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Ein Zug Soldaten kam die Straße entlanggelaufen, jeder von ihnen hielt sichtlich vergeblich Ausschau nach den Feinden. Morgan zielte sorgfältig, gleich darauf sank der Anführer des Zugs tot zu Boden, der sich durch die ausholenden Gesten verraten hatte, die jeden seiner Befehle begleiteten. Amüsiert erschoss sie noch zwei Soldaten, dann wechselte sie zu einem neuen Standort, denn ihre bisherige Position war anhand der Schüsse aufgeflogen und wurde nun massiv unter Beschuss genommen.

Ein entsetzter Bürger rannte über die Straße und hinderte Morgan am nächsten Schuss, woraufhin sie verärgert zweimal abdrückte. Beide Geschosse fraßen sich durch den Leib des Bürgers und schlugen dann in den Soldaten ein, der sich hinter dem Zivilisten aufgehalten hatte.

Grüne Lichter zeigten Morgan auf dem Helmdisplay an, dass die übrigen Kommandosoldaten im Tal alle Ziele ausgeschaltet hatten.

Doch das alles war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen, um die Schlangen zu verwirren und zu überfordern, da jetzt von allen Seiten Meldungen über Aktivitäten und Gefahren eingingen. Bereits als junges Mädchen hatte sie diese Tatsache über andere Leute herausgefunden – nämlich wie leicht es war, sie abzulenken und zu überwältigen, wenn man sie nur mit genügend Bildern und Ideen überschüttete. Männer neigten besonders dazu, das Denken einzustellen, wenn Frauen sie mit den richtigen Gesten und Andeutungen köderten. Aber es waren nicht nur Männer. So gut wie jeder Mensch konnte aus der Ruhe gebracht werden, wenn seine geistigen Kapazitäten auf genau die richtige Weise überfordert wurden.

Für sie galt das hingegen nicht. Morgan war immer in der Lage, ihr Ziel kristallklar vor sich zu sehen, auch wenn um sie herum noch so viel Chaos herrschen mochte. Nachdem man sie von diesem Asteroiden geholt hatte, war alles so klar geworden. Sie war neugeboren worden, weil sie eine Bestimmung hatte. Von Drakon als Offizierin anerkannt zu werden, hatte mit zu dieser Bestimmung gehört. Ihm war das noch nicht klar, aber sie hatte es von Anfang an gewusst.

Ruhig und gelassen drückte sie sich gegen die Wand in ihrem Rücken, völlig unbeeindruckt von den Schüssen, die von den Überlebenden des Loyalistentrupps in alle Richtungen abgefeuert wurden. Fast beiläufig gab sie einen Befehl aus, daraufhin erwachten die von ihr und ihrem Team zuvor an entscheidenden Stellen des Kommandonetzwerks der Loyalisten platzierten Vorrichtungen und begannen, angebliche Befehle und falsche aktuelle Daten zu verbreiten. Im Durcheinander aus eingehenden Berichten würden viele davon den Schlangen mitteilen, dass eigentlich alles in Ordnung war, damit ihr Verstand aus der überwältigenden Fülle an Informationen nur die Dinge herauspickte, die sie wahrhaben wollten.

»Da sind die Signale«; sagte Sub-CEO Kamara, als sich in allen drei Tälern schwere Explosionen ereigneten. »Die Kommandosoldaten haben den Weg in die Täler geebnet.«

Drakon nickte. »An alle Brigaden: Vorrücken!«

Shuttles vollzogen Luftsprünge, als sie den Gebirgskamm überwanden und dabei fast noch etwas von dem Gestein mitrissen. Mit hoher Geschwindigkeit rasten sie durch die sich immer noch ausbreitenden Staubwolken in Richtung Talsohle davon. Viele Shuttles gehörten zu Drakon, andere waren von den Freien Taroanern beigesteuert worden, ramponierte Überreste der Luft- und Raumstreitkräfte, die früher einmal den Himmel und den niedrigen Orbit dieser Welt geschützt hatten. Diese taroanischen Piloten, die die Kämpfe so lange Zeit überlebt hatten, waren entweder besonders geschickt, oder sie hatten das unverschämtem Glück zu verdanken. Beides kam ihnen jetzt zugute, als sie die Midway-Shuttles ins Gefecht führten. Von den wenigen noch verbliebenen Verteidigern wurden nur vereinzelt Schüsse auf sie abgegeben.

Colonel Malin hielt inne, während er die Dampfbarriere betrachtete, von der das Hauptquartier der Schlangen in diesem Tal umgeben war. Das Wasser, das als Dampf aus feinen Düsen austrat, sorgte dafür, dass ein Eindringling selbst dann sofort bemerkt wurde, wenn er den besten verfügbaren Tarnanzug trug. Es war die perfekte Methode, um das Hauptquartier vor ungebetenen Besuchern zu schützen.

Auf der anderen Seite wurde damit aber auch auf den ersten Blick deutlich, welches – von allen anderen Bauten völlig isolierte – Gebäude das Hauptquartier beherbergte. Aus der Vogelperspektive war es gut verborgen, aber von seiner momentanen Position konnte Malin es gut ausmachen.

Dadurch war es auch relativ leicht gewesen, die unterirdischen Kommunikationsleitungen ausfindig zu machen, die von dem Gebäude wegführten. Täuschungsvorrichtungen waren dort bereits am Werk, die einerseits beschwichtigende aktuelle Daten lieferten und andererseits die echten Alarmmeldungen und Aktivierungscodes blockierten. Mit ernster Miene betrachtete Malin die Pseudo-Anzeigen und achtete darauf, dass die Protokolle und Codes, die ihnen nach dem Sturm auf das ISD-Hauptquartier bei Midway in die Hände gefallen waren, jetzt dafür sorgten, dass den Schlangen hier bei Taroa der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

Man durfte nichts als selbstverständlich ansehen. Man musste einen Reserveplan haben, wenn der Notfallplan durchkreuzt wurde. Aus unerfindlichen Gründen hatten höhere Mächte das Gebiet des Syndikats den Göttern des Chaos überlassen. Es würde nötig sein, auf den Wellen des Chaos zu reiten, um zur Harmonie zurückzukehren. Es mussten die Mittel und Wege gefunden und die richtigen Mächte ins Spiel gebracht werden, um den Sturm zu bändigen.

Manchmal bedeutete das, erst einmal andere Stürme entfesseln zu müssen.

Er rief den Schweren Kreuzer, gab die Koordinaten durch und zog sich dann so schnell wie möglich vom Hauptquartier zurück, ohne dabei auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Gleichzeitig sendete er einen Alarm an die anderen Kommandosoldaten, damit die sich auf die Einschläge gefasst machen konnten.

Sekunden später stürzten zwei kinetische Projektile durch die Atmosphäre, beide so schnell, dass das menschliche Auge sie selbst nicht wahrnehmen konnte, dafür aber die tödlichen Lichtstreifen, die sie hinter sich zurückließen. Das Tal erzitterte, als sich das Hauptquartier der Loyalisten in einen Krater verwandelte.

Auf Malins Display war allerdings zu sehen, dass immer noch Pseudo-Informationen zwischen dem Hauptquartier und seiner Umwelt hin und her geschickt wurden. Sehr schlau. Sogar die internen Referenzen geben falsche Informationen zur Position an. Ich muss das wahre Hauptquartier finden und es von der Außenwelt abtrennen, ehe es die falschen Befehle senden kann.

Malin und seine Kommandosoldaten machten sich erneut an die Arbeit.

»Colonel Malin sendet eine rote Anzeige zur Erledigung seiner Mission«, meldete Colonel Senski.

Kamara rüttelte an ihren Kontrollen, als könnte das die Informationen ihrer Anzeige verändern. »Ihr Bombardement hat das Ziel zerstört, das sich an den von ihm gelieferten Koordinaten befand.«

»Wenn Malin sagt, der Auftrag ist nicht erledigt, dann ist er auch nicht erledigt«, gab Drakon zurück und kniff ein wenig die Augen zusammen, als er sich die Lage in den drei Tälern ansah. »Colonel Senski, setzen Sie Ihre Annäherung fort und führen Sie den Angriff durch.«

»Aber General«, protestierte Senski. »Wenn wir vorrücken, solange das Hauptquartier noch funktionstüchtig ist, könnten genügend echte Informationen durchsickern und sie zu dem Entschluss bringen, den Jüngsten Tag auszurufen.«

»Je länger diese Operation dauert, umso größer wird das Risiko, dass die Schlangen uns so oder so durchschauen, Colonel. Rücken Sie vor, und nehmen Sie Ihre vorgegebenen Ziele ein. Wenn Malin ein Ablenkungsmanöver gebrauchen kann, damit die Schlangen nicht auf ihn aufmerksam werden, dann wird Ihr Angriff dieses Manöver sein.«

Kamara starrte auf ihr Display. »Die Schlangen könnten in dieser Stadt eine Weltuntergangsbombe versteckt haben«, sagte sie zu Drakon. »Die wollen die rebellischen Regionen dieses Planeten wieder unter ihre Kontrolle bringen, ihr Ziel ist nicht, diese ganze Welt in die Luft zu sprengen. Aber wenn CEO Ukula genug Zeit zum Nachdenken hat, um zu begreifen, was hier los ist …«