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»Was können wir von einer Stadt der Frauen erwarten?« sagte Muuzh, als Smelost seinen Bericht beendet hatte. »Natürlich herrscht dort Verwirrung. Frauen sind immer verwirrt, wenn die Gewalt beginnt.«

Smelost betrachtete ihn wachsam. Das war das Schöne an der Droge, die Plod ihm verabreicht hatte — das Opfer hielt sich noch immer für klug und vorsichtig, obwohl es über jedes Thema bereitwillig sein Herz ausschüttete. Muuzh war natürlich schon seit Jahren gegen die Wirkung der Droge immun, weshalb er auch nicht die geringsten Skrupel hatte, einen Schluck Ale aus demselben Krug zu trinken. Er war auch überzeugt davon, daß Plod nicht die geringste Ahnung hatte, daß er immun war, und mehr als einmal hatte er vermutet, daß Plod ihm etwas von der Droge gegeben hatte, woraufhin Muuzh immer ein paar harmlose, aber indiskret klingende Enthüllungen gemacht hatte — normalerweise nur seine persönliche Meinung über ein paar andere Offiziere. Nie etwas Belastendes. Nur soviel, daß Plod denken mußte, die Droge würde auch bei ihm zum gewünschten Ziel führen.

»Oh, du weißt, was ich meine«, sagte Muuzh. »Nichts gegen die Frauen, aber sie kommen nicht gegen ihre Biologie an, nicht wahr? So sind sie nun mal — wenn die Gewalt anfängt, müssen sie zu einem Mann laufen und sich von ihm beschützen lassen, oder sie sind verloren, meinst du nicht auch?«

Smelost lächelte schwach. »Dann kennst du die Frauen Basilikas nicht.«

»Natürlich kenne ich sie«, sagte Muuzh. »Ich kenne alle Frauen, und die Frauen, die ich nicht kenne, kennt Plod — stimmt das nicht, Plod?«

»O ja«, sagte Plod lächelnd.

Smelost blickte etwas finster drein, sagte aber nichts.

»Die Frauen von Basilika haben es mit der Angst zu tun bekommen, nicht wahr? Sie sind verängstigt und handeln überhastet. Es gefällt ihnen nicht, daß diese Soldaten durch die Straßen marschieren. Sie haben Angst davor, was passieren wird, wenn kein starker Mann sie im Zaum halten kann — aber sie fürchten sich genauso davor, was passieren wird, falls dieser starke Mann tatsächlich kommt. Wer weiß schon, wozu die Dinge führen werden, nachdem die Gewalt erst einmal angefangen hat? Auf den Straßen Basilikas fließt Blut. Der Kopf eines Mannes hat den Straßenstaub durch beide Hälften seines Halses getrunken, wie wir in Gollod sagen. In jedem Frauenherz in Basilika ist Furcht, ja, und du weißt es.«

Smelost zuckte mit den Schultern. »Natürlich haben sie Angst. Wer hätte keine?«

»Ein Mann hätte keine Angst«, sagte Muuzh. »Ein Mann würde die Gelegenheit riechen. Ein Mann würde sagen: Wenn andere Angst haben, hat jeder, der kühn spricht, die Chance, die Führung zu übernehmen. Jeder, der Entscheidungen trifft, jeder, der etwas unternimmt, kann zum Brennpunkt der Amtsgewalt werden, zur Hoffnung der Verzweifelten, zur Stärke der Schwachen, zur Seele der Mutlosen. Ein Mann würde handeln.«

»Handeln«, echote Smelost.

»Kühn handeln«, sagte Plod.

»Und doch … du bist mit dem Brief einer Frau zu uns gekommen, die um Schutz bittet.« Muuzh lächelte und zuckte mit den Schultern.

Smelost versuchte augenblicklich, sich zu verteidigen. »Soll ich mich vor Gericht für etwas anklagen lassen, von dem ich wußte, daß es richtig war?«

»Natürlich nicht. Was — von Frauen verurteilt werden?« Muuzh sah Plod an und lachte; Plod nahm den Ball auf und fiel ein. »Weil du gehandelt hast, wie ein Mann handeln muß, kühn, mit Mut — nein, dafür sollte dir nicht der Prozeß gemacht werden.«

»Also bin ich hierher gekommen.«

»Um uns um Schutz zu bitten. Damit du in Sicherheit bist, während deine Stadt in Angst lebt.«

Smelost stand auf. »Ich bin nicht hierher gekommen, um mich beleidigen zu lassen.«

Augenblicklich deutete Plods Klinge auf Smelosts Hals. »Wenn der General des Imperators sitzt, bleiben alle Männer sitzen oder werden wie Meuchelmörder behandelt.«

Smelost ließ sich behutsam wieder auf den Stuhl hinab.

»Verzeih meinem besten Freund Plod«, sagte Muuzh. »Ich weiß, daß du es nicht böse gemeint hast. Schließlich bis du zu uns gekommen, damit wir dich schützen, und nicht, um einen Krieg anzufangen!» Muuzh lachte und sah Smelost die ganze Zeit über in die Augen, bis auch der sich zu einem Lachen zwang.

Smelost konnte es eindeutig nicht ausstehen, über sich selbst zu lachen, weil er Schutz gesucht hatte, anstatt wie ein Mann zu handeln.

»Aber vielleicht habe ich dich falsch verstanden«, sagte Muuzh. »Vielleicht bist du nicht nur, wie dieser Brief behauptet, wegen dir zu uns gekommen. Vielleicht hast du irgendeinen Plan im Sinn, eine Möglichkeit, wie du deiner Stadt helfen kannst, eine Taktik, mit der du die Furcht der Frauen Basilikas lindern und sie vor dem Chaos bewahren kannst, das sie bedroht.«

»Ich habe keinen Plan«, sagte Smelost.

»Ah«, sagte Muuzh. »Oder vielleicht vertraust du uns noch nicht so, daß du ihn uns verraten würdest.« Muuzh schaute betroffen drein. »Ich verstehe. Wir sind Fremde, und das Schicksal deiner Stadt steht auf dem Spiel, einer Stadt, die du mehr liebst als das Leben selbst. Außerdem erbittest du viel mehr von uns, als ein gewöhnlicher Soldat normalerweise jemals von einem General Gorajnis zu erbitten wagte. Also werde ich dich jetzt nicht bedrängen. Geh — Plod wird dir ein Zelt zeigen, in dem du trinken und schlafen kannst, und wenn dieser Sturm nachläßt, kannst du baden und essen, und dann wirst du vielleicht genug Vertrauen zu mir haben, um mir zu sagen, was wir tun sollen, und deine schöne und geliebte Stadt vor der Anarchie zu retten.«

Als Muuzh geendet hatte, machte er eine unauffällige Handbewegung, stützte dann den Ellbogen auf die Stuhllehne und gab vor, wegen Smelosts Zögern etwas betrübt zu sein. Plod bemerkte das Zeichen natürlich und drängte Smelost augenblicklich aus dem Zelt hinaus und in den Sturm zurück.

Kaum waren sie draußen, sprang Muuzh auf, beugte sich über den Tisch und studierte die Karte. Basilika — so weit im Süden, aber im höchsten Teil des Gebirges, direkt an der Wüste, so daß es möglich war, von dort durch die Berge zu kommen. In zwei Tagen, wenn er nur ein paar hundert Mann mitnahm und ihnen alles abverlangte. Zwei Tage, und er konnte gut und gern im Besitz der größten Stadt am Westufer sein, der Stadt, deren Karawanengänger ihre Sprache zum Handelsjargon jeder Stadt und Nation von Potokgavan bis Gorajni gemacht hatten. Ganz davon zu schweigen, daß Basilika über kein nennenswertes Heer verfügte. Wichtiger war jedoch, was die Städte der Ebene davon halten würden — und Potokgavan. Sie würden nicht wissen, wie klein und schwach das Heer Gorajnis war. Sie würden nur wissen, daß der große General Vozmuzhalnoi Vozmozhno einen überraschenden Feldzug getan und eine Stadt der Legenden und Geheimnisse erobert hatte und nun nicht mehr hundertfünfzig Kilometer von ihnen entfernt im Norden saß, hinter Seggidugu, sondern ganz in ihrer Nähe aufgetaucht war und von den Türmen Basilikas aus jeden ihrer Züge beobachten konnte.

Dieser Schlag wäre für sie verheerend. Wenn Potokgavan wußte, daß Vozmuzhalnoi Vozmozhno die Ankunft ihrer Flotte beobachten konnte und genügend Zeit hatte, seine Truppen aus Basilika zu führen und ihr Heer beim Landungsversuch zu vernichten, würden sie nicht wagen, ein Expeditionskorps zu den Städten der Ebene auszuschicken. Und was die Städte selbst betraf, würden sie sich eine nach der anderen ergeben, und schon bald wäre Seggidugu umzingelt, eingeschlossen, ohne Hoffnung auf Unterstützung von Potokgavan. Sie würden einen bedingungslosen Frieden schließen. Wahrscheinlich würde es nicht einmal zu einem Kampf kommen — ein vollständiger Sieg, ohne Verluste, und das alles nur, weil in Basilika das Chaos herrschte und dieser Soldat gekommen war, um Vozmuzhalnoi Vozmozhno von seiner glorreichen Gelegenheit in Kenntnis zu setzen.