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Die Tür war schwer und mit Eisen beschlagen. Trotzdem ließ sie sich leicht öffnen, als wären die Angeln erst vor kurzem geölt worden. Die Folterkammer hatte keinen zweiten Ausgang. Nur eine Grube, durch die man die Leichen einen tiefen Schacht hinunterwerfen konnte, wo sie für immer verschwanden.

Margent schob den Riegel vor. Chantal fiel zusammen, wo sie stand.

„Mach mir nicht schlapp“, keuchte Margent. „Ich bin noch längst nicht fertig. Du wirst den Tag verfluchen, an dem du geboren wurdest.“

Chantal schluchzte. Es war ein trockenes Schluchzen. Sie hatte keine Tränen mehr. Ihre Schultern zuckten.

Rechts neben dem Eingang lag ein Stapel Pechfackeln. Margent verteilte sie in die Halterungen und zündete sie an.

Sie tauchten den Raum in ein flackerndes Licht. Die Schatten tanzten einen gespenstischen Tanz an den steinernen Wänden. Die Folterkammer war groß und kreisrund. In der Mitte stand das Rad. Spitze Nägel waren dort hineingeschlagen, wo der Körper des Delinquenten aufgezogen wurde. Die Spannvorrichtung glich der eines Schraubstockes.

An die Seiten gerückt waren die Holzblöcke, in die Hände und Füße der Gequälten eingeschlossen waren, zur Wehrlosigkeit verdammt, wenn man ihnen siedendes Öl auf die nackte Haut goß oder sie mit heißem Wasser vollpumpte, bis der Bauch zerplatzte.

Neben dem Rad stand das Streckbrett, ein oft benutztes Instrument, um Schweigende zum Reden zu bringen. Dorthin schleppte Margent sein Opfer. Die Taschenlampe hatte er weggelegt.

Chantal ließ es willenlos mit sich geschehen, daß er ihre Beine in die zwei auseinanderliegenden Lederschlaufen steckte. Um die Hände zurrte er das Seil der Winde, mit der man den Körper strecken konnte. Tief schnitt das Tau in das Fleisch. Die Frau schrie schwach auf.

„Schrei nur“, geiferte Margent. „Es gefällt mir, wenn du schreist.“

Dann zog er die Winde an. Ein kleines Stück nur. Der Körper Chantals streckte sich. Ihre jugendlichen Formen preßten sich gegen ihr Kleid.

Die Augen des entmenschten Gangsters glitzerten gierig auf. Seine zitternden Hände griffen nach dem Stoff, und mit einem Ruck zogen sie das Kleid in Fetzen vom Körper.

Neben dem Streckbrett lag ein rostiges Messer. Die Klinge war noch scharf. Margent setzte sie zwischen die Brüste und schnitt den Büstenhalter auf. Nutzlos geworden, sprangen die beiden Hälften auseinander und legten zwei wunderbare, runde Brüste bloß.

Die Hand des Wüstlings fuhr zum Höschen. Die Frau zuckte auf, als sie die Berührung spürte, und wandte den Kopf zur Seite.

Margent lachte hämisch. Dann hatte er das Spitzending in der Hand. „So wollte ich dich immer schon“, ächzte er. Die Vorfreude auf das Kommende raubte ihm den Atem. Lüstern streichelte er über die samtene Haut seines Opfers. „Ja. So ist es richtig. Wir werden uns noch einmal lieben“, stöhnte er. „Ein letztes Mal. Und dann wirst du tot sein.“

Der Gangster drehte die Balken der Winde noch ein geringes Stück weiter…

William Corry hatte die oberen Stockwerke vergeblich abgesucht. Als er zur Halle hinunterlief, kam ihm der Butler mit Fackeln und zwei Taschenlampen entgegen. William bedeutete ihm, die Sachen auf einen kleinen Tisch neben der Treppe zu legen. Er stellte den Kerzenleuchter dazu und griff sich eine Lampe. Mit ihr in der Hand ging er auf die Tür vom Weinkeller zu. Es war ihm gewesen, als hätte er Stimmen gehört.

Unten war es dunkel. Der Lichtkegel warf seinen hellen Kreis auf Fässer und Flaschenregale.

William blieb auf der obersten Stufe stehen. Als er den Boden absuchte, sah er den Körper Nagenguests. Corry rannte hinunter.

Der Mann war bewußtlos. William hob ein Augenlid und leuchtete in die Pupille. Mike lebte noch. Er atmete ganz flach.

Schnell hatte William die Fesseln gelöst. Zumindest war Mike nicht Opfer eines Dämonen gewesen. Der hätte den Leibwächter kaum gefesselt. Hatte Nagenguest jemanden überrascht?

Es mußte wohl so sein. Und dieser Jemand hatte auch Chantal verschleppt. William sah einen ihrer Clogs neben einem großen Weinfaß, aus dessen Zapfhahn rote Flüssigkeit in einen Steinkrug tröpfelte.

Nagenguest war weggetreten. Der junge Corry sah die Schwellung im Nacken. Handkantenschlag, vermutete er. Der Täter muß eine Unmenge Kraft gehabt haben, wenn er einen Mann wie Mike damit hatte flachlegen können.

Mike stöhnte auf, doch er fand noch nicht in die Wirklichkeit zurück. William ging zu dem Steinkrug neben dem Faß und holte ihn. Ein kurzer Blick sagte ihm, daß er halb gefüllt war. Er fühlte sich kalt an. William schüttete den Inhalt über den Kopf Mikes.

Der Mann leckte mit der Zunge über die Lippen. Etwas von der Flüssigkeit war in seinen Mund getropft. Er versuchte, die Augen aufzuschlagen, doch es gelang ihm noch nicht ganz. Die Reflexe funktionierten noch nicht. William legte die Taschenlampe auf den Boden und rüttelte Mike an den Schultern.

„Wachen Sie auf, Mann.“

Mike grunzte.

„Aah, was 'n los?“

„Aufwachen!“ sagte William noch bestimmter. „Mike! So machen Sie doch die Augen auf!“ Er tätschelte den Mann unsanft im Gesicht.

Endlich brachte Nagenguest die Lider hoch. Sie flatterten noch, doch dann bekam er sie in seine Gewalt. Sein Blick wurde klarer. Er strich sich mit der Hand über das Gesicht.

„Blute ich?“ fragte er.

„Nein. Das ist Rotwein. Können Sie aufstehen?“

„Ich weiß nicht. Ich fühle mich, als wäre ich auf einen Amboß geraten und der Schmied hätte mich mit dem Hammer ins Genick geschlagen.“

„Versuchen Sie es. Ich helfe Ihnen.“

William griff Mike unter die Arme, und mit seiner Hilfe kam Nagenguest wieder auf die Beine. Er schwankte noch etwas. Dann schüttelte er seinen massigen Schädel.

„Ich glaube, es geht schon wieder. In ein paar Minuten bin ich wieder vollkommen in Ordnung. Was machen wir jetzt?“

„Chantal suchen. Aller Voraussicht nach wurde sie von hier aus in die Gewölbe verschleppt.“

„Mir ist nicht ganz geheuer, wenn ich da hinunter soll.“

„Mir auch nicht. Aber der Mann, der Sie niedergeschlagen hat, hat es auch gewagt. Und wir sind zu zweit.“

„Zu dritt!“

William fuhr herum.

Oben auf der Treppe stand Inspektor Truffaut. Er hatte sein Haar geglättet und schaute wieder einigermaßen manierlich aus. „Ich bin wohl ein wenig eingenickt gewesen.“

„Sie haben geschnarcht wie ein Regiment Dragoner. Fühlen Sie sich jetzt wohler?“

William Corry hatte gefragt. Der Inspektor nickte.

„Alkohol hält nicht lange bei mir. Ich bin immer schnell wieder nüchtern. Training, wissen Sie.“

Er kam die Treppe herunter.

„Der Butler hat mir bedeutet, daß die Frau verschwunden ist, und hier scheint auch etwas passiert zu sein?“

William setzte ihn über die letzten Vorfälle mit knappen Worten in Kenntnis.

„Tut mir leid, wenn ich ausfallend gewesen sein sollte“, meinte Truffaut anschließend. „Aber nach dem Vorfall von heute nachmittag mußte ich mein Gehirn einmal tüchtig durchspülen. Sie können wieder mit mir rechnen, Messieurs.“

Ihm schien offensichtlich nichts mehr zu fehlen. Wenn man von seiner Kognakfahne einmal absah, machte er einen durchaus vernünftigen Eindruck. Vielleicht hatte er wirklich trainiert.

„Dann wollen wir mal“, meinte William Corry. „Allzugroß kann der Vorsprung des Mannes nicht sein.“

„Woher wollen Sie wissen, daß es nur einer war?“ fragte Truffaut.

„Sehen Sie sich die Fußspuren an. Wenn mich nicht alles täuscht, ist der Mann durch das Treibhaus in den Keller gekommen, und dabei sind seine Sohlen in der Kammer neben der Guillotine blutig geworden. Es sind die Spuren von nur einem Mann.“

„Sieht aus, als ob Sie recht hätten. Wir sind zu dritt. Hoffentlich laufen uns diese komischen Halluzinationen nicht mehr über den Weg. Vielleicht sollte ich doch zu trinken aufhören.“