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Andererseits vielleicht aber auch nicht. Aber es war einen Versuch wert, oder?

Der Hauptcomputer griff durch seine Satelliten aus und schickte Bilder in den Geist jener Menschen, die für seine Übertragungen am empfänglichsten waren. Diese Bilder des Hauptcomputers bewegten sich durch die Erinnerungen der Menschen, zwangen sie, sich mit ihnen zu beschäftigen, sie zusammenzufügen, ihnen einen Sinn zu entnehmen. Aus ihnen die seltsamen und mächtigen Geschichten zu formen, die sie Träume nannten. Vielleicht würden ihre Träume in den nächsten paar Tagen, den nächsten paar Wochen einen gewissen Zusammenhang oder ein gewisses Verständnis an die Oberfläche bringen, das dem Hauptcomputer bei der Entscheidung helfen konnte, wie er die besten von ihnen vom Planeten Harmonie und zur Erde bringen konnte.

AU diese Jahre habe ich gelehrt und sie geführt, geformt und sie beschützt. Doch sind sie nun, am Ende meines Lebens, bereit, mich zu lehren und führen, zu formen und schützen? Es ist unwahrscheinlich. Sehr unwahrscheinlich. Ich werde bestimmt gezwungen sein, alle Entscheidungen allein zu treffen. Und wenn ich dies tue, werde ich bestimmt Fehler machen. Vielleicht sollte ich überhaupt nichts unternehmen. Vielleicht sollte ich überhaupt nichts unternehmen. Ich sollte nichts unternehmen. Werde nichts unternehmen. Darf nichts unternehmen.

Ich muß warten.

Warten.

Erneut warten ..

1

Betrug

Der Traum des Generals

General Vozmuzhalnoi Vozmozhno erwachte schwitzend und stöhnend aus seinem Traum. Er öffnete die Augen, streckte die Hand aus und schloß die Finger. Eine andere Hand berührte die seine, hielt sie fest.

Die eines Mannes. Es war General Plodorodnui. Sein vertrauenswürdigster Leutnant. Sein bester Freund. Sein innigster Gefährte.

»Du hast geträumt, Muuzh.« Es war der Spitzname, mit dem nur Plod ihn anzusprechen wagte.

»Ja, allerdings.« Vozmuzhalnoi — Muuzh — erschauerte, als er daran dachte. »Ein eindringlicher Traum.«

»War er unheilvoll?«

»Auf jeden Fall entsetzlich.«

»Erzähle ihn mir. Ich kann mit Träumen etwas anfangen.«

»Ja, ich weiß genau, wie du mit Frauen etwas anfangen kannst. Wenn du mit ihnen fertig bist, sagen sie genau das, was du von ihnen hören willst!«

Plod lachte, wartete dann jedoch. Muuzh wußte nicht, warum er zögerte, Plod diesen Traum zu erzählen. Er hatte ihm so viele andere erzählt. »Na schön, das also war mein Traum. Ich sah einen Mann, der auf einer Lichtung stand, und überall um ihn herum waren schreckliche Flugwesen — keine Vögel, sie waren fellbesetzt, aber viel größer als Fledermäuse. Sie kreisten am Himmel, stießen nieder, berührten ihn. Er stand da und tat nichts. Und als ihn schließlich alle berührt hatten, flogen sie weg, bis auf ein Wesen, das sich auf seine Schulter niederließ.«

»Ah«, sagte Plod.

»Ich bin noch nicht fertig. Augenblicklich kamen riesige Ratten, die aus Erdhöhlen ausschwärmten. Sie waren mindestens einen Meter lang — halb so groß wie der Mann. Und erneut kamen sie, bis alle ihn berührt hatten …«

»Womit? Den Zähnen? Den Pfoten?«

»Und den Nasen. Sie haben ihn berührt, mehr weiß ich nicht. Lenke mich nicht ab.«

»Verzeih mir.«

»Als alle ihn berührt hatten, gingen sie davon.«

»Bis auf eine.«

»Ja. Sie schmiegte sich an sein Bein. Du begreifst das Muster.«

»Was geschah dann?«

Muuzh erschauerte. Es war das Schrecklichste überhaupt gewesen, und doch begriff er nicht, wieso, als die Worte nun über seine Lippen kamen. »Menschen.«

»Menschen? Sie kamen und berührten ihn?«

»Sie … haben ihn geküßt. Seine Hände, seine Füße. Sie haben ihn angebetet. Tausende. Aber sie haben nicht nur den Mann geküßt. Sie haben auch das … Flugding geküßt. Und die Riesenratte, die sich an sein Bein schmiegte. Sie haben sie alle geküßt.«

»Ah«, sagte Plod. Er wirkte besorgt.

»Und? Was hat der Traum zu bedeuten? Was sagt er voraus?«

»Offensichtlich ist der Mann, den du gesehen hast, der Imperator.«

Manchmal klangen Plods Interpretationen wie die Wahrheit, doch diesmal rebellierte Muuzh’ Herz bei der Vorstellung, den Imperator mit dem Mann in dem Traum in Verbindung zu bringen. »Warum ist das offensichtlich? Er sah gar nicht aus wie der Imperator.«

»Natürlich, weil die gesamte Natur und die Menschheit ihn verehrt hat.«

Muuzh zuckte mit den Schultern. Das war wohl kaum eine von Plods scharfsinnigsten Interpretationen. Und er hatte nie davon gehört, daß Tiere den Imperator mochten, der sich für einen großen Jäger hielt. Natürlich jagte er nur in einem seiner Parks, in denen alle Tiere gezähmt waren und die Furcht vor Menschen verloren hatten und in denen alle Raubtiere darauf dressiert waren, sich wild zu gebärden, aber niemals zuzuschlagen. Der Imperator bekam die Gelegenheit, seine Rolle in dem großen Schauspiel des Kampfes zwischen Mensch und Tier zu spielen, geriet aber niemals in Gefahr, da das Tier sich arglos seinem schnellen Pfeil, seinem sicheren Speerwurf, seiner gnadenlosen Klinge darbot. Falls dies Verehrung war, falls dies Natur war, ja, dann konnte man sagen, daß die gesamte Natur den Imperator verehrte und anbetete …

Plod wußte natürlich nichts von Muuzh’ Gedanken in dieser Hinsicht; wenn man schon das Unglück hatte, ätzend scharfe Gedanken über den Imperator zu hegen, achtete man sorgsam darauf, seine Freunde nicht damit zu belasten.

Also fuhr Plod mit seiner Interpretation von Muuzh’ Traum fort. »Was für ein Vorzeichen liegt in dieser Verehrung des Imperators? An sich gar keins. Aber die Tatsache, daß du dich aufgelehnt hast, daß du entsetzt zurückgeschreckt bist …«

»Sie haben eine Ratte geküßt, Plod! Sie haben dieses abscheuliche Fluggeschöpf geküßt …«

Doch Plod sagte nichts, als er mitten im Satz verstummte. Sagte nichts und beobachtete ihn.

»Mich entsetzt keineswegs der Gedanke, daß Menschen den Imperator verehren. Ich habe selbst vor dem Unsichtbaren Thron gekniet und die Ehrfurcht seiner Gegenwart verspürt. Es war nicht schrecklich, es war … adelnd.«

»Das sagst du«, erwiderte Plod. »Aber Träume lügen nicht. Vielleicht mußt du dich von etwas Bösem in deinem Herzen säubern.«

»Hör mal, du hast doch gesagt, ich hätte den Imperator in meinem Traum gesehen. Wieso kann dieser Mann nicht der … keine Ahnung … der Herrscher Basilikas gewesen sein?«

»Weil die elende Stadt Basilika von Frauen beherrscht wird.«

»Dann eben nicht Basilika. Aber ich glaube trotzdem, der Traum galt …«

»Ja? Wem?«

»Woher soll ich das wissen? Ich werde mich reinigen, nur für den Fall, daß du recht haben solltest. Ich bin schließlich kein Traumdeuter.« Das bedeutete, daß er heute einige Stunden im Zelt des Fürsprechers verschwenden mußte. Es war so ermüdend, doch es war auch politisch notwendig, jeden Monat dort eine gewisse Zeit zu verbringen, oder Berichte über die Gottlosigkeit des Betreffenden gelangten schon bald nach Gollod, wo der Imperator von Zeit zu Zeit entschied, wer eines Kommandos und wer der Erniedrigung oder des Todes würdig war. Muuzh mußte sich sowieso bald im Tabernakel des Fürsprechers sehen lassen, doch er konnte den Gedanken daran nicht ausstehen, wie ein kleiner Junge den Gedanken an ein Bad nicht ausstehen konnte. »Laß mich allein, Plod. Du hast mich sehr unglücklich gemacht.«