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Hatte Malin ihr die Wahrheit über Drakons Absichten gesagt? Konnte sie es wagen, dem Mann zu glauben?

Wenn dieser Idiot bloß nicht mit Morgan geschlafen hätte! Ich konnte spüren, wie wir uns näher gekommen waren, wie sich ein Gefühl dafür entwickelte, dem jeweils anderen schon mal ein Stück weit zu vertrauen …

Ein anderer Gedanke schoss ihr förmlich durch den Kopf und traf sie so unvorbereitet, dass Iceni nur hoffen konnte, dass Drakon sie nicht sofort durchschaute. War das Morgans Absicht gewesen? Hat sie gemerkt, dass ich mich in Drakons Nähe allmählich wohler gefühlt habe? Hat sie Sex als Mittel benutzt, um einen Keil zwischen uns zu treiben? Sie muss gewusst haben, dass ich auf irgendeinem Umweg davon erfahren würde.

Gehört das mit zu Morgans Spiel? Will sie mein Misstrauen gegenüber Drakon schüren, damit ich die Arbeit mit ihm aufkündige, weil er nicht die Finger von ihr lassen konnte? Aber wie konnte sie sich so sicher sein, dass ich das Ganze nicht nur als Gerücht abtun würde?

Augenblick mal. Malin hat es mir gesagt.

War Malin nur eine Marionette, die von Morgan als Botenjunge benutzt wurde, wenn sie etwas durchsickern lassen wollte? Oder machten die beiden womöglich gemeinsame Sache? War der Zwischenfall auf der Orbitaleinrichtung nur inszeniert gewesen, um allen weiszumachen, dass zwischen Malin und Morgan böses Blut herrschte und eine Zusammenarbeit der beiden schlicht undenkbar war?

Aber wie konnte Togo die Anzeichen für eine solche Zusammenarbeit übersehen? Er hat mir nie gesagt …

Du kannst niemandem vertrauen.

Absolut niemandem.

Iceni sah Drakon an, der sie anschaute und geduldig auf ihre Reaktion wartete. Ihr Instinkt forderte sie auf, sich von diesem Mann fernzuhalten und alles zu unternehmen, um seinen Einfluss so weit wie möglich zu beschneiden und ihn schließlich ganz aus dem Verkehr zu ziehen. Drakon besaß als Einziger im ganzen Sternensystem genug Macht, um ihre Position unmittelbar zu gefährden.

Aber was, wenn das die falsche Antwort war? Was, wenn sie nur dann eine echte Chance hatte, wenn sie ein wenig Vertrauen in den Idioten setzte, der dumm genug war, um mit einem verrückten Miststück ins Bett zu gehen, und der zynisch genug war, um sich nicht darum zu kümmern, dass er gegen eine seiner wenigen selbst auferlegten Regeln verstoßen hatte und für ein kurzes Vergnügen seine eigene Position in Gefahr brachte.

Oder wurde er all seiner Macht zum Trotz von seinen Untergebenen in diese Richtung manipuliert?

»Viele CEOs begehen den Fehler, sich nur über diejenigen Sorgen zu machen, die in der Rangordnung über ihnen stehen«, hatte ihr ein Mentor einmal gesagt. »Dabei sollten sie sich lieber Sorgen machen, was wohl ihre Untergebenen vorhaben. Man muss nicht viel Kraft aufwenden, um jemanden zum Stolpern zu bringen. Man muss nur wissen, wann der Moment gekommen ist, um ihm ein winziges Hindernis vor die Füße zu legen. Und wer kann so etwas besser als die Leute, die man kaum wahrnimmt, während sie für einen die Drecksarbeit erledigen?«

»General Drakon.« Das wird mir noch leid tun. Das weiß ich. Aber ich tue es einfach. Es ist das, was jeder von mir als Letztes erwarten würde. »Ich möchte mich gern mit Ihnen persönlich treffen. Neutrales Terrain, keine Adjutanten, keine Assistenten.«

Er sah sie sekundenlang an, dann nickte er. »Gut. Der übliche Treffpunkt? Ich kann in einer halben Stunde da sein.«

»Dann werden wir uns dort treffen.«

Nachdem sich die Tür zum Konferenzraum geschlossen hatte, setzte sich Drakon hin und sah Iceni an.

»Ich werde jetzt etwas Dummes tun«, verkündete sie.

»Tatsächlich? Das scheint momentan um sich zu greifen«, gab Drakon mit einer Mischung aus Spott und Verbitterung zurück. »Ich hoffe, es ist so dumm wie das, was ich getan habe.«

»Ich werde Ihnen sagen, dass ich durch eine nachlässig formulierte Aussage womöglich den Tod eines Mannes herbeigeführt habe«, sagte sie und führte aus, was sich zugetragen hatte, dann wartete sie seine Reaktion ab.

»Warum erzählen Sie mir das?«, wollte er wissen. »Ihnen muss doch klar sein, was ich mit dieser Information bewirken könnte.«

»Ich … vertraue darauf … dass Sie das nicht machen werden.«

Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr von Taroa sah sie ihn daraufhin lächeln. »Sie haben recht. Das war wirklich dumm. Aber Sie können froh sein, denn ich war sogar noch viel dümmer. Ich will nicht, dass jemand in meinem Keller nach vergrabenen Leichen sucht, also werde ich auch niemanden zu Ihnen schicken, um in Ihrem Keller zu suchen. Das ist eine von diesen Situationen, die sich noch böse rächen können. Zu der Frage, was mit Buthol passiert ist oder was mit ihm passiert sein könnte …« Drakon zuckte mit den Schultern. »Lassen Sie sich davon nicht den Schlaf rauben. Wenn Sie dieses Mal einen Fehler gemacht haben, dann wissen Sie, was Sie beim nächsten Mal nicht sagen dürfen.«

Konnte er tatsächlich verstehen, wie es ihr erging? »Unter welchen Umständen ist ein Fehler hinnehmbar, wenn dadurch ein Mensch gestorben ist?«

Drakon schaute zur Seite. »Präsidentin Iceni …«

»Sagen Sie verdammt noch mal Gwen, wenn Sie mit mir reden.«

Einen Augenblick lang schien er verblüfft zu sein. »Also gut. Gwen, haben Sie eine Ahnung, wie viele Gefechte ich ausgetragen habe und wie viele kleine Fehler mir dabei unterlaufen sind? Und wie viele Soldaten wegen dieser kleinen Fehler gestorben sind?«

»Das ist was anderes. Sie haben versucht, Ihren Job zu tun. Sie haben noch gelernt, wie …«

»Es kommt mir aber nicht wie etwas anderes vor. Nicht, wenn man sich selbst verdammt noch mal was wert ist.« Diesmal schien Drakon überrascht darüber zu sein, dass er sich soeben zu seinen Gefühlen bekannt hatte.

»Dann verstehen Sie mich. Vergessen Sie, was man uns beigebracht hat. Vergessen Sie alle Lektionen, die Sie auf dem Weg zum CEO gelernt haben. Wollen wir das haben? Diese Fähigkeit, mächtig genug zu sein, um aus einer bloßen Laune heraus oder auch nur aufgrund eines Fehlers einen Menschen zu töten?«

Sie hatte einen Streit erwartet, eine wütende Verteidigung von Prinzipien. Aber Drakon saß lange Zeit nur schweigend da.

Nach einer Weile erwiderte er: »Keiner von uns ist vollkommen. Wir beide sind menschlich genug, um mehr Fehler zu machen, als wir eigentlich sollten.«

»Sollten dann unseren Fähigkeiten Grenzen gesetzt werden, damit uns weniger Fehler von dieser Art unterlaufen?«

»Hat das was mit den Dingen zu tun, die Sie zuvor über die Änderungen im Rechtssystem gesagt hatten?«

»Zum Teil ja.«

»Was genau wollen Sie von mir?«

Iceni atmete tief durch. »Würden Sie mir zustimmen, dass wir keine weiteren Hinrichtungen und Attentate mehr anordnen? Außer wenn wir beide der Meinung sind, dass das im Einzelfall doch angebracht ist?«

Nach einer Pause fragte er: »Haben Sie herausgefunden, wer Rogero töten wollte?«

»Nein, aber ich frage mich, ob jemand, der für Sie oder für mich arbeitet, die einsame Entscheidung getroffen hat, so vorzugehen, weil er glaubt, dass eine solche Taktik die Standardvorgehensweise ist.«

»Weil es die Art ist, wie die Dinge erledigt werden.« Drakon formulierte es als Feststellung, nicht als Frage.

»Und wer weiß, wen er zu seinem nächsten Ziel erklärt hat?«, fügte Iceni hinzu. »Ich will wissen, ob es jemand auf mich abgesehen hat, dem Sie nicht den Befehl dazu gegeben haben. Wir stehen hier am Anfang einer großen Sache. Wir haben die Stabilität in diesem Sternensystem gewahrt, wir haben zwei andere Sternensysteme als potenzielle Verbündete, und wenn wir nicht ausgelöscht werden, können wir immer weiter wachsen. Bedrohungen von außen sind eine Sache, die wir nicht kontrollieren können. Aber Bedrohungen von innen können uns genauso vernichten. Wir beide müssen einander vertrauen können, und eine Vereinbarung, auf außerrechtliche Tötungen zu verzichten, kann ein wichtiger Beitrag sein, um dieses Vertrauen zu begründen.«