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Ich weiß es, sagte Lolla-Wossiky. Ich weiß es. Lolla-Wossiky wird niemals Kinder haben, dieser alte, einäugige Whisky-Rote. Aber Lolla-Wossiky wird sein Traumtier finden. Lolla-Wossiky wird aufwachen. Lolla-Wossiky wird seinen Aufwachnamen haben.

Dann wird Lolla-Wossiky sehen, ob er leben oder sterben soll. Wenn das schwarze Geräusch fortfährt und wenn das Aufwachen ihm nichts Neues beibringt, was er nicht schon weiß, wird Lolla-Wossiky sich im Fluß schlafen legen und sich von ihm ins Meer spülen lassen, weit weg von dem Land und dem schwarzen Geräusch. Wenn das Aufwachen ihn aber einen Grund lehrt, um weiterzuleben, dann wird Lolla-Wossiky weiterleben, ob es ein schwarzes Geräusch gibt oder nicht, wird viele lange Jahre des Trinkens und des Schmerzes durchleben, des Schmerzes und des Trinkens.

Lolla-Wossiky trank jeden Morgen vier Schlucke, vier Schlucke jede Nacht, und legte sich dann in der Hoffnung schlafen, er würde sterben können, wenn das Traumtier ihn aufweckte.

Eines Tages stand er am Ufer eines klaren Stroms, das schwarze Geräusch dicht in seinem Sehen und laut in seinem Gehör. Im Wasser stand ein großer brauner Bär. Er klatschte mit den Tatzen auf das Wasser ein und ein Fisch schoß durch die Luft. Der Bär packte ihn mit den Zähnen, biß zweimal zu und verschlang ihn. Nicht seine Gier erweckten Lolla-Wossikys Aufmerksamkeit, sondern die Augen des Bären.

Dem Bär fehlte ein Auge, genau wie Lolla-Wossiky. So überlegte sich Lolla-Wossiky, ob der Bär möglicherweise sein Traumtier war. Doch das konnte nicht sein. Das weiße Licht, das nach ihm rief, leuchtete immer noch im Norden.

Der Bär war also nicht sein Traumtier, er war ein Teil des Traums.

Dennoch konnte er vielleicht eine Botschaft für Lolla-Wossiky haben. Dieser Bär war vielleicht hier, weil das Land Lolla-Wossiky eine Geschichte erzählen wollte.

Dies war das erste, was Lolla-Wossiky auffieclass="underline" Als der Bär den Fisch mit der Schnauze fing, sah er mit seinem gesunden Auge hin und erblickte die Spiegelung des Sonnenlichts auf dem Fisch. Davon verstand Lolla-Wossiky etwas, weil er den Kopf schrägt legte, genau wie der Bär.

Dies war das zweite, was Lolla-Wossiky auffieclass="underline" Als der Bär ins Wasser blickte, um den schwimmenden Fisch auszumachen, damit er nach ihm schlagen konnte, blickte er mit dem anderen Auge hin, mit dem Auge, das nicht da war. Das verstand Lolla-Wossiky nicht. Es war sehr seltsam.

Dies war das letzte, was Lolla-Wossiky auffieclass="underline" Während er den Bären beobachtete, war sein gesundes Auge geschlossen. Und als er das Auge öffnete, war der Fluß noch da, das Sonnenlicht war noch da, die Fische tanzten noch immer durch die Luft und verschwanden wieder, doch der Bär war verschwunden. Lolla-Wossiky konnte den Bären nur sehen, wenn er sein gesundes Auge schloß.

Lolla-Wossiky trank zwei Schlucke aus dem Faß, und der Bär verschwand.

Eines Tages traf Lolla-Wossiky auf eine Straße des weißen Mannes, und unter seinen Füßen fühlte sie sich an wie ein wogender Fluß. Die Strömung des Flusses riß ihn mit sich. Er taumelte weiter, dann spürte er den Rhythmus und lief dahin, das Faß auf der Schulter. Nie schritt ein roter Mann auf den Wegen des weißen Mannes — bei trockenem Wetter war das Erdreich viel zu hart, bei Regen war der Schlamm zu tief, und die Furchen der Wagenräder griffen nach ihm wie Hände des weißen Mannes, um den roten Mann stolpern und stürzen zu lassen. Diesmal jedoch war der Boden so weich wie Frühlingsgras an einem Flußufer, solange Lolla-Wossiky in die richtige Richtung lief. Doch nicht mehr dem Licht entgegen, denn das Licht umgab ihn ganz sanft auf allen Seiten, und er wußte, daß das Traumtier sehr, sehr nahe war.

Dreimal führte der Weg über Wasser — über zwei kleine Ströme und einen großen —, und jedesmal gab es dort eine Brücke, aus schweren, großen Stämmen und kräftigen Brettern gefertigt, mit einem Dach, wie bei einem Haus des weißen Mannes. Lolla-Wossiky blieb sehr lange auf der ersten Brücke stehen. Von so etwas hatte er noch nie gehört. Hier stand er an einer Stelle, wo eigentlich Wasser hätte sein sollen, und doch war die Brücke so kräftig und schwer, die Wände so dick, daß er das Wasser überhaupt nicht mehr sehen oder hören konnte.

Und der Fluß verabscheute es. Lolla-Wossiky konnte nun hören, wie zornig er war, wie begierig, nach der Brücke zu greifen und sie niederzureißen. Der Weg des weißen Mannes, dachte Lolla-Wossiky, der weiße Mann muß erobern, muß dem Land die Dinge entreißen.

Und doch fiel ihm auf der Brücke noch etwas anderes auf. Obwohl in seinem Körper fast gar kein Branntwein mehr war, war das schwarze Geräusch auf der Brücke ruhiger geworden. Er konnte so viel von dem grünen Schweigen vernehmen, wie schon seit langem nicht mehr. Als wenn das schwarze Geräusch teilweise vom Fluß käme. Wie konnte das sein? Der Fluß hegte doch keinen Groll gegen den roten Mann. Und kein vom weißen Mann erbautes Ding konnte den roten Mann näher an das Land heranführen. Und doch war es genau dies, was hier geschah. Lolla-Wossiky eilte den Weg weiter; vielleicht würde er die Sache verstehen, nachdem sein Traumtier ihn aufgeweckt hatte.

Der Weg mündete in einen Ort, der aus ein paar Weiden und einigen Gebäuden des weißen Mannes bestand. Zahlreiche Wagen. Angepflockte Pferde, die Weidegras fraßen. Das Geräusch von hallenden Metallhämmern, von schlagenden Äxten im Wald, das Kreischen von Sägen. Eine Stadt des weißen Mannes.

Und doch keine richtige Stadt des weißen Mannes. Am Rande der Lichtung blieb Lolla-Wossiky stehen. Warum ist diese Stadt des weißen Mannes anders, was fehlt hier, was habe ich eigentlich erwartet?

Der Palisadenzaun. Es gab keinen Palisadenzaun.

Wo versteckten die weißen Männer sich dann? Wo sperrten sie betrunkene rote und weiße Diebe ein? Wo verbargen sie ihre Gewehre?

»Hebt an!« Die Stimme eines weißen Mannes, laut hallend wie eine Glocke in der dichten Luft eines Sommernachmittags.

Auf einem grasbewachsenen Hügel, vielleicht eine halbe Meile entfernt, erhob sich gerade ein seltsames Holzding. Lolla-Wossiky konnte die Männer nicht sehen, die es in die Höhe hoben; sie waren alle hinter der Hügelkuppe verborgen. Doch er sah, wie ein frischer Holzrahmen sich erhob, am oberen Ende waren Stangen zu sehen, mit denen er in Stellung gebracht wurde.

»Und jetzt die Seitenwand! Hebt an! Hebt an! Hebt an!«

Nun erhob sich ein weiterer Rahmen, langsam, ganz langsam, etwas seitlich vom ersten. Als beide Rahmen aufrecht standen, trafen sie an einer Kante aufeinander. Zum ersten Mal erblickte Lolla-Wossiky nun die Männer. Weiße Jungen krabbelten an den Rahmen hoch und hoben ihre Hämmer, um sie wie Tommy-hawks herabsausen zu lassen und sich das Holz zu unterwerfen. Nachdem sie eine Weile zugeschlagen hatten, richteten sie sich auf, alle drei, standen oben auf den Wandrahmen, die Hämmer wie Speere in der Hand, die sie gerade aus dem Körper eines Büffels herausgezogen hatten. Die Stangen, mit denen die Wände aufgerichtet worden waren, wurden abgezogen. Die Wände blieben stehen, stützten einander. Lolla-Wossiky hörte ein Jubeln.

Dann erschienen plötzlich die weißen Männer alle oben auf der Hügelkuppe. Haben sie mich gesehen? Werden sie jetzt kommen, um mich zu verjagen oder einzusperren? Nein, sie gingen einfach nur den Hügel hinunter zu ihren Pferden und Wagen. Lolla-Wossiky verschmolz wieder mit dem Wald.

Er trank vier Schlucke aus dem Faß, dann erkletterte er einen Baum und setzte das Faß an einer Stelle ab, wo drei dicke Äste sich gabelten. Schön fest und sicher. Schönes, dichtes Laubwerk; niemand konnte das Faß vom Boden aus sehen, nicht einmal ein roter Mann.

Lolla-Wossiky nahm den längeren Weg, doch schon bald war er oben auf dem Hügel, wo die neuen Wände standen. Lolla-Wossiky sah lange hin, verstand aber nicht, was das für ein Gebäude werden sollte. Das Haus war sehr groß. Größer als alles, was Lolla-Wossiky je von weißer Hand erbaut gesehen hatte, höher als das Staket.