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Aber was war mit diesem Mann, dessen Namen sie gestern Abend gehört hatte? Buthol?

Eine schnelle Suche an ihrem Nachrichtenterminal ergab eine Reihe von Artikeln und Kommentaren, die alle von diesem Buthol stammten.

Buthol forderte sofortige Wahlen. Buthol verdächtigte die Präsidentin, Gelder für sich abzuzweigen, und forderte eine Offenlegung der Steuereinnahmen. Buthol argumentierte, dass nur eine vollwertige, umfassende Demokratie im Interesse aller war. Er verlangte, dass jeder Bürger mit seiner Stimme über alle wichtigen Angelegenheiten mitentscheiden konnte, ohne das irgendwelchen Volksvertretern überlassen zu müssen.

Die Meldungen waren einhellig der Ansicht, dass Buthol bislang nur wenige echte Anhänger hatte, dass er mit seinen Auftritten und Veröffentlichungen aber mehr und mehr Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Mit wachsendem Zorn las Iceni weiter. Für wen hält sich dieser Mann? Wie kann er es wagen, mich der Korruption zu beschuldigen? Wie kann er behaupten, ich wolle eine Diktatorin sein? Weil ich dem Pöbel trotz seiner Forderungen nicht die Kontrolle über dieses Sternensystem überlasse?

»Togo! Zu mir!«

So schnell, wie er in ihr Büro geeilt kam, musste ihr Tonfall etwas Beunruhigendes an sich gehabt haben. »Ja, Madam Präsidentin?«

»Warum zum Teufel haben Sie mir nichts von diesem Kater Buthol gesagt?«

Togo stutzte, dann sah er auf seinen Reader. »Ah, der. Ja. Er hat ein paar Anhänger. Wir überwachen ihn.«

»Ihm wird ziemlich viel Aufmerksamkeit zuteil. Und er greift mich persönlich an.«

»Madam Präsidentin, Sie haben uns angewiesen, die Wahlen auf den unteren Verwaltungsebenen ohne Einmischung …«

»Es sei denn, es wird etwas geäußert oder getan, das man als Bedrohung ansehen kann!« Sie sah Togo wütend an. »Hat Kater Buthol gegen irgendein Gesetz verstoßen?«

Togo schüttelte den Kopf. »Er passt sehr genau auf, dass er sich im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt. Sie könnten ihn festnehmen lassen, aber das müsste auf der Grundlage von frei erfundenen Behauptungen geschehen. Bis heute Abend könnte ich Ihnen die dazu passenden Beweise liefern.«

»Das wird nichts nützen! Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist eine Aktion, die diesen Komiker wie einen Märtyrer dastehen lässt.« Sie lehnte sich zurück und machte eine wütende Geste. »Dieser Buthol ist genau die Sorte Problem, die ich im Moment nicht gebrauchen kann! Finden Sie eine Lösung! Das wäre alles.«

»Ja, Madam Präsidentin.« Togo zog sich schneller als üblich zurück.

Den Rest des Tages verbrachte Iceni damit, sich in ihre Arbeit zu vertiefen und sich um die Entwicklungen bei den Wahlen auf den unteren Verwaltungsebenen zu kümmern, die dem Drängen der Bürger nach mehr Veränderungen entgegenkommen sollten. Es war nur nicht klar, ob diese Wahlen ein solches Ziel tatsächlich erreichen würden.

Am beunruhigendsten waren die gelegentlich auftauchenden Bemerkungen, General Drakon würde einen guten Präsidenten abgeben. Zum Wohl des Sternensystems und angesichts der drohenden Gefahr eines Angriffs durch das Syndikat wäre doch ein neuer Führer erforderlich, der mit solchen Bedrohungen umgehen konnte. Hatte Drakon selbst dieses Gerede in die Welt gesetzt? Das war wirklich bedenklich, aber noch bedenklicher war die Möglichkeit, dass die Bürger von selbst auf einen solchen Gedanken gekommen sein könnten. Es war offensichtlich erforderlich, daran zu arbeiten, wie sie von der Bevölkerung wahrgenommen wurde. Die Leute mussten wissen, wer die Gefechte hier und bei Kane gewonnen hatte, wer das Schlachtschiff an Land gezogen hatte, wer mehr über die Taktiken mobiler Streitkräfte vergessen hatte, als General Drakon sich an Wissen jemals würde aneignen können.

Als Iceni sich schlafen legte, hatte sie in Umrissen festgelegt, wie die PR-Kampagne aussehen sollte, die ihr Ansehen bei der Bevölkerung verbessern würde.

Am nächsten Morgen unterlief ihr der Fehler, ein großes Frühstück zu bestellen. So verschluckte sie sich fast an ihrem Essen, als sie die neuesten Berichte zu Gesicht bekam, die auf der Grundlage ihrer Suche am Abend zuvor zusammengestellt worden waren.

Die Polizei meldet, dass der politische Agitator und Kandidat der Nachbarschaftsvertretung Kater Buthol Opfer eines Raubüberfalls geworden ist. Offenbar hat er sich gegen seinen Angreifer zur Wehr gesetzt und wurde beim anschließenden Gerangel niedergeschossen. Buthol verstarb, noch bevor die Polizei am Tatort eingetroffen war.

Iceni starrte den Bericht an und wunderte sich, warum sie darauf nicht bloß überrascht, sondern schockiert reagierte. Gegen das Timing ist nichts einzuwenden. Jetzt raubt mir dieser Idiot nicht länger den Schlaf, und Togo kann …

Togo.

Was habe ich ihm gestern gesagt? Was habe ich zu Togo gesagt?

Dass er eine Lösung finden soll, was Buthol betrifft?

Was Togo so ausgelegt haben könnte, dass ich Buthol aus dem Weg geräumt wissen wollte.

Dieses eine Mal wollte ich ein Problem nicht auf diese Weise aus der Welt schaffen. Dieses eine Mal wollte ich es richtig machen.

Und trotzdem könnte ich seinen Tod befohlen haben.

Sie saß da und schaute auf ihr Display. Togo zu sich zu zitieren, würde nichts bringen. Er wusste, wie es ablief. Das war keine routinemäßige Angelegenheit, so als würde man für jemanden ein Erschießungskommando kommen lassen, das diesen Jemand öffentlich für sein Versagen im Dienst bestrafen sollte. Unter dem richtigen Vorwand konnte man so ohne viel Theater eine Person aus den unteren Reihen der Hierarchie loswerden. Aber nicht jeder, der eliminiert werden musste, hatte ein Verbrechen begangen, und manche Personen, die eigentlich neutralisiert werden sollten, hatten mächtige und einflussreiche Gönner. Es existierten bewährte Mittel und Wege, wie man das erledigen konnte und gleichzeitig jede persönliche Schuld für die Tat vermied. Wenn sie Togo fragte, ob er Buthol selbst getötet oder jemanden damit beauftragt hatte, würde er das leugnen. So war es immer. Schließlich versetzte er sie damit in die Lage, selber reinen Gewissens alles leugnen zu können. Sie hatte ihm nicht gesagt, er solle Buthol töten, und Togo würde einen Mord nicht zugeben. Wie oft hatten sie dieses Spiel schon gespielt, um Gewissheit zu haben, dass ein Verhör durch den ISD ergebnislos verlief?

Haben Sie den Auftrag gegeben, ihn zu töten?

Ich habe niemandem gesagt, er solle ihn töten.

Die Antwort wird als wahrheitsgemäß eingestuft.

Warum störte es sie nur so sehr, dass dieser Buthol womöglich auf ihre Veranlassung hin sein Leben verloren hatte? Es lag an dieser verdammten Marphissa und ihrem Vortrag über den Schutz des Volks.

Aber es ging auch um ihren eigenen Schutz und den ihrer Leute. Ich hatte eigentlich etwas dagegen unternehmen wollen. Ich hatte Attentate von der Liste der möglichen Mittel des Personalmanagements streichen lassen wollen.

Vielleicht hat Drakon ja damit zu tun. Buthol hat auch ein paar hässliche Dinge über ihn gesagt.

Sie zögerte, dann rief sie Drakon.

»Stimmt was nicht?«, fragte er, kaum dass er sie sah.

Das war nicht gut. Das Ganze hatte sie so mitgenommen, dass es ihr anzusehen war. »Ich wollte mich nur erkundigen, General, ob in Ihrem Büro in letzter Zeit Personal entlassen wurde.« Der Satz war alter Code, mit dem nachgefragt wurde, ob irgendwelche Attentate ausgeführt worden waren.

Drakon ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »In letzter Zeit nicht.«

Entweder hatte er den Mord nicht angeordnet, oder er wollte es nicht zugeben. Sie musste mit jemandem reden, der verstehen würde, was vorgefallen war. Aber wie sollte sie Drakon gegenüber zugeben, dass sie womöglich ein Attentat befohlen hatte? Zugegeben, CEOs machten so etwas ständig, aber streng genommen war es dennoch illegal. Und wenn sie jetzt ihre Beteiligung einräumte, konnte das später gegen sie verwendet werden – und das auch noch von jemandem, der diesen Beweis benutzen konnte, um sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen und die alleinige Macht über dieses Sternensystem für sich zu beanspruchen.