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Sub-CEO Akiri nickte und warf Executive Marphissa einen verärgerten Blick zu. »Ja.«

»Dann verstehen Sie, warum ich wollte, dass sich alle Einheiten in unmittelbarer Nähe zu CEO Kolani und den ihr loyalen mobilen Streitkräfte aufhalten«, sagte Iceni. »Wenn es zum Kampf kommen sollte, dann will ich immer noch entscheiden können, wann und wo die Auseinandersetzung stattfinden soll.«

Ein Komm-Fenster öffnete sich vor Iceni, der befehlshabende Offizier der C-555 tauchte darin auf. »Wir erwarten Ihre Befehle, CEO Iceni. Sämtliches ISD-Personal an Bord meiner Einheit wurde neutralisiert.«

»Etwas wird aus der C-413 ausgestoßen«, meldete einer der Manager auf der Brücke.

Der Befehlshaber der C-413 meldete sich Augenblicke später und wirkte sonderbar gelassen. »Wir sind gerade die letzte Schlange losgeworden, CEO Iceni.«

»Durch die Luftschleuse?«, fragte sie.

»Dieser spezielle ISD-Agent konnte es nicht lassen, bei der Crew meine Autorität zu unterhöhlen, CEO Iceni.«

»Verstehe. Zukünftig vermeiden Sie bitte solche Aktionen, wenn Sie Ihre Befehle ausführen«, empfahl sie ihm. Bei allem Verständnis für den Befehlshaber der C-413 wollte sie nicht, dass die Besatzung irgendeines Schiffs sich erst mal daran gewöhnte, Autoritätspersonen auf dem Weg durch die Luftschleuse loszuwerden. Wenn sich daraus eine Angewohnheit entwickelte, würde es womöglich schwierig werden, ihnen dieses Verhalten wieder auszutreiben.

Der Leichte Kreuzer und die vier Jäger aus Icenis Gruppe meldeten sich ebenfalls und bestätigten ihre Loyalitätserklärung ihr gegenüber. Nachdem also die Kriegsschiffe um sie herum eindeutig auf ihrer Seite waren, rief Iceni die zweifellos unschlüssige C-625. »Die Mehrheit der mobilen Streitkräfte in diesem System hat sich bereit erklärt, meine Befehle auszuführen. Ich rate Ihnen, diesem Beispiel schnellstmöglich zu folgen.« Auf eine Antwort würde sie in jedem Fall mindestens drei Stunden warten müssen, selbst wenn die C-625 augenblicklich bei Erhalt der Nachricht reagierte. »Wie sieht es auf der Oberfläche aus?«, wollte sie von Akiri wissen.

Akiri warf dem anwesenden Komm-Manager einen fragenden Blick zu, da der Mann angesichts der Ereignisse etwas verwundert wirkte, während er einen Bericht wiedergab. »Schwere Kämpfe werden aus den ISD-Hauptquartieren und den drei ISD-Subkomplexen gemeldet. Die Kommunikation von der Oberfläche lässt den Schluss zu, dass auch sämtliche ISD-Substationen angegriffen werden. Wir haben eine bruchstückhafte Nachricht von ISD-CEO Hardrad empfangen, aber sie wurde unterbrochen, bevor er einen Befehl oder irgendwelche Informationen übermitteln konnte.«

»Gut. Die Bodenstreitkräfte kümmern sich also um die Schlangen auf der Oberfläche«, verkündete Iceni an jeden gerichtet, der sich in Hörweite befand. »CEO Drakon erledigt seinen Teil der Arbeit.« Das hörte sich zwar so an, als sei Drakon ihr Juniorpartner, aber es war womöglich von Nutzen, innerhalb der mobilen Streitkräfte diesen Eindruck entstehen zu lassen. Sie hielt inne und atmete tief durch, dann nahm sie Kontakt mit Kolani auf. »CEO Kolani, hier spricht CEO Iceni. Ich habe mit sofortiger Wirkung das Kommando über alle mobilen Streitkräfte in diesem Sternensystem übernommen. Bestätigen Sie meine Autorität und erklären Sie Ihre persönliche Loyalität mir gegenüber. Ich erwarte Ihre umgehende Antwort.«

Danach schickte sie eine weitere Nachricht raus, diesmal an die übrigen Schiffe in Kolanis Gruppe. »Ich habe das direkte Kommando über alle mobilen Streitkräfte in diesem Sternensystem übernommen. Bestätigen Sie meine Autorität und erklären Sie Ihre persönliche Loyalität mir gegenüber. Ich erwarte Ihre umgehende Antwort.«

Frühestens in zwanzig Minuten würde sie von Kolani oder von einem der sie umgebenden Schiffe eine Antwort erhalten. »Geben Sie mir Bescheid, wenn irgendein Schiff aus Kolanis Gruppe sich von der Stelle rührt«, wies sie Akiri an.

Der schüttelte den Kopf. »Alle Leichten Kreuzer und Jäger in Kolanis Gruppe befinden sich in der Schusslinie der beiden Schweren Kreuzer. Sie werden sich ihren Weg schon freikämpfen müssen, wenn sie sich aus der Gruppe lösen wollen.«

»Richtig«, stimmte Iceni ihm zu, wobei ihr Tonfall andeutete, dass sie diese Tatsache bereits in Erwägung gezogen hatte.

»Aber umgekehrt befinden sich Kolanis Schwere Kreuzer auch in deren Feuerreichweite«, gab Executive Marphissa zu bedenken, »Ein Überraschungsangriff könnte sie ebenfalls kampfunfähig machen.«

»Ja«, sagte Iceni lächelnd.

»Würde Kolani nicht auf so etwas achten?«, wunderte sich Akiri.

Untergebene zu haben, die auf Probleme aufmerksam machten, anstatt sie zu ignorieren (oder – schlimmer noch – sie gar nicht erst zu bemerken), war ganz nach Icenis Geschmack. Untergebene jedoch, die auf jede denkbare Schwierigkeit zu sprechen kamen, ohne positive Aspekte zu erwähnen oder Lösungsvorschläge zu bieten, waren ein ganz anderes Thema. Diesmal zog Iceni eine Braue hoch und sah Akiri an. Sie beherrschte diese Geste auf eine Weise, die bei Untergebenen echte Angst auslöste, und das funktionierte jetzt auch bei Akiri, der kreidebleich wurde. »Ja«, wiederholte sie. »Sie wird die mobilen Streitkräfte um sie herum im Auge behalten und sich gleichzeitig Gedanken darüber machen müssen, sich ein Gefecht mit uns zu liefern.«

»Verstehe«, bestätigte Akiri hastig und widmete sich dann schnell wieder seinem Display.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Iceni bei Marphissa einen gut getarnten, aber immer noch erkennbar geringschätzigen Gesichtsausdruck. Keiner der Manager auf der Brücke ließ sich anmerken, ob er etwas von dieser Szene mitbekommen hatte. Allerdings konnte dieses Verhalten auch bedeuten, dass sie nicht zum ersten Mal Zeuge einer solchen Situation geworden waren, vermutlich weil CEO Kolani Akiri mehr als einmal vor allen Anwesenden zurechtgewiesen hatte. Als Iceni von diesen wiederholten Vorfällen gehört hatte, war ihr klar gewesen, dass Akiri mühelos für ihre Seite zu gewinnen sein würde. Andererseits konnte sie aber auch verstehen, wieso Kolani ihn zur Schnecke gemacht hatte. Verwunderlich war dabei nur gewesen, wieso Kolani ihn nicht längst ersetzt hatte, es war schließlich bekannt, dass sie nur wenig Nachsicht mit Mitarbeitern hatte, die ihre Aufgaben nicht Kolanis Maßstäben entsprechend erledigten. In Akiris Personalakte fand sich auch kein Hinweis auf irgendeinen Grund, der Kolani von einer solchen Maßnahme hätte abhalten können. Ihr Verhalten Akiri gegenüber stand im Widerspruch zu Kolanis üblicher Vorgehensweise und stellte ein Problem dar, mit dem Iceni sich später würde befassen müssen; wenn sie Zeit dafür fand.

Im Augenblick musste sie aber erst einmal eine Zwangspause über sich ergehen lassen und trotzdem hellwach und konzentriert sein. Sie konnte einfach nichts anderes tun als darauf zu warten, dass Kolani und die anderen in zehn Lichtminuten Entfernung reagierten. Und genauso war sie zum Warten verdammt, was den Ausgang von Drakons Angriff auf den ISD anging. Hatte er einen Sieg verbuchen können? Oder war er gescheitert? Icenis Blick ruhte auf dem Teil des Displays, das die Planetenoberfläche unter ihrem Kreuzer zeigte. Die ISD-Einrichtungen waren farblich hervorgehoben, weil dort Kämpfe tobten. Wenn sie davon erfuhr, dass Drakons Attacken teilweise fehlgeschlagen waren, würde es für sie nicht weiter schwer sein, die betreffenden Einrichtungen zu identifizieren und zu bombardieren. Ziel erfassen, Ziel zuweisen, Bombardement beginnen. So einfach. Und wenig später würde dieser Teil der Stadt ausgelöscht werden, zusammen mit allen, die sich dort aufhielten.

Ich habe schon Allianz-Welten bombardiert. Das war auch nicht weiter schlimm. Ich habe einfach nicht über die Bürger nachgedacht, die sich an den ausgewählten Zielen aufhielten. Werden Leute in der Allianz eigentlich als Bürger bezeichnet? Warum weiß ich darauf keine Antwort? Ich habe sie getötet, und ich kann nicht mal etwas dazu sagen, wie sie sich selbst nannten?