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Nach einem weiteren suchenden Blick auf die Menge nickte Drakon erneut. »Ich kann wohl davon ausgehen, dass Sie das gleiche Problem auch anderswo in der Region beobachtet haben, die von Ihnen kontrolliert wird.«

»Überall kommen Menschenmassen zusammen. Sogar ein paar von unseren Soldaten haben sich auf den Weg zu diesen Versammlungen gemacht, aber inzwischen sind alle Kasernen geschlossen. Wie lauten meine Befehle?«

Malin hatte die Unterhaltung verfolgt und warf hastig ein: »Sie müssen damit auf eine Weise umgehen, die allen klarmacht, dass Sie auf der Seite der Menge stehen. Kontrollieren Sie die Menge, indem Sie sich zu ihrem Anführer aufschwingen.«

Von Morgan kam ein verächtliches Schnauben, das so laut war, dass es mit dem Lärm der Menge mithalten konnte. »Er ist ihr Anführer. Wir müssen sie nur daran erinnern, wer hier das Sagen hat, indem wir genug Feuerkraft einsetzen, um dem Theater ein Ende zu setzen. Man muss den Leuten befehlen, diese Versammlungen sofort aufzulösen, und dann müssen ein paar gewalttätige Exempel statuiert werden, damit jedem klar wird, was passiert, wenn man sich nicht an die erteilten Aufforderungen hält. Dann wird schon schnell wieder Ruhe einkehren.«

»Wir haben nicht genügend Feuerkraft, um jeden Bürger auf diesem Planeten zu erschießen«, herrschte Malin sie an.

»Wir müssen sie nicht alle töten, nur gerade so viele, dass den anderen klar wird, was mit Verrätern geschieht, die sich nicht an die Befehle halten, die wir, ihre Führer, ihnen erteilen.«

Drakon hörte sich das Hin und Her einen Moment lang an, während er wusste, dass Rogero immer noch schweigend auf seine Anweisungen wartete. Sämtliche Planungen hatten sich darauf konzentriert, die Schlangen auszuschalten, bevor sie den Planeten zerstören konnten. Er hatte damit gerechnet, dass es ein paar Probleme mit ausgelassenen Menschenmengen geben würde. Doch das hier übertraf seine schlimmsten Befürchtungen um Längen. Als hätte sein Gedanke dies ausgelöst, meldete sich Colonel Gaiene, hinter sich ein Bild, das ebenfalls eine schnell anwachsende Menschenmenge zeigte. Sekunden später folgte Colonel Kai, begleitet von ähnlichen Bildern.

»Die Lage entgleitet uns zusehends«, meldete Kai.

Vier

»Fünfzehn Minuten bis zum Kontakt mit CEO Kolanis Streitmacht.«

Iceni saß da und beobachtete ihr Display, während sie überlegte, wie sie ihren Plan zeitlich so umsetzen konnte, dass er auch funktionierte. In ihre Gedanken vertieft stieß sie immer wieder auf Hindernisse, ganz gleich in welche Richtung sie ihre Idee entwickelte.

»Zehn Minuten bis zum Kontakt.«

Bei einer kombinierten Annäherungsgeschwindigkeit von 0,2 Licht schrumpften selbst große Entfernungen manchmal viel zu schnell zusammen. Iceni wusste, wie rasend schnell diese zehn Minuten vergehen würden, während sie nach einer Lösung suchte. In den Aufzeichnungen, die sie sich angesehen hatte, schien es, als habe Black Jack eine Art Instinkt, wann er welche Aktion in die Wege leiten musste. Iceni besaß aber weder diesen Instinkt noch genügend Erfahrung, um einschätzen zu können, wann was zu tun war. Aber aus einigen Berichten ergab sich auch der Eindruck, dass Black Jack über eine Gruppe von Offizieren verfügte, die ihn unterstützten. Offiziere wie diese Befehlshaberin des Schlachtkreuzers, den er zu seinem Flaggschiff gemacht hatte. Aber Iceni hatte keine solche …

Plötzlich erinnerte sie sich an eine Bemerkung, die erst vor Kurzem gefallen war. Sie werden auf der Brücke nicht allein sein. Marphissa. War sie gut genug, um ihr zu helfen? Akiri kam ganz eindeutig nicht dafür infrage. Aber vielleicht könnte die Executive ja etwas für sie tun. »Executive Marphissa, private Besprechung.«

Akiri ließ Sorge und Eifersucht erkennen, als Marphissa zu Iceni eilte und schweigend abwartete, bis die Privatsphäre um den Platz herum aktiviert war. »Ich möchte Folgendes machen. Können Sie den zeitlichen Ablauf für dieses Manöver festlegen?« Während Iceni ihr Vorhaben schilderte, riss Marphissa zunächst überrascht die Augen auf und kniff sie gleich darauf nachdenklich zusammen.

»Ja, das kann ich«, erwiderte sie schließlich.

War Selbstüberschätzung die Grundlage für ihre Antwort? Oder war es ein sorgfältig überlegtes Urteil? »Ganz sicher?«

»Nicht mit absoluter Gewissheit, Madam CEO. Aber ich bin mir dennoch sicher, es erledigen zu können.«

»Gibt es jemanden an Bord dieses Kreuzers, bei dem Sie glauben, dass er besser geeignet wäre?«

»Nicht dass ich wüsste.«

»Dann werden Sie das Manöver durchführen, und Sie werden den Zeitpunkt bestimmen, wann es am besten durchgeführt wird«, wies Iceni sie an. »Ohne es allgemein zu verkünden, werde ich Ihnen die Steuerkontrolle über den Kreuzer übertragen, wenn wir noch eine Minute bis zum Kontakt haben. Ich kümmere mich um die Zielerfassung aller mobilen … aller Kriegsschiffe, die zu uns gehören.«

»Ja, Madam CEO. Ich habe verstanden und werde gehorchen.«

Marphissa kehrte an ihren Platz zurück, während Akiri das Ganze mit sichtlich gemischten Gefühlen verfolgte. Aber jeder Supervisor hatte Grund zur Sorge, wenn sich ein CEO mit einem Untergebenen in einer Privatsphäre unterhielt, da Beförderungen und Degradierungen oft nur davon abhingen, wie ein CEO gelaunt war.

»Fünf Minuten bis zum Kontakt.«

Alle Waffensysteme auf den Schweren Kreuzern, den Leichten Kreuzern und den Jägern unterstanden Icenis Kontrolle. Es juckte ihr in den Fingern, die Zielprioritäten einzugeben, doch sie hielt sich zurück. Falls Kolani immer noch auf irgendeine Weise über das Komm-Netz mit diesen Einheiten verbunden war, könnte sie so Icenis Absichten durchschauen und ihren Plan vereiteln.

Akiri und die Manager auf der Brücke taten alle so, als würden sie sie nicht beobachten, doch Akiris Nervosität war auch jetzt wieder nicht zu übersehen. »Madam CEO«, sagte er schließlich. »Wir benötigen für die Zielerfassung der Gefechtssysteme immer noch die Befehle zur Priorität.«

»Und Sie werden sie auch bekommen«, gab Iceni zurück und wunderte sich, wie ruhig und gelassen sich ihre Stimme anhörte.

»Drei Minuten bis zum Kontakt.«

Gut fünfeinhalb Millionen Kilometer trennten die beiden, mit einer kombinierten Geschwindigkeit von sechzigtausend Kilometern pro Sekunde aufeinander zurasenden Streitkräfte in diesem Moment. Iceni schüttelte den Kopf, während sie versuchte, sich solche Entfernungen und Geschwindigkeiten vorzustellen. Sie kam zu dem Schluss, dass sie dazu nicht in der Lage war. Aber vielleicht erging es Black Jack ja genauso. In einer solchen Situation konnte ein Mensch nur den Maßstab des Displays so einstellen, dass diese beiden Faktoren in ein Verhältnis zueinander gestellt wurden, mit dem der menschliche Verstand etwas anfangen konnte.

»Zwei Minuten bis zum Kontakt.«

Sorgfältig gab Iceni die Zielprioritäten ein, hielt inne, um gleich dreimal zu überprüfen, ob auch tatsächlich alles so war, wie es sein sollte. Dann schickte sie diese Daten an die Gefechtssysteme aller mobilen Streitkräfte unter ihrem Kommando.

Sekundenlang war Akiri darüber erleichtert, dass die Befehle endlich auf seinem Display angezeigt wurden, aber dann zuckte er überrascht zusammen. »Was ist …?«

Doch Iceni gab bereits den Befehl ein, mit dem die Steuerkontrolle auf Marphissa übertragen wurde. Die nickte knapp, um ihr anzuzeigen, dass sie bereit war.

»Eine Minute bis zum Kontakt.«

Iceni atmete tief durch, dann betätigte sie das Komm-Band. »Für das Volk«, übermittelte sie an jeden in ihrer Flotte. Vielleicht konnte dieser alte Spruch, der jegliche Bedeutung verloren zu haben schien, ihren Gefolgsleuten in diesem Moment Mut machen.

Marphissa saß vor Konzentration wie erstarrt da und sah auf ihr Display, während die Hand über den Kontrollen schwebte.

Akiri drehte sich verständnislos zu Iceni um. »Madam CEO, die Streitmacht von CEO Kolani wird ihren Beschuss auf unseren Kreuzer konzentrieren.«