Nachdem ihre Feinde sich zurückgezogen hatten, verharrten die Soldaten mit den identischen Gesichtern in der Mitte des Tors, unsicher, was sie als nächstes tun sollten.
»Wir sind die Gorajni. Wir sind gekommen, um Basilika zu helfen, nicht, um die Stadt zu erobern!« rief Muuzh. »Schaut in die Wüste und seht das Heer, das ich zu den Toren der Stadt hätte führen können!«
Muuzh hatte das Tor gut gewählt — von hier aus konnten alle Basilikaner, die Wächter wie auch die Palwaschantu-Söldner, die Lagerfeuer sehen, zumindest hundert von ihnen, die sich weit durch die Wüste erstreckten.
»Doch nur diese fünfhundert habe ich zum Tor gerührt!« Natürlich log er, was die Anzahl seiner Männer betraf; diese lächelten jedoch insgeheim, weil er nur vierhundert unterschlagen hatte statt vierzigtausend, wie es normalerweise seine Art war. »Wir sind hier, um zu fragen, ob die Stadt der Frauen, die Stadt des Friedens, unsere Dienste benötigen kann, um innere Unruhen beizulegen. Wir werden die Stadt betreten, ihr dienen, wie ihr es wünscht, und sie verlassen, wenn unsere Aufgabe beendet ist. So spreche ich im Namen des Generals Vozmuzhalnoi Vozmozhno!« Es bestand kein Grund, sie wissen zu lassen, daß der gefürchtetste General der Westküste der Erdgebundenen See vor ihren Toren stand, das Schwert in der Scheide und mit nur neunhundert Mann Rückendeckung. Sollten sie doch glauben, der General sei draußen bei den Zehntausenden von Soldaten, die ihre Zelte um die großen Lagerfeuer in der Wüste aufgeschlagen hatten!
»Herr!« rief einer der Wachen. »Du siehst doch, wie es bei uns steht! Wir sind die Stadtwache, doch wie können wir den Willen unseres Rates in Erfahrung bringen, wenn wir gegen diese verrückten Verbrecher um unser Leben kämpfen müssen!«
»Jetzt sind wir die Herren Basilikas!« rief einer der identischen Palwaschantu-Söldner. »Wir nehmen nicht mehr die Befehle von Frauen entgegen! Wir lassen uns nicht mehr zwingen, außerhalb der Stadt zu bleiben, die rechtens uns gehört! Wir beherrschen diese Stadt nun im Namen von Gaballufix!«
»Gaballufix ist tot!« rief der Befehlshaber der Wache. »Und ihr werdet von niemandem beherrscht!«
»Im Namen von Gaballufix gehört diese Stadt uns!« Und mit diesen Worten schwangen die Söldner ihre Waffen und stimmten ein lautes Geheul an.
»Männer des Gaballufix!« rief Muuzh. »Wir haben den Namen eures gefallenen Führers gehört!«
Die Söldner jubelten erneut.
»Wir wissen, wie wir Gaballufix Ehre erweisen können!« rief Muuzh. »Kommt zu uns und gesellt euch zu uns, und wir werden euch die Stadt geben, die ihr verdient!«
Jubelnd strömten die Söldner zum Tor hinaus und zu den Gorajni. Die Stadtwachen Basilikas drückten sich gegen die Mauer und hielten ihre Waffen bereit. Einige wenige glitten in der Hoffnung, fliehen zu können, nach rechts oder links, doch zu ihrer Ehre blieben die meisten an Ort und Stelle und bereiteten sich darauf vor, in Erfüllung ihrer Pflicht ihr Leben zu geben. Muuzh’ Tausend bemerkte dies; sie würden die Wächter ehrenhaft behandeln, sollte es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen kommen.
Was die Söldner betraf, so näherten sie sich mit gesenkten Waffen, bereit, diese Neuankömmlinge als ihre Brüder zu umarmen. Doch sie mußten feststellen, daß Schwerter und Speere und Bögen auf sie gerichtet waren, und vom Rand des Mobs breitete sich hin zu dessen Mitte Verwirrung aus.
Muuzh blieb dort stehen, wo er von Anfang an gestanden hatte, doch nun war er von Söldnern umgeben und von seinen eigenen Männern abgeschnitten. Er schien jedoch nicht die geringste Beunruhigung zu empfinden, wenngleich seine Leute mehr als nur ein wenig nervös waren. Zu ihrer Bestürzung begann er, sich einen Weg durch den Mob zu bahnen, doch nicht in Richtung auf seine Leute, sondern von ihnen fort, hin zum Stadttor. Die Söldner schienen damit zufrieden zu sein — sie sahen es als Zeichen an, daß er sie führen wollte.
Muuzh trat auf die freie Fläche vor dem Tor, den Söldnern den Rücken zugewandt. »Ah, Basilika«, sagte er — laut, aber nicht im Befehlston. »Wie oft habe ich davon geträumt, in deinem Tor zu stehen und deine Schönheit mit eigenen Augen zu sehen!« Dann drehte er sich zum Befehlshaber der Wache um, der mit gezogener Waffe am Torpfosten stand. »Würde Basilika es als großen Dienst ansehen, mein Freund«, sagte er leise zu ihm, »wenn diese Hunderte von häßlichen Zwillingen hier und jetzt sterben würden?«
»Ich glaube schon, ja«, sagte der Befehlshaber, erneut verwirrt, aber auch von neuer Hoffnung erfüllt.
Muuzh drehte sich zu dem Mob um — und zu seinen Männern dahinter. »Jeder Mann, der den Namen Gaballufix liebt, hebe hoch das Schwert!«
Die meisten Söldner — alle bis auf die vorsichtigsten — hoben ihre Waffen. Doch kaum hatten sie sie gehoben, als Muuzh sein Schwert aus der Scheide zog.
Das war das Zeichen. Dreihundert Pfeile wurden gleichzeitig auf den Weg geschickt, und jeder Mann am Rand des Mobs — sie hatten die Arme ja gehoben, so daß die Pfeile in ihre Körper schlugen — brach zusammen, die meisten von ihnen mehrfach durchbohrt. Dann fielen, mit einem donnernden Schrei, die Gorajni über die überlebenden Söldner her, und innerhalb von zwei oder drei Minuten war das Gemetzel vorüber. Die Gorajni nahmen augenblicklich ihre Formation wieder ein und bauten sich vor den Leichen ihrer gefallenen Feinde auf.
Muuzh wandte sich an den Befehlshaber der Wache. »Wie heißt du, Herr?«
»Hauptmann Bitanke, Herr.«
»Hauptmann Bitanke, ich frage erneut: Wird Basilika unsere Einmischung zur Wiederherstellung der Ordnung auf diesen wunderschönen Straßen begrüßen? Ich habe hier einen Brief von der Herrin Rasa; ist dir ihr Name bekannt?«
»Das ist er, Herr«, sagte Bitanke.
»Sie schrieb mir und bat um Hilfe für ihre Stadt. Ich bin gekommen, und nun bitte ich respektvoll um deine Erlaubnis, diese Männer durch eure Tore zu führen, damit sie als Hilfstruppen dienen und dazu beitragen können, die Gewalt auf euren Straßen unter Kontrolle zu bringen.«
Bitanke verbeugte sich, schloß dann die Torpforte auf und trat hinein. Muuzh sah, daß er etwas in einen Computer eintippte. Nach einem Augenblick trat er wieder hinaus. »Herr, ich habe ihnen mitgeteilt, was du hier getan hast. Die Lage unserer Stadt ist verzweifelt, und da du im Namen der Herrin Rasa kommst und deinen Willen bewiesen hast, unsere Feinde zu besiegen, laden dich der Stadtrat und die Wache ein, Basilika zu betreten. Für den Augenblick werdet ihr meinem direkten Befehl unterstellt, falls ihr einen meines niedrigen Rangs akzeptiert, bis eine angemessenere Vorkehrung arrangiert werden kann.«
»Herr, ich salutiere dir nicht wegen deines Rangs, sondern wegen deines Mutes und deiner Ehre, und aus diesem Grund werde ich deine Führung akzeptieren«, sagte Muuzh. »Darf ich vorschlagen, daß wir meine Leute in Gruppen zu je sechs Mann aufteilen und sie bevollmächtigen, sich mit jedem Mann zu befassen, der sich ungebührlich benimmt? Wir werden auf jeden Fall die Männer respektieren, die eure Uniform tragen; jeden anderen Mann, der eine Waffe gezogen hat oder uns oder irgendeine Frau der Stadt mit Gewalt droht, werden wir auf der Stelle töten und an öffentlichen Orten aufhängen, um jeden weiteren Widerstand zu brechen!«
»Das mit dem Hängen ist mir nicht so genehm, Herr«, sagte Bitanke.
»Nun gut, wir haben unsere Befehle!« Bitankes Zögern ignorierend, wandte Muuzh sich an seine Soldaten. »Männer von Gorajni, in Sechsergruppen aufteilen!«
Augenblicklich lösten sich die Reihen auf, und plötzlich standen einhundertundfünfzig Sechsergruppen bereit.
»Tut keiner Frau etwas an!« rief Muuzh. »Und wen immer ihr in dieser abscheulichen Maske seht, hängt ihn auf, mit Maske und allem, bis niemand mehr wagt, sie zu tragen, ob nun bei Tag oder Nacht!«
»Herr, ich glaube …«