»Und zu den Herren über Basilika, ohne daß auch nur einer von ihnen getötet worden ist«, sagte Rasa.
»Er hat Basilika noch nicht unterworfen«, sagte Elemak. »Und mit dir zur Feindin, Herrin Rasa, weiß ich nicht, ob ihm das jemals gelingen wird.«
Rasa lachte verbittert auf. »Oh, in der Tat, mich hat er als Bedrohung von Anfang an ausgeschaltet.«
»Was ist mit unserer Ehe?« fragte Eiadh. »Wir sind doch zusammengekommen, um darüber zu sprechen, nicht wahr?«
Rasa betrachtete sie … ja, wie, mitleidig? Ja, dachte Elemak. Sie hat keine sehr hohe Meinung von dieser ihrer Nichte. Diese Bemerkung, die sie fallen ließ, diese Beleidigung war nicht als Scherz beabsichtigt gewesen. Mit ihrer Verehrung einem Mann das Leben aussaugen — was hatte das zu bedeuten? Mache ich einen Fehler? Ich wollte nur dafür sorgen, daß Eiadh mich begehrt; ich habe mich niemals gefragt, ob auch ich sie begehre.
»Ja, meine Liebe«, sagte Rasa. »Du darfst diesen Mann heiraten. Du darfst ihn zu deinem ersten Gatten nehmen.«
»Eigentlich«, sagte Elemak, »ging es uns nicht um deine Erlaubnis, denn sie ist ja volljährig.«
»Und ich werde die Zeremonie vornehmen«, sagte Rasa müde. »Aber sie wird aus offensichtlichen Gründen in diesem Haus stattfinden müssen, und die Gästeliste wird sich auf jene Personen beschränken müssen, die sich zur Zeit in diesem Gebäude aufhalten. Und wir alle müssen beten, daß Gorajni-Soldaten nicht uneingeladen an der Zeremonie teilnehmen werden.«
»Wann?« fragte Eiadh.
»Heute abend«, sagte Rasa. »Das ist doch früh genug, nicht wahr? Oder juckt euch eure Kleidung so stark, daß ihr sie schon zum Mittag ablegen wollt?«
Schon wieder eine unerträgliche Beleidigung, und doch schien Rasa einfach nicht zu merken, daß sie grausam war. Statt dessen erhob sie sich und schritt aus dem Zimmer, ließ Eiadh rot angelaufen und wütend auf der Bank zurück, auf der sie saß.
»Nein, meine Edhja«, sagte Elemak. »Sei nicht wütend. Deine Tante Rasa hat heute viel verloren, und da kann man verstehen, daß sie bei dem Gedanken, auch dich zu verlieren, etwas gemein wird.«
»Es klingt ganz so, als wäre sie froh, mich loszuwerden, so sehr muß sie mich hassen«, sagte Eiadh. Und eine Träne glitt aus ihrem Auge und fiel, einen Moment lang in der Luft funkelnd, auf ihren Schoß.
Da nahm Elemak sie in die Arme und hielt sie fest, und sie drückte sich an ihn, als wolle sie auf ewig ein Teil von ihm werden. Das ist Liebe, dachte er. Das ist jene Liebe, von der Lieder und Geschichten erzählen. Sie wird mir in die Wüste folgen, und mit ihr an meiner Seite werde ich einen Stamm gründen, ein Königreich, dessen Königin sie sein wird. Denn was auch immer dieser General Muuzh vollbringen kann, kann auch ich vollbringen. Ich bin ein besserer Gatte, als jeder Naßkopp es jemals sein könnte. Eiadh sehnt sich nach einem überlegenen Mann. Ich bin dieser Mann.
Bitanke war nicht glücklich über das, was in den letzten paar Tagen in Basilika geschehen war. Besonders, da er das Gefühl nicht loswurde, alles könne vielleicht seine Schuld sein. Nicht, daß er in diesen Augenblicken am Tor eine große Wahl gehabt hätte. Seine Männer hatten tapfer gekämpft, doch es waren nur so wenige, und der Mob der Palwaschantu-Söldner hätte den Sieg davongetragen. Welche Hoffnung hätte er gehabt, wenn er es auch noch mit den Gorajni-Soldaten hätte aufnehmen müssen, die aus dem Nichts kamen und ihm ihre Unterstützung versprachen?
Ich hätte mich an die Palwaschantu-Söldner wenden und sie bitten können, sich mit mir gegen die Gorajni zusammenzuschließen — vielleicht hätte es geklappt. Doch damals hatte der Gorajni-General so aufrichtig gewirkt. Und da waren diese vielen Lichter der Lagerfeuer in der Wüste gewesen. Ich hatte geglaubt, einem Herr von hunderttausend Mann gegenüberzustehen. Wie hätte ich wissen können, daß ihre gesamte Streitmacht vor dem Tor stand? Und selbst dann hätten wir nicht gegen sie bestehen können.
Aber wir hätten kämpfen können. Wir hätten sie Soldaten und Zeit kosten können. Wir hätten andere Wachen alarmieren und die Stadt warnen können. Ich hätte dort sterben können, mit einem Gorajni-Pfeil im Herzen, statt zu überleben und mitanzusehen, wie sie meine Stadt, meine geliebte Stadt, erobert haben, ohne daß auch nur einer von ihnen eine Verletzung erlitt, die so ernsthaft wäre, daß er nicht mehr kühn dorthin stolzieren kann, wohin es ihm beliebt.
Und doch empfand Bitanke selbst jetzt, da er zu einem weiteren Gespräch mit General Muuzh gerufen wurde, unwillkürlich Bewunderung für diesen Mann, seine Kühnheit, seinen Mut, seine Brillanz. In so kurzer Zeit so weit marschiert zu sein, mit so wenigen Männern eine Stadt genommen zu haben und sich selbst jetzt noch durchzusetzen, wo die Zahl der Stadtwachen die seiner Männer doch bei weitem überstieg. Wer konnte sagen, ob Basilika mit Muuzh als Hüter nicht besser dran war? Besser als unter dem Schwein Gaballufix oder dem verachtenswerten Raschgallivak. Besser sogar als unter Roptat. Und besser als unter den Frauen, die sich als schwach und töricht erwiesen hatten, indem sie Muuzh’ offensichtlichen Lügen über die Herrin Rasa Glauben schenkten.
Sahen sie nicht, wie Muuzh sie manipulierte, Zwietracht unter ihnen säte und sie dazu brachte, die einzige Frau zu ignorieren, die sie zu wirksamem Widerstand hätte führen können? Nein, natürlich sahen sie es nicht — genausowenig, wie Bitanke es an jenem ersten Abend hatte sehen können, als der Fremde aus dem Volk der Gorajni ihm nicht etwa geholfen hatte, sondern ihn unter Kontrolle gebracht und verführt hatte, seine Stadt zu verraten, ohne es überhaupt zu bemerken.
Wenn ein kluger Mann erscheint, stehen wir alle als Narren da.
»Mein lieber Freund«, sagte General Muuzh.
Bitanke schüttelte die angebotene Hand nicht.
»Ah, du bist wütend auf mich«, sagte Muuzh.
»Du bist mit dem Brief der Herrin Rasa hergekommen, und jetzt hast du sie unter Arrest gestellt.«
»Ist sie dir so teuer?« fragte Muuzh. »Ich versichere dir, ihr Hausarrest ist nur befristet und dient einzig und allein zu ihrem Schutz. Derzeit werden in der Stadt schreckliche Lügen über sie verbreitet, und wer kann schon sagen, was ihr zustoßen könnte, wenn ihr Haus nicht abgeriegelt wäre?«
»Lügen, die du erfunden hast.«
»Über meine Lippen ist nie ein Ton gekommen, der nicht meine große Bewunderung für Herrin Rasa zum Ausdruck gebracht hat. Sie ist die Beste der Frauen dieser Stadt und hat den Verstand und Mut eines Mannes. Ich werde niemals dulden, daß ihr auch nur ein Haar gekrümmt wird. Wenn du das nicht von mir weißt, Bitanke, mein Freund, weißt du überhaupt nichts über mich.«
Was fast uneingeschränkt der Wahrheit entspricht, dachte Bitanke. Ich weiß nichts über dich. Niemand weiß etwas über dich.
»Warum hast du mich rufen lassen?« fragte Bitanke. »Willst du der Stadtwache Basilikas noch mehr Macht nehmen? Oder hast du eine abscheuliche Aufgabe für uns, die uns zusätzlich erniedrigen und demoralisieren wird?«
»So wütend«, sagte Muuzh. »Aber denke einmal nach, Bitanke. Du schreckst nicht davor zurück, so etwas zu mir zu sagen, und befürchtest auch nicht, daß ich dir den Kopf abschlage. Kommt dir das vor wie Tyrannei? Deine Soldaten haben ihre Waffen behalten und bewahren nun den Frieden in dieser Stadt — klingt das danach, als wäre ich ein verräterischer Feind?«
Bitanke sagte nichts, war entschlossen, sich nicht wieder von Muuzh’ glatten Worten einnehmen zu lassen. Und doch fühlte er einen Stich des Zweifels in seinem Herzen, wie schon so oft zuvor. Muuzh hatte die Stadtwache nicht in ihren Rechten beschränkt. Er hatte keine Gewalt gegen irgendwelche Bürgerinnen ausgeübt. Vielleicht wollte er Basilika nur als Stützpunkt benutzen und dann weiterziehen.