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Omars Lächeln wirkte mittlerweile etwas verzweifelt. Er wandte für einen Moment den Blick in Robins Richtung, verdrehte viel sagend die Augen und sah dann wieder zu Harun hoch. Der riesige Mann war dabei, sich selbst in Verzückung zu reden. Seine Augen leuchteten, und während er mit der linken Hand in der Luft herumfuhrwerkte, fuhr er sich mit der anderen unentwegt über den langen, bis weit auf die Brust herabfallenden weißen Bart.

»Und dann erst die Spezereien!«, schwärmte er. »Ihr wisst schon, all jene Kleinigkeiten, die für sich genommen nicht einmal viel...«

»Meisterlich!« Omar stand auf und klatschte, Begeisterung heuchelnd, in die Hände. Während Harun verdutzt abbrach und ihn einen Moment lang fast erschrocken ansah, lächelte Omar noch breiter, ließ sich wieder auf seine Kissen sinken und bemerkte dann: »Mir scheint, ich habe Euch verkannt. Ich sollte die Küchensklaven von Euch ausbilden lassen und würde vermutlich reicher werden als die Omayyadenkalifen. Denn wenn ich Euch weiter Haremsdamen ausbilden lasse, so wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis ich mir all dieses Speisen, von denen Ihr mir gerade vorgeschwärmt habt, kaum noch leisten kann.«

Harun al Dhin blinzelte verwirrt. »Was... meint Ihr damit, Herr?«

»Habt Ihr eine Vorstellung davon, wie viel mich Euer Vergleich dieser zierlichen Wüstenrose mit einer gefährlichen Raubkatze gekostet hat, Harun?«

»Aber das war doch nur...«

»Ich spreche jetzt nicht von den tausend Denar, die mir entgangen sind«, unterbrach ihn Omar, und in seinem freundlichen Ton schwang eine leise Drohung mit. Harun erbleichte plötzlich sichtbar und schluckte zwei-, dreimal trocken, als hätte er einen Kloß im Hals. »Das ist, mit Verlaub gesagt, eine Summe, die ich verschmerzen kann. Und manchmal ist es sogar von Vorteil, wenn ein Handel nicht sofort zum Abschluss kommt.«

»Wovon... redet Ihr dann, Herr?«, fragte Harun nervös.

»Zum Beispiel davon, dass der Statthalter glauben wird, dass ich ihn mit der Geschichte über diesen verrückten Sklaven in Frauenkleidern betrogen habe«, meinte Omar.

Harun blickte ihn bestürzt an. »Aber, o Herr, das habt Ihr doch auch...«

»Und dank deiner tatkräftigen Unterstützung, du Sohn eines einfältigen Hammels, vermochte er es auch noch herauszufinden!« Omar machte eine bedrohliche Pause. »Manchmal frage ich mich, in wessen Diensten du eigentlich stehst, Harun al Dhin.«

»Natürlich in den Euren, Herr«, beeilte sich Harun zu versichern.

»Ja, jedenfalls ist es das, was du behauptest«, antwortete Omar nachdenklich. »Und wofür du dich fürstlich von mir bezahlen lässt, nur nebenbei bemerkt.«

»Aber ich bitte Euch, Omar!« Harun rang nervös mit den fleischigen Händen. »Ihr kennt mich seit Jahren. Ich bin...«

»Und wenn ich es mir genau überlege«, fuhr Omar unbeirrt fort, den Blick auf einen imaginären Punkt gerichtet, »dann weiß ich so gut wie nichts über dich, Harun. Nur deinen Namen und den deiner Sklavin, und eine Menge interessanter Geschichten - die ich aber allesamt aus deinem eigenen Mund gehört habe, wenn ich es mir genau überlege. Sag mir, Harun: Was tust du so, wenn du nicht in Hama bist? Ich meine, manchmal vergehen Wochen, wenn nicht Monate, in denen du verschwunden bist, und niemand weiß, wo du dich aufhältst oder welchen Geschäften du nachgehst.« Er lächelte freundlich. »Natürlich ist es blanker Unsinn, aber man könnte auf den Gedanken kommen, dass es vielleicht noch einen zweiten Herrn gibt, in dessen Diensten du stehst - und für den du vielleicht nicht nur Tänzerinnen und Haremsdamen ausbildest.«

Harun wich erschrocken zurück. »Wie könnt Ihr so etwas auch nur denken, Herr?«, empörte er sich. »Niemandem bin ich so ergeben wie Euch!« Er hatte einen weinerlichen Ton angeschlagen, dicke Schweißperlen liefen über sein breites Gesicht und versickerten in seinem Bart. »Ich schwöre Euch beim Barte des Propheten, Omar Khalid, dass es niemanden gibt, dem ich...«

»Lüge!«, unterbrach ihn Omar, in scharfem Ton.

Harun wurde noch blasser und wäre weiter zurückgewichen, hätte das verzierte Gitter in seinem Rücken ihn nicht unvermittelt aufgehalten. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er den Sklavenhändler an.

Plötzlich jedoch brach Omar in schallendes Gelächter aus. »Du musst dich doch nur ansehen, um zu wissen, dass du niemandem so treu dienst wie deinem Bauch!«

Harun blinzelte. Zwei, drei Herzschläge lang starrte er Omar Khalid noch verwirrt und angstvoll an, dann begann sich vorsichtige Erleichterung auf seinem Gesicht breit zu machen.

Omar fuhr unbeirrt fort: »Dennoch werde ich gerade deinen Bauch bestrafen, Harun al Dhin. Wir werden morgen zu einer weiten Reise durch die Wüste aufbrechen, auf der du uns begleiten wirst. Und ich fürchte, der Luxus im Lager wird bei weitem nicht an die Köstlichkeiten von Kemal Mustafas Küche heranreichen. Aber du wirst sehen: Mit der Zeit gewöhnt man sich auch an Haferbrei und harten Käse.«

»Ich bin ein freier Mann!« Harun wedelte gebieterisch mit den Armen, was einen krassen Gegensatz zu der Furcht bildete, die ihm noch immer im Gesicht geschrieben stand. »Niemand hat mir zu sagen, wohin ich gehe!«

Omar hob nur die Schultern. »Ich fürchte, die Assassinen werden nicht begeistert sein, wenn sie morgen um diese Zeit feststellen, dass ich längst schon die Stadt verlassen habe«, sagte er. »Wer weiß, vielleicht werden sie dann nach jemandem suchen, der ihnen etwas über meine schönste Sklavin erzählen kann, und darüber, wohin sie mit mir verschwunden ist. Möchtest du von einem nicht besonders gut gelaunten Assassinen befragt werden, Harun? Man sagt, selbst die Tapfersten der Tapferen vermögen ihnen nicht zu widerstehen.«

Der massige Mann erstarrte für einen Moment, und die sichtbare Erleichterung wich einer Maske blanken Entsetzens. Seine Stimme hatte einen seltsam heiseren Ton, als er antwortete: »Ich danke Euch, Herr. Ihr seid die Flamme der Weisheit, das Licht, das mir in der Nacht meiner Torheit leuchtet.« Er verneigte sich tief. »Ich werde mit Euch ziehen und wenn Ihr direkt in den Schlund der Hölle reitet. Alles, nur lasst mich nicht in die Hand der Schatten fallen!«

Omar lächelte milde. »Es freut mich, dass ich dich doch noch umstimmen konnte, freier Mann. Du weißt besser als ich, wie viele Lektionen unser kleines Mädchen noch zu lernen hat, bis es zu einer Frau wird.«

Robin straffte die Schultern und sah Omar so lange kampflustig und herausfordernd an, bis er ihren Blick spürte und sich zu ihr umwandte. »Ich werde nicht gehen«, sagte sie. »Nicht ohne Nemeth und Saila. Ihr werdet sie freilassen.«

Sie hatte damit gerechnet, dass Omar zornig reagieren würde, aber der Ausdruck in seinen Augen war nur eine Art gutmütiger Spott, an dem nichts Verletzendes war. »Wieder in Leoparden-Laune?«, fragte er. Sein Blick löste sich von Robins Gesicht und glitt scheinbar versonnen über die Sammlung von Säbeln, Dolchen und anderen Waffen, die an der Wand hing. »Und was, wenn ich mich deinem Befehl widersetze? Wirst du mich dann zum stählernen Tanz fordern? Ich wüsste gern, wer so verrückt war, ein Kind das Töten zu lehren.« Sein Blick wirkte jetzt warm, fast sehnsüchtig. »Aber das wirst du mir natürlich niemals verraten. Und sollte ich mich entschließen, dich selbst zum Weibe zu nehmen, so müsste ich wohl jeden Morgen an mein Herz fassen und mich vergewissern, dass noch kein Dolch darin steckt.«