weit Ihr mich fortbringen lasst. Ihr habt es selbst gesagt: Ich werde die Gemahlin eines sehr einflussreichen, mächtigen Mannes werden. Und wenn es zehn Jahre dauert oder den Rest meines Lebens - irgendwann werde ich ihn dazu bringen, Euch töten zu lassen.«

»Du redest wirres Zeug, Christin«, antwortete Omar. Bildete sie es sich nur ein, oder klang er ganz leicht verunsichert?

»Vielleicht schon nach der ersten Nacht«, fuhr sie fort. »Vielleicht dauert es ein Jahr, vielleicht auch fünf oder zehn. Und vielleicht habt Ihr Recht, und es gelingt mir nie. Aber Ihr werdet nie wieder sicher sein, wer vor Euch steht, ob der Schatten hinter Euch wirklich nur ein Schatten ist, und die Schritte, die Ihr zu hören glaubt, wirklich nur eingebildet. Wollt Ihr den Rest Eures Lebens in Angst verbringen?«

Omars Verunsicherung war nun deutlich zu sehen. Sein Blick flackerte. Für einen kurzen Moment klammerte sich Robin an die verzweifelte Hoffnung, ihn mit ihren Worten tatsächlich beeindruckt zu haben. Dann aber schüttelte er den Kopf und lachte hart. »Ich habe mich nicht in dir getäuscht, Robin. Du bist wie eine Löwin. Eine Löwin im Körper eines Kindes, aber dennoch eine Löwin. Dein neuer Herr wird viel Gefallen an dir finden.« Er drehte sich mit einem Ruck wieder zu Ribauld herum. »Fahrt fort!«

Van Melk hatte mittlerweile den Becher aus der Hand gestellt und damit begonnen, Bauch und Oberschenkel des Jungen mit weißen Leinentüchern zu umwickeln, die so fest angelegt waren, dass sie ihm das Blut abschnüren mussten. Rustan ließ es klaglos geschehen, aber er sah dabei nicht den fränkischen Arzt an, sondern Robin, und in seinen Augen lag ein Flehen, dem sie nicht länger standhielt. Sie senkte den Kopf. Und immer noch spürte sie seinen Blick.

Sie hörte Schritte. Nur einen Moment später trat Omars Leibwächter hinter sie, legte die Hand unter ihr Kinn und zwang sie mit unerbittlichem Griff, den Jungen weiter anzusehen. Rustan wankte. Sein Blick begann sich zu verschleiern und sein Kopf fiel immer wieder auf die Seite, so, als kämpfte er mit aller Macht dagegen an einzuschlafen. »Wasser«, lallte er. »Ich habe... Durst. Gebt mir etwas... zu... trinken.«

»Später«, antwortete Ribauld. »Im Moment wäre es nicht gut für dich.«

Ribauld forderte den Jungen auf, sich auf dem Tisch auszustrecken. Langsam und mit unsicheren, wie schlaftrunken wirkenden Bewegungen kam Rustan der Aufforderung nach. Omar klatschte erneut in die Hände, und ein weiterer Mann betrat den Raum. Zusammen mit dem Krieger, der Rustan hereingebracht hatte, trat er an den Tisch. Halb wahnsinnig vor Entsetzen musste Robin zusehen, wie die beiden Rustans Hand- und Fußgelenke packten und gegen die Tischplatte drückten.

»Was habt Ihr vor?«, stammelte sie. »Ribauld... was bedeutet das?«

»Die Bandagen dienen nur dazu, den Blutverlust gering zu halten«, antwortete Ribauld, ohne sie anzusehen. Dann nahm er eine irdene Schale vom Tisch auf, trat damit an den Kessel, und füllte sie geschickt mit kochendem Wasser und trug sie behutsam zum Tisch zurück. Robin sah, wie er verschiedene Pulver und Tinkturen aus seinen mitgebrachten Fläschchen in das Wasser hineinrührte und schließlich mit einer fast zeremoniell anmutenden Geste einen ledernen Beutel öffnete, aus dem er ein feinkörniges Pulver schüttete, das er ebenfalls in das kochende Wasser rührte. »Pfeffer«, erklärte er. »Ein äußerst kostbares Gewürz aus dem fernen India. Es verfeinert nicht nur Speisen, es ist auch hervorragend dazu geeignet, bei Waschungen zu dienen und Wundbrand zu verhindern.«

Robin weigerte sich für einen Moment zu glauben, was sie hörte. Sie wusste immer noch nicht genau, was Ribauld mit dem hilflosen Jungen vorhatte (oder etwas tief in ihr weigerte sich einfach, es zu wissen); es musste jedoch etwas unbeschreiblich Grausames sein - und Ribauld sprach in einem Ton mit ihr, als unterhielten sie sich über die Zubereitung irgendeiner exotischen Speise!

Nachdem er eine Weile in der Schale herumgerührt hatte - Robin war fast sicher, dass er es nur so ausgiebig tat, um Zeit zu gewinnen -, tunkte er mit spitzen Fingern eines seiner Leinentücher hinein, beugte sich über Rustan und begann langsam und mit großer Sorgfalt, seinen Schambereich zu säubern. Robins Herz hämmerte. Der Junge war mittlerweile fest eingeschlafen, aber sein Körper reagierte auf die Bewegung. Seine Arme und Beine zuckten leicht, und die beiden Männer verstärkten ihren Griff. Auch wenn er es im Moment nicht spürte, würde er, wenn er erwachte, vermutlich vor Pein wimmern und Blutergüsse an Hand- und Fußgelenken haben.

»Was... was habt Ihr vor, Ribauld?«, flüsterte sie. »Wollt Ihr ihn zur Ader lassen?«

Niemand im Zimmer antwortete darauf. Ribauld beendete die Säuberung, nahm ein zweites Tuch, um den Jungen sorgsam abzutrocknen, und suchte dann mit großer Sorgfalt ein sichelförmiges Messer aus seinen Instrumenten heraus. Dann führte er eine einzige, blitzartige Bewegung aus. Er kastrierte den Jungen, dabei entfernte er ihm nicht etwa nur die Hoden, sondern auch das Glied. Blut spritzte in einer Fontäne aus der schrecklichen Wunde, besudelte die weißen Binden, Ribaulds Hände, Brust und Gesicht. Rustan erwachte mit einem gellenden Schrei aus seiner Betäubung und bäumte sich mit solcher Macht auf, dass selbst die beiden Männer alle Mühe hatten, ihn auf den Tisch niederzudrücken. Er kreischte in einer Tonhöhe und Lautstärke, wie Robin sie noch nie zuvor im Leben gehört hatte, und wand sich mit der Kraft eines Tobsüchtigen unter dem eisernen Griff der Krieger.

Ribauld legte das Messer aus der Hand und machte eine knappe Kopfbewegung, woraufhin Naida an den Tisch trat, rasch eines der Tücher ergriff, um es auf die heftig blutende Wunde zu drücken. Währenddessen nahm der fränkische Arzt eine Zange und ging damit zu dem Kessel mit kochendem Wasser. Mittels eines Werkzeuges zog er einen kleinen silbernen Zapfen aus dem Kessel und tauchte ihn kurz in die Schale mit dem kühleren Wasser, das er zuvor mit Pfeffer versetzt hatte. Dann befahl er Naida, das Tuch von der Wunde zu nehmen und schob den Pfropfen mit einer geübten Bewegung tief in die Wunde hinein. Rustan schrie noch einmal und noch lauter auf. Dann endlich erlöste ihn die Ohnmacht.

Völlig ungerührt davon, dass sich Robin wie rasend unter dem Griff des Muselmanen aufbäumte, der ihren Blick in Richtung des schrecklichen Geschehens zwang, fuhr Ribauld fort: »Der Zapfen muss in die Wurzel des abgetrennten Gliedes eingeführt werden, damit die Öffnung dort erhalten bleibt und der Körper auch weiterhin das überflüssige Wasser abführen kann. Täte man es nicht, würde sie sich verschließen und der Junge würde eines grausamen und qualvollen Todes sterben.«

Robin begann zu weinen. Sie wollte die Augen schließen, aber Omars Leibwächter ließ es nicht zu: Mit der linken Hand drückte er weiter ihr Kinn nach oben, sodass ihr Blick fest auf den Tisch geheftet blieb, und mit Mittel- und Zeigefinger der Rechten zwang er ihre Lider hoch. So musste sie auch weiterhin zusehen, wie Ribauld die Wunde rasch und geschickt mit in kaltes Wasser getauchten Leinentüchern verband und anschließend noch eine zweite, straffer sitzende Bandage anlegte. Er ging dabei geschickt und sehr ruhig zu Werke - und teilnahmslos. Wie konnten Hände, die imstande waren, so viel Gutes zu tun, zugleich auch so viel Unheil anrichten?