Die Schiffe, die bei Kolani geblieben waren, und die, die sich kurz vor dem zweiten Aufeinandertreffen abgesetzt hatten, erklärten nach unterschiedlich langen Pausen ihre Bereitschaft, Icenis Autorität anzuerkennen. Diese zeitlichen Differenzen mochten ein Hinweis darauf sein, wie lange es jeweils gedauert hatte, die an Bord befindlichen Schlangen zu eliminieren. Als Letzte meldete sich der beim ersten Aufeinandertreffen angeschlagene Schwere Kreuzer C-818, deren Executive Icenis Autorität ebenfalls anerkannte und mitteilte: »Ich muss bedauerlicherweise vom Tod unseres ehemaligen Befehlshabers Sub-CEO Krasny berichten, der sich beim Aufeinandertreffen unserer Flotten ereignet hat.«
Akiri stutzte. »Wie kann Krasny ums Leben kommen, wenn die Antriebseinheiten seines Kreuzers zerschossen werden?«
»Vermutlich ein unglücklicher Unfall«, sagte Iceni.
Marphissa warf ihr daraufhin einen Blick zu, der verriet, dass sie beide das Gleiche dachten: dass Krasny sich nicht hatte ergeben wollen und dass seine Untergebenen die Sache daraufhin selbst in die Hand genommen hatten. Da Marphissa es im Gegensatz zu Akiri aber verstand, Diskretion zu wahren, sprach sie das nicht laut aus. Es war einfach nicht nötig, die Besatzungen dieser Kriegsschiffe auf Ideen zu bringen, wie sie sich der Senior Executives und der CEOs ihrer eigenen Einheiten entledigen konnten.
Der Komm-Manager seufzte frustriert. »Wir können von der C-990 kein Signal empfangen. Womöglich sind deren Komm-Systeme ausgefallen. Könnte sein, dass wir ein Shuttle rüberschicken müssen.«
»Die Komm-Systeme mögen vielleicht ausgefallen sein, aber es wird ja nicht auch die gesamte Crew tot oder bewusstlos sein«, wandte Marphissa ein. »Jemand hätte inzwischen zu einer Luftschleuse gelangen müssen, um sich mit Lichtzeichen bemerkbar zu machen.«
»Eine Rettungskapsel hat soeben die C-990 verlassen«, meldete der Ablauf-Manager. »Und noch eine.«
»Nur zwei?«, murmelte Akiri.
Marphissa deutete auf das Schiff. »Wir könnten nahe genug heranfliegen, um ein Team rüberzuschicken und die Kontrolle zu übernehmen.«
»Madam CEO«, warf Akiri hastig ein. »Davon möchte ich abraten. Irgendetwas stimmt nicht mit der C-990. Würde CEO Kolani noch leben und das Kommando über das Schiff haben, dann hätte sie sich längst bei uns gemeldet, und sei es nur, um uns weiter zu drohen. Sie könnte genauso gut versuchen, alle Projektile auf den Planeten abzufeuern. Aber es geschieht rein gar nichts.«
»Aber wenn CEO Kolani tot oder gefangen genommen worden wäre, dann hätte die Besatzung inzwischen auch längst Kontakt mit uns aufnehmen können«, hielt Marphissa dagegen.
»Richtig. Deshalb stimmt da was nicht. Ich kann nur empfehlen, der C-990 lediglich so nahe zu kommen, dass wir uns im Fall einer Überladung des Antriebs nicht im Gefahrenbereich aufhalten.«
Iceni sah ihn einen Moment lang an, dann machte sie eine zustimmende Geste. »Ich halte das für eine überlegte Vorgehensweise. Wir können nicht ausschließen, dass es zu einer Überladung kommt, zumal die absichtlich von einzelnen Crewmitgliedern herbeigeführt werden könnte. Wir gehen näher ran, aber bleiben außerhalb des potenziellen Radius einer Explosion und schicken eine unbemannte Sonde rüber. Dann werden wir ja sehen, was da drüben los ist.«
»Also gut«, sagte Drakon schließlich laut und deutlich, woraufhin Malin und Morgan aufhörten, sich gegenseitig anzugiften. Sie wussten: Wenn er zu diesem Tonfall griff, sollten sie ihm besser zuhören. »Wir wären zwar in der Lage, diese Mengen mit Waffengewalt in Schach zu halten, aber das stellt immer nur eine kurzfristige Lösung dar. Diese Lektion haben wir bereits auf besetzten Allianz-Planeten gelernt, wenn wir versucht haben, auf diese Weise die Ordnung aufrechtzuerhalten. Ich brauche aber eine langfristige Lösung, und die bedeutet, dass die Mehrheit dieser Bürger unsere Verbündeten bei der Wahrung der öffentlichen Ordnung sein müssen.«
Er sah Rogero, Kai und Gaiene an. »Ich werde den gleichen Befehl an jeden Befehlshaber der Bodenstreitkräfte auf dem Planeten senden. Sie nehmen Kontakt mit der örtlichen Polizei auf und weisen diese Leute an, den Hintern hochzukriegen und ihre Wachen zu verlassen, um auf der Straße ihren Dienst zu verrichten. Sagen Sie ihnen, dass wir sie unterstützen werden und dass wir nicht vorhaben, sie zu bedrohen. Schicken Sie ihnen unsere Leute in Zugstärke, nicht bloß in Truppstärke. Ich betone: Zugstärke. Wir müssen sicherstellen, dass Sub-Executives den Befehl über die Einheiten haben, keine Senior-Manager. Sagen Sie der Polizei, ich werde andere Maßnahmen ergreifen, um den Mob in den Griff zu bekommen, aber wir brauchen die Polizisten nach wie vor auf der Straße, weil sich an ihren Jobs nichts geändert hat.«
»Was ist mit unseren eigenen Soldaten?«, wollte Colonel Gaiene wissen. »Die Disziplin steht auf sehr wackligen Beinen, vor allem in den lokalen Einheiten.« Nach außen hin stellte Gaiene üblicherweise eine gänzlich unbekümmerte Haltung zur Schau, weshalb der besorgte Tonfall, den er jetzt an den Tag legte, umso deutlicher machte, dass es sich tatsächlich um ein gravierendes Problem handelte.
»Stellen Sie den lokalen Einheiten Züge mit unseren Leuten zur Seite und geben Sie die Anweisung aus, dass jeder Soldat erschossen wird, der sich weigert, seine Befehle auszuführen. Noch Fragen?«
»Die lokalen Behörden, Sir«, meldete sich Kai zu Wort. »Was sollen wir mit denen machen?«
»Die werden von mir ihre Befehle erhalten. Sollte es zu Problemen kommen, weil sie nicht tun wollen, was ihnen gesagt wird, dann werde ich Sie informieren, damit Sie ein paar Leute hinschicken können. Das sollen die örtlichen Soldaten übernehmen, da die keinerlei Sympathien für die Herrschaften hegen, die man ihnen vor die Nase gesetzt hat.«
»Und was ist mit den Unterkünften der Schlangen?«, fragte Rogero. »Wir haben die Schlangen einkassiert, die noch zu Hause waren, aber da sind auch noch ihre Familien. Früher oder später werden sich Bürger auf den Weg zu diesen Unterkünften machen, und Sie können sich vorstellen, was die mit diesen Familien anstellen werden.«
»Das Gleiche, was die Schlangen jahrzehntelang mit den Familien anderer Leute angestellt haben«, warf Gaiene ein. »Ich werde keine Träne vergießen, wenn die Bürger sich an ihnen rächen sollten.«
Nach kurzem Zögern schüttelte Drakon den Kopf. »Wir sind nicht wie die Schlangen, und ich bin nicht wie Hardrad. Stellen Sie vor den Unterkünften Wachen auf, und zwar eine ausreichende Zahl, um einen Mob zur Umkehr bewegen zu können. Und achten Sie darauf, dass sich diese Wachen aus unseren Leuten rekrutieren, nicht aus lokalen Einheiten.«
»Wir sind so schon ziemlich dünn gesät«, gab Kai zu bedenken. »Wir alle haben Kinder sterben sehen, Sir. Es ist zwar hässlich, aber …«
»Ich weiß. Wir haben beim Kampf gegen die Allianz-Welten einige von ihnen getötet. Das war mir schon damals zuwider, aber da konnte ich nichts dagegen unternehmen. Jetzt kann ich es, und jetzt will ich nicht noch mehr tote Kinder sehen. Verstanden?« Alle drei Colonels nickten. »Gut, dann setzen Sie mal Ihre Leute und die Polizei in Bewegung.«
»Jawohl, Sir«, antworteten die drei, salutierten kurz, dann verschwanden ihre Bilder.
Morgan zuckte mit den Schultern. »Wenigstens haben Sie die Sache richtig gemacht, dass jeder erschossen wird, der einen Befehl nicht ausführt. Aber was den Mob ange-«
»Ich war noch nicht fertig«, ging Drakon dazwischen. »Wie viel ist vom Komm-Netz der Schlangen noch übrig? Also alle Einrichtungen, die sie für Ankündigungen und ihre Propaganda fürs Volk sowie für Befehle an die örtlichen Behörden benutzt haben.«