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»Kannst du das übernehmen?« fragte Vater.

»Nicht allein«, sagte Elemak. »Wenn Meb und ich jeden Tag auf die Jagd gehen, werden wir wohl einmal die Woche et was finden.«

»Nafai ebenfalls«, sagte Vater.

»Nein«, stöhnte Mebbekew. »Er ist uns doch nur im Weg.«

»Ich werde es ihm beibringen«, sagte Elemak. »Was das betrifft, kann ich mir nicht vorstellen, daß Meb mir am Anfang eine größere Hilfe sein wird als Nafai. Aber du mußt es den beiden sagen — wenn wir auf die Jagd gehen, ist mein Wort Gesetz.«

»Natürlich«, sagte Vater. »Sie werden genau das tun, was du sagst, und nicht mehr.«

»Ich werde sie abwechselnd mitnehmen, jeden Tag einen anderen«, sagte Elemak. »Dann brauche ich mir wenigstens nicht anzuhören, wie sie miteinander streiten.«

Mebbekew sah ihn voller Abneigung an — so subtil, Meb, kein Wunder, daß du ein so erfolgreicher Schauspieler warst —, doch Nafai betrachtete nur den Teppich auf dem Boden des Zelts. Was dachte er? Zweifellos überlegte er, wie er eine Möglichkeit finden konnte, diese Angelegenheit zu seinem Vorteil zu wenden.

Dann — habe ich es doch gewußt!, dachte Elemak — hob Nafai den Kopf und sah seinen Bruder ernst an. »Elja, es tut mir leid, dir Anlaß zu der Vermutung gegeben zu haben, ich würde mich mit Meb streiten, wenn du uns beide gleichzeitig mit auf die Jagd nimmst. Wenn wir größere Erfolgsaussichten haben, falls wir beide dich gemeinsam begleiten, kann ich dir versprechen, daß ich kein Wort des Streites sagen werde, weder zu dir noch zu Meb.«

Ganz der kleine Kriecher, sich so fromm und kooperativ zu geben, wo Elemak doch wußte, daß er während des gesamten Jagdzugs rotzfrech und streitsüchtig sein würde, ganz gleich, was er jetzt versprach. Doch Elemak sagte nichts, während Vater leise Nafais Einstellung lobte und ihm dann sagte, daß Elemaks Entscheidung Bestand hatte. »Ich versichere dir, auf diese Weise lernt ihr beide mehr«, sagte Vater.

Bei solchen Gelegenheiten glaubte Elemak fast, daß Vater Nafais selbstgerechtes Verhalten durchschaute. Aber dem war nicht so; im nächsten Augenblick würde Vater darüber sprechen, was die Überseele von ihnen verlangte, und dann waren er und Nafai wieder ganz vertraut miteinander.

Dieser Gedanke erinnerte Elemak an den dicken Zdorab, der ihn vor ein paar Augenblicken geweckt hatte; und der Gedanke an das Aufwachen erinnerte ihn an seinen lebhaften Traum. Und ihm kam in den Sinn, daß es ganz amüsant sein könnte, Nafai mit den eigenen Waffen zu schlagen und so zu tun, als wäre dieser Traum eine Vision der Überseele gewesen. »Ich habe bei den Felsen geschlafen«, sagte Elemak in die Stille, »und einen Traum gehabt.«

Augenblicklich sahen ihn alle wartend an. Elemak musterte sie unter schweren Lidern; er sah die augenblickliche Freude auf dem Gesicht seines Vaters und schämte sich fast des Schwindels, den er abziehen wollte — doch die Konsternation auf Nafais Gesicht und das absolute Entsetzen auf Mebs machten alles wieder wett. »Ich habe einen Traum gehabt«, sagte er, »in dem ich uns alle aus einem großen Haus kommen sah.«

»Wessen Haus war es?« fragte Nafai.

»Sei still und laß ihn den Traum erzählen«, sagte Vater.

»Ein Haus, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Und wir kamen nicht allein heraus — wir sechs, alle sechs von uns, jeder kam mit einer Frau heraus. Und es waren zwei weitere Männer dabei, und auch sie hatten Frauen. Und viele Kinder. Wir alle hatten Kinder.«

Einen langen Augenblick herrschte Schweigen.

»Ist das alles?« fragte Nafai dann.

Elemak sagte nichts, und das Schweigen setzte sich fort.

»Elja«, sagte Issib, »hatte ich eine Frau?«

»In meinem Traum«, sagte Elemak, »hattest du eine Frau.«

»Hast du ihr Gesicht gesehen?« fragte Issib. »Weißt du, wer es war?«

Jetzt schämte sich Elemak wahrhaftig, denn ihm wurde klar, daß Issib dies für eine wahre Vision hielt, und zum ersten Mal in seinem Leben kam es ihm in den Sinn, daß auch der arme Issib sich nach einer Frau sehnte wie jeder andere Mann, obwohl er gelähmt war und keine Aussicht bestand, eine zu finden, die ihn nehmen würde. In Basilika, wo die Frauen sich die Männer aussuchen konnten, wäre man als Frau schon sehr arm im Geiste gewesen, wenn man sich einen Krüppel wie Issib zum Gefährten genommen hätte. Falls er überhaupt Geschlechtsverkehr haben konnte, würde es wohl nur dazu kommen, falls irgendein übersättigtes Weibsbild neugierig auf ihn wäre — besonders mit seinen Flossen, die vielleicht eine der unternehmungslustigeren interessieren würde. Doch mit ihm zusammenzuleben, ihm Kinder zu gebären, ihm sogar Vaterrechte zu geben, nein, dazu würde es nicht kommen, und das wußte Issib auch. Was bedeutete, daß Elemak mit der Schilderung dieses Traums nicht nur Vater manipulierte, sondern auch Issib eine grausame Enttäuschung bereiten würde. Elemak kam sich wie der letzte Dreck vor.

»Ich habe ihr Gesicht nicht gesehen«, sagte Elemak. »Wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten. Es war nur ein Traum.«

»Es hat etwas zu bedeuten«, sagte Vater.

»Es bedeutet, daß Elemak uns zum Narren hält«, sagte Nafai. »Er macht sich über uns lustig, weil wir Visionen von der Überseele haben.«

»Nenne mich nicht einen Lügner«, sagte Elemak leise. »Wenn ich sage, ich habe geträumt, dann habe ich auch geträumt. Ob der Traum etwas zu bedeuten hat, kann ich nicht sagen. Aber was ich gesehen habe, habe ich gesehen. Hat Vater das nicht auch gesagt? Hast du das nicht auch gesagt? Was ich gesehen habe, habe ich gesehen.«

»Es hat etwas zu bedeuten«, sagte Vater erneut. »Nun ergibt eine seltsame Botschaft, die ich über den Index erhalten habe, auf einmal Sinn.«

O nein, dachte Elemak. Was habe ich getan?

»Ich denke schon seit geraumer Weile darüber nach, daß wir den Auftrag der Überseele ohne Frauen wohl kaum ausführen können. Doch wo sollen wir Frauen finden, die hierher kommen würden, um sich zu uns zu gesellen?«

Wo solltest du Männer finden, die hierher kommen würden, um sich zu dir zu gesellen, Vater? Aber du hattest ja deine Söhne, denen du befehlen konntest, dich zu begleiten.

»Doch als ich die Überseele danach gefragt habe, lautete die Antwort, ich solle warten. Das war alles, einfach nur warten, was keinen Sinn für mich ergab. Würden Frauen aus Felsen wachsen? Sollen wir uns mit Pavianen paaren?«

Elemak konnte sich einer Spitze nicht enthalten. »Meb hat das schon getan, gelegentlich jedenfalls.«

Meb lächelte einfältig.

»Und nun hat Elemak geträumt«, sagte Vater. »Ich glaube, die Überseele wollte, daß ich darauf warte — auf Elemaks Traum. Auf die Antwort, die meinem ältesten Sohn kam, meinem Erben. Du mußt also nachdenken, Elja, du mußt dich erinnern — hast du irgendeine der Frauen in deinem Traum erkannt?«

Vater nahm das alles viel zu ernst und verknüpfte es mit Elemaks Status als seinem Ältesten. Es war töricht von Elemak gewesen, überhaupt von dieser Vision anzufangen, das sah er jetzt ein; wie hatte er nur vergessen können, daß Vater bereit war, einer Vision zuliebe das Leben eines jeden einzelnen von ihnen zu ruinieren? »Nein«, sagte Elemak, um ihn zum Schweigen zu bringen, obwohl es nicht die Wahrheit war.

»Denke nach«, sagte Vater. »Ich weiß, daß du zumindest eine der Frauen erkannt hast.«

Elemak sah ihn verblüfft an. Konnte der alte Mann jetzt sogar seine Gedanken lesen? »Wenn die Überseele dir mehr über meinen Traum verraten hat, als ich selbst weiß, kannst du uns ja sagen, um wen es sich handelt«, sagte Elemak.

»Ich weiß, daß du eine erkannt hast, weil du ihren Namen genannt hast. Wenn du dich nur anstrengst, wird es dir wieder einfallen.«

Elemak warf Zdorab einen Blick zu, der zu Boden sah. Aha, dachte Elemak. Als Zdorab behauptet hat, er habe nichts von dem verstanden, was ich im Schlaf gesprochen hatte, hat er wohl nicht ganz die Wahrheit gesagt. »Was für ein Name?« fragte Elemak.