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Das Problem war nur, daß der Korporal nicht ganz allein war. Kaum hatte er aufgeschrien, als plötzlich ein Sergeant und vier Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten aus dem Büro des Gouverneurs hervorstürzten. Sie sahen gereizt aus wie Hornissen. Der Sergeant befahl zweien seiner Leute, den Korporal zum Sanitäter zu tragen. Die anderen nahmen Hooch unter Arrest. Doch diesmal geschah es nicht auf jene Gentlemanart wie vor vier Jahren. Statt dessen stießen die Kolben ihrer Musketen an einigen Stellen in Hoochs Leib, beinahe zufällig, und plötzlich hatte Hooch an verschiedenen Stellen seiner Kleidung Stiefelabdrücke, ohne genau sagen zu können, wie die dort hingekommen waren. Er endete in einer Gefängniszelle — diesmal war es kein Lagerraum.

Gar kein Zweifel. Die Dinge hier hatten sich gründlich geändert.

In dieser Nacht wurden noch sechs weitere Männer in die Zelle gesperrt, drei davon wegen Trunkenheit, drei wegen Störung der öffentlichen Ordnung. Kein einziger Roter war darunter. Aus ihren Gesprächen entnahm Hooch, daß es wohl tatsächlich so gut wie keine Roten mehr hier gab. Doch weshalb gedieh Carthage City dann nicht, warum zogen die weißen Siedler nicht hierher?

Am nächsten Morgen holten die Soldaten ihn ab. Andere Kerle, die auch nicht ganz so achtlos mit Füßen und Gewehrkolben umgingen. Sie führten Hooch einfach aus dem Gefängnis, und nun bekam er endlich Bill Harrison zu sehen.

Doch nicht in seinem Büro. Vielmehr führte man ihn auf sehr seltsame Weise ins Haus des Gouverneurs, und zwar in einen Kellerraum. Die Soldaten — es mochten ungefähr ein Dutzend gewesen sein — marschierten hinter das Haus, als einer von ihnen plötzlich vorstürzte und zwei andere Hooch halb die Treppe hinunterzerrten. Die Kellertür schlug wieder über ihm zu, kaum daß ihre Köpfe verschwunden waren, und die ganze Zeit marschierten die Soldaten weiter, als wäre nichts geschehen. Das gefiel Hooch überhaupt nicht. Es bedeutete, daß Harrison nicht wollte, daß irgend jemand von ihrer Begegnung erfuhr. Was wiederum hieß, daß die Sache ziemlich häßlich ausgehen könnte, weil Harrison jederzeit in der Lage sein würde, ihre Begegnung abzustreiten.

Aber Harrison war ganz der alte, er lächelte und schüttelte Hoochs Hand, klopfte ihm auf die Schulter. »Wie geht es Euch, Hooch?«

»Mir ging es schon mal besser, Gouverneur. Wie geht es Eurer Frau? Und Eurem kleinen Jungen?«

»Sie ist so gesund, wie man es sich nur wünschen kann. Mein kleiner Junge ist ein richtiger Soldat, wir haben ihm sogar eine kleine Uniform geschneidert, den solltet Ihr einmal bei der Parade umherstolzieren sehen!«

»Solche Erzählungen bringen mich auf den Gedanken, daß ich mir eines Tages wohl doch eine Frau nehmen sollte.«

»Das kann ich nur empfehlen. Aber wie unaufmerksam von mir, Hooch. Bitte nehmt doch Platz!«

Hooch setzte sich. »Danke, Bill.«

Harrison nickte zufrieden. »Es ist schön, Euch einmal wiederzusehen, es ist ja schon so lange her, seit dem letzten Mal.«

»Ich wünschte, ich hätte Euch gestern sprechen können«, meinte Hooch.

Harrison lächelte reumütig. »Nun, ich bin eben sehr beschäftigt. Haben Euch meine Leute denn nicht gesagt, daß ich keinen Termin mehr frei hatte?«

»Für mich hattet Ihr bisher immer noch einen Termin frei, Bill.«

»Ihr wißt ja, wie das manchmal ist. Da ist man so schrecklich beschäftigt, daß man nichts dagegen tun kann.«

Hooch schüttelte den Kopf. »Bill, ich denke, wir haben einander jetzt lange genug angelogen. Was hier geschehen ist, war Teil eines Plans, und es war nicht mein Plan.«

»Wovon redet Ihr da, Hooch?«

»Ich rede davon, daß dieser Korporal vielleicht zwar nicht unbedingt wollte, daß ich ihm das Bein breche, aber ich habe so ein Gefühl, daß er mich zu etwas provozieren sollte.«

»Er sollte lediglich dafür sorgen, daß niemand mich störte, es sei denn, er hatte einen Termin mit mir vereinbart, Hooch. Das ist der einzige Plan, von dem ich weiß.« Harrison blickte traurig drein. »Hooch, ich muß Euch sagen, daß das eine ziemlich häßliche Angelegenheit ist. Einen Offizier der US-Armee tätlich anzugreifen!«

»Ein Korporal ist kein Offizier, Bill.«

»Ich wünschte nur, daß ich Euch zum Prozeß nach Suskwahenny schicken könnte, Hooch. Dort gibt es Rechtsanwälte. Aber der Prozeß muß hier stattfinden, und die Geschworenen in dieser Gegend haben nicht allzu viel für Leute übrig, die Korporalen das Knie zerschmettern.«

»Wie wäre es, wenn Ihr Eure Drohungen einstelltet und mir sagtet, was Ihr wirklich wollt?«

»Was ich will? Ich bitte Euch um keinen Gefallen, Hooch. Ich mache mir nur Sorgen um einen Freund, der in Konflikt mit dem Gesetz geraten ist.«

»Es muß etwas wirklich Widerliches sein, denn sonst würdet Ihr mich bestechen, um es zu tun, anstatt Eure Muskeln spielen zu lassen. Es muß etwas sein, von dem Ihr glaubt, daß ich es nicht täte, es sei denn, daß Ihr mir Todesangst einjagt. Und ich versuche ständig mir vorzustellen, was Eurer Meinung nach wohl so schlimm sein muß, daß ich es nicht täte. Das ergibt keine besonders lange Liste, Bill.«

Harrison schüttelte den Kopf. »Hooch, Ihr habt mich falsch verstanden.«

»Diese Stadt stirbt, Bill«, versetzte Hooch. »Es läuft alles nicht so, wie Ihr es geplant habt. Und ich glaube, das liegt daran, daß Ihr ein paar wirklich dumme Sachen gemacht habt. Ich glaube, daß die Roten anfingen fortzugehen, vielleicht sind sie ja auch alle weggestorben. Außerdem habt Ihr den dummen Fehler begangen, zu versuchen, die ausfallenden Branntweinprofite wettzumachen, indem Ihr den Abschaum der Erde anlocktet, die schlimmsten aller Weißen, die Flußratten, die mit mir die Nacht im Gefängnis verbracht haben. Ihr habt sie als Steuereintreiber eingesetzt, richtig? Aber Farmer mögen keine Steuern. Vor allen Dingen mögen sie keine Steuern, wenn sie von einem derartigen Abschaum eingetrieben werden.«

Harrison goß sich drei Fingerbreit Whisky in ein Glas und leerte die Hälfte davon in einem Zug.

»Ihr habt also Eure Whisky-Roten verloren und auch noch Eure weißen Farmer, und jetzt sind Euch nur Eure Soldaten geblieben, die Flußratten und jene Gelder, die Ihr aus der Kasse der US-Armee dafür erhaltet, daß Ihr im Westen für Ruhe und Ordnung sorgt.«

Harrison trank den Whisky aus und rülpste.

»Und das bedeutet, daß Ihr Pech gehabt habt und dumm gewesen seid und daß Ihr irgendwie glaubt, Ihr könntet mich dazu bringen, Euch aus der Misere zu helfen.«

Harrison goß sich erneut drei Fingerbreit ein. Doch anstatt ihn zu trinken, schüttete er ihn Hooch ins Gesicht. Der Whisky spritzte in seine Augen, und Hooch wälzte sich am Fußboden und versuchte, sich den Alkohol aus dem Gesicht zu reiben.

Ein paar Momente später saß Hooch wieder auf seinem Stuhl, ein feuchtes Tuch an die Stirn gepreßt, und verhielt sich sehr viel unterwürfiger und vernünftiger. Aber nur, weil er wußte, daß Harrison einen Flush hatte, während er selbst nur zwei Paare aufweisen konnte.

»Ich war nicht dumm«, sagte Harrison.

Nein, du bist der schlaueste Gouverneur, den Carthage je gehabt hat, ich wundere mich nur, daß du es noch nicht bis zum König gebracht hast. Das hätte Hooch normalerweise gesagt. Doch statt dessen hielt er den Mund.

»Es war dieser Prophet. Dieser Rote oben im Norden. Wie er seine Prophetenstadt genau gegenüber von Vigor Church am Wobbish erbaut hat — Ihr könnt nicht behaupten, daß das ein Zufall war. Brustwehr-Gottes steckt dahinter, er versucht, mir den Staat Wobbish zu nehmen. Und dazu setzt er auch noch einen Roten ein. Ich wußte ja, daß viele Rote in den Norden gingen, jeder wußte das, aber ich hatte immer noch meine Whisky-Roten hier, die, die nicht weggestorben waren. Und als es hier immer weniger Rote gab — vor allen Dingen Shaw-Nee —, nun, da dachte ich, daß ich mehr weiße Siedler bekommen würde. Ihr täuscht Euch, was meine Steuereintreiber angeht. Die haben die weißen Siedler nicht vertrieben. Das war Ta-Kumsaw.«