»Deshalb liebt Ihr mich ja auch, Bill — weil Ihr einen Verstand wie ein Schwein habt und ein Mundwerk wie eine Schlange.«
»Vergeßt es nur nicht«, sagte Harrison. »Vergeßt nur nicht, daß ich auch mal zubeißen könnte, und zwar mit scharfen Giftzähnen. Denkt daran, bevor Ihr versucht, mit mir Eure kindischen Spiele zu spielen.«
»Kindische Spiele!« rief Hooch. »Was meint Ihr damit, Bill Harrison! Wessen bezichtigt Ihr mich?«
»Ich bezichtige Euch, dafür gesorgt zu haben, daß wir vier lange Frühlingsmonate keinen Branntwein mehr hatten, bis ich drei Rote aufknüpfen lassen mußte, weil sie in militärische Vorratslager eingebrochen sind. Und selbst meine Soldaten hatten nichts mehr zu trinken!«
»Ich! Ich habe diese Ladung doch so schnell hergebracht, wie ich nur konnte!«
Harrison lächelte nur.
Hooch behielt seine Miene gequälter Entrüstung bei — es war eine seiner besten Mienen, und außerdem war sie sogar teilweise wahr. Wenn auch nur einer der anderen Whiskyhändler halb so schlau wie er gewesen wäre, hätte er trotz Hoochs gegenteiliger Bemühungen schon einen Weg flußabwärts gefunden.
Es war schließlich nicht Hoochs Schuld, wenn er zufällig das hinterhältigste, bösartigste, niederträchtigste, kompetenteste Stinktier in einem Geschäft war, das ohnehin nicht eben vor Sauberkeit strahlte.
Hoochs Miene verletzter Unschuld hielt länger vor als Harrisons Lächeln, womit Hooch auch gerechnet hatte.
»Hört mal, Hooch«, sagte Harrison.
»Vielleicht solltet Ihr mich ab nun besser Mr. Ulysses Palmer nennen«, erwiderte Hooch. »Nur meine Freunde nennen mich Hooch.«
Aber Harrison schluckte den Köder nicht. Er begann nicht damit, den anderen weitschweifig seiner innewohnenden Freundschaft zu versichern. »Hört mir zu, Mr. Palmer«, erwiderte Harrison statt dessen. »Ihr wißt es, und ich weiß es, daß diese Sache nicht das geringste mit Freundschaft zu tun hat. Ihr wollt reich werden, und ich will Gouverneur eines richtigen Staates werden. Ich brauche Euren Branntwein, um Gouverneur zu werden, und Ihr braucht meine Protektion, um reich zu werden. Aber diesmal seid Ihr zu weit gegangen. Versteht Ihr mich? Von mir aus könnt Ihr gern ein Monopol haben, aber wenn ich von Euch nicht regelmäßig mit Whisky beliefert werde, werde ich ihn mir von jemand anderem holen.«
»Also Gouverneur Harrison, ich verstehe ja, daß Euch das unruhig gemacht hat, und das möchte ich auch wieder gutmachen. Was, wenn ich Euch sechs Fässer des allerbesten Whiskys gäbe, ganz allein für Euch…«
Doch Harrison war auch nicht in der Laune, sich bestechen zu lassen. »Was Ihr vergeßt, Mr. Palmer, ist die Tatsache, daß ich auch den ganzen Whisky haben könnte, wenn ich ihn wollte.«
Nun, wenn Harrison schon grob werden konnte, dann konnte Hooch es erst recht, obwohl er es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, derlei Dinge stetes mit einem Lächeln zu sagen. »Mr. Gouverneur, meinen ganzen Whisky könnt Ihr mir zwar einmal nehmen. Aber welcher Händler wird dann noch mit Euch Geschäfte machen wollen?«
Harrison lachte und lachte. »Jeder Händler, Hooch Palmer, und das wißt Ihr auch!«
Hooch wußte, wann er geschlagen war. Er stimmte sofort in das Gelächter ein. Da klopfte es an der Tür. »Herein«, sagte Harrison. Gleichzeitig bedeutete er Hooch mit einem Winken, daß er Platz behalten sollte. Ein Soldat trat ein, salutierte und sagte: »Ein Mr. Andrew Jackson möchte Euch sprechen, Sir. Von Tennizy, wie er sagt.«
»Um Tage zu früh«, meinte Harrison. »Aber ich bin entzückt, könnte gar nicht erfreuter sein, führt ihn herein.«
Andrew Jackson. Das mußte dieser Juristenbursche sein, den sie Mr. Hickory nannten. Damals, als Hooch noch im Tennizy-Land arbeitete, war Hickory Jackson ein echter Junge vom Land gewesen — er hatte einen Mann in einem Duell getötet, seine Fäuste gelegentlich in das eine oder andere Gesicht gerammt, war dafür bekannt, daß er Wort hielt, und es hieß auch, daß er nicht so ganz richtig mit seiner Frau verheiratet sei, die womöglich einen anderen Ehemann besaß, der noch nicht einmal tot war. Das war der Unterschied zwischen Hickory und Hooch — Hooch hätte schon lange vorher dafür Sorge getragen, daß der Ehemann tot und begraben gewesen wäre. Daher war Hooch etwas überrascht, daß dieser Jackson inzwischen groß genug geworden sein mußte, um Geschäfte zu leiten, die ihn von Tennizy bis nach Carthage City führten.
Doch das war nichts, verglichen mit seiner Überraschung, als Jackson durch die Tür trat, kerzengrade und mit Augen, die glühenden Kohlen glichen. Er schritt durchs Zimmer und streckte Gouverneur Harrison die Hand entgegen.
»Ihr habt zu viele Rote hier«, meinte Jackson. »Dieser einäugige Betrunkene vor der Tür läßt einem ja speiübel werden.«
»Na ja«, erwiderte Harrison, »für mich ist er eine Art Haustier. Mein eigener Hausroter.«
»Lolla-Wossiky«, warf Hooch hilfsbereit ein. Nein, nicht wirklich hilfsbereit. Ihm gefiel nur die Art nicht, wie Jackson ihn gar nicht beachtet hatte, und Harrison hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn vorzustellen.
Jackson drehte sich um, sah ihn an. »Was habt Ihr gesagt?«
»Lolla-Wossiky«, wiederholte Hooch.
»Der Name des einäugigen Roten«, erklärte Harrison.
Jackson musterte Hooch kalt. »Den Namen eines Pferdes will ich immer erst dann erfahren«, sagte er, »wenn ich vorhabe, darauf zu reiten.«
»Mein Name ist Hooch Palmer«, sagte Hooch. Er streckte die Hand aus.
Doch Jackson nahm sie nicht. »Euer Name ist Ulysses Brock«, erwiderte er, »und in Nashville habt Ihr noch über zehn Pfund ungetilgte Schulden. Jetzt, da Appalachee die US-Währung übernommen hat, heißt das, daß Ihr noch zweihundertzwanzig Dollar in Gold schuldig seid. Ich habe diese Schulden aufgekauft, und zufällig habe ich auch die Papiere bei mir, da ich gehört hatte, daß Ihr hier oben mit Whisky handeln würdet. Und daher werde ich Euch jetzt wohl festnehmen.«
Hooch wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß Jackson ein solches Gedächtnis haben könnte oder daß er ein derartiges Stinktier hätte sein können, um die Wechsel eines Mannes aufzukaufen, die sieben Jahre alt waren und eigentlich längst hätten vergessen sein müssen. Doch tatsächlich holte Jackson einen Schein aus seiner Rocktasche und legte ihn auf Gouverneur Harrisons Schreibtisch.
»Da ich es zu schätzen weiß, daß Ihr diesen Mann bereits in Haft genommen habt, als ich eintraf«, sagte Jackson, »ist es mir eine Freude, Euch mitzuteilen, daß nach dem Gesetz von Appalachee der verhaftende Beamte Anspruch auf zehn Prozent der beschlagnahmten Güter hat.«
Harrison lehnte sich in seinem Stuhl zurück und grinste Hooch an. »Nun, Hooch, vielleicht solltet Ihr besser Platz nehmen, damit wir einander alle besser kennenlernen. Aber vielleicht brauchen wir das ja gar nicht, da Mr. Jackson Euch besser zu kennen scheint als ich.«
»Oh, Ulysses Brock kenne ich gut«, warf Jackson ein. »Das ist genau die Art von Stinktier, die wir in Tennizy erst vertreiben mußten, bevor wir uns zivilisiert nennen durften. Und ich schätze, daß Ihr hier auch schon recht bald von seiner Sorte befreit sein werdet, wenn Ihr das Wobbish-Land darauf vorbereitet, den Antrag auf Eingliederung in die Vereinigten Staaten zu beantragen.«
»Da setzt Ihr aber viel voraus«, meinte Harrison. »Vielleicht versuchen wir es hier ja lieber im Alleingang.«
»Wenn Appalachee keinen Alleingang schaffte, nicht einmal mit Tom Jefferson als Präsident, dann werdet Ihr hier, glaube ich, auch nicht besser zurechtkommen.«
»Vielleicht«, erwiderte Harrison, »ganz vielleicht werden wir aber etwas tun, das zu tun Tom Jefferson der Mumm gefehlt hat. Und vielleicht brauchen wir dazu auch Männer wie Hooch hier.«
»Was Ihr braucht, das sind Soldaten«, widersprach Jackson. »Keine Branntweinhändler.«